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Antigone

Aufbau des Werkes

Das Drama »Antigone« erfüllt eine Vorbildfunktion für die später definierte Dramenkomposition nach Aristoteles. Die drei Einheiten von Zeit, Ort und Handlung werden erfüllt. Es spielt innerhalb eines Tages ausschließlich vor dem Palast in Theben. Einzige Ausnahme bildet der Prolog. Die Handlung verläuft chronologisch und ist in sich geschlossen. Auch der Verlauf aus Exposition, steigender Handlung, Peripertie und fallender Handlung in die Katastrophe kann nachvollzogen werden.

»Antigone« beginnt mit einem Prolog und dem Parodos, dem Einzugslied des Chores. Es folgen sechs Hauptszenen, die als Epeisodia bezeichnet werden und in denen die Schauspieler agieren. Diese werden von fünf Chorszenen/-liedern, genannt Stasima, durchzogen.

Der Prolog dient als Exposition. Die Ausgangssituation und wichtige Figuren werden vorgestellt. Außerdem gibt es einen Ausblick auf den Konflikt. Im Parodos wird zusätzlich die Vorgeschichte erläutert. Das 1. Epeisodion bildet mit Kreons Auftritt das erregende Moment. Der Konflikt wird stark herausgearbeitet. Ab dem 2. Epeisodion steigt die Handlungskurve anhand der aufeinanderfolgenden Auseinandersetzungen an. Die Peripetie, der Höhe- und Wendepunkt, wird im 5. Epeisodion erreicht. Dies erfolgt durch Teiresias’ Warnung und Kreons Umkehr. Das 5. Stasimon kann als retardierendes Moment gelesen werden. Die Hoffnung auf ein noch gutes Ende wird geweckt. Allerdings mündet die Handlung in der Schlussszene in eine Katastrophe, weshalb es sich um eine Tragödie handelt. Die Schlussszene, auch Exodus genannt, besteht aus drei Bildern (Möbius, 44):

  1. Die Kundgabe von Haimons Tod.
  2. Die genauere Erläuterung der Geschehnisse, darunter auch Antigones Selbstmord.
  3. Das Eintreffen Kreons mit Haimons Leiche, sein Klagelied sowie Eurydikes Tod.

Abschließend wird im Schlusslied des Chores die Lehre aus den Ereignissen gezogen.

Der Chor spielt eine wichtige Rolle im antiken Theater und ist auf den Dionysoskult zurückzuführen. Durch die Einschübe der Chorlieder werden Kontraste und damit Spannung erzeugt: Während das 5. Stasimon vor und nach ernsten Szenen Hoffnung weckt, folgen auf die komische Wächterszene (2. Epeisodion) im 1. Stasimon philosophische Gedanken zur Spezies Mensch.

Das Drama wird auch als Zweifigurendrama bezeichnet, da es von den Handlungslinien der Charaktere Kreon und Antigone bestimmt wird. Alle anderen Figuren gruppieren sich um ihren Konflikt (ebd., 46). Antigones Handlungslinie endet mit ihrem Klagelied im 4. Epeisodion; Kreons im Exodus. Weiterhin fällt das Prinzip der Dopplung auf. Wesentliche Ereignisse finden zweimal statt (ebd., 52):

  • Der Wächter tritt zweimal auf.
  • Antigone und Ismene treffen zweimal aufeinander.
  • Kreon wird zweimal zur Besinnung gebeten, einmal durch Haimon, dann durch Teiresias.
  • Kreon erlebt zwei Verluste, den seines Sohnes und den seiner Frau.
  • Es sind zwei Klagelieder zu hören, Antigones und Kreons.

Die Zweigliedrigkeit zeigt sich auch bei Haimon, der seinem Vater erst sachlich entgegenkommt, ihn danach aber emotional und deutlich ablehnt.

Veröffentlicht am 6. Februar 2024. Zuletzt aktualisiert am 6. Februar 2024.