Skip to main content

Antigone

Historischer Hintergrund und Epoche

Die Lebenszeit Sophokles’ umfasste beinah das gesamte 5. Jahrhundert v. Chr., eine Zeit, in der Athen eine politische und kulturelle Blüte erlebte. Der Aufstieg zur wirtschaftlichen und militärischen Großmacht war gelungen und die Demokratie als neues System etabliert. Die Bildhauer Polyklet und Phidias bringen ihre Kunst auf eine neue Höhe. Sokrates vollendet die Wende in der Philosophie, die durch Protagoras eingeleitet wurde und sich auf die Anthropologie, die Lehre des Menschen, bezieht. Die drei großen Tragiker Sophokles, Euripides und Aischylos schaffen ihre Werke. (Beise, 14)

Die griechische Tragödie entwickelte sich ebenfalls im 5. Jahrhundert, begründet in religiösen Feierlichkeiten, die zu Ehren des Dionysos, dem Gott der Fruchtbarkeit, des Weines und der Ekstase, abgehalten wurden. Dieser wurde auch Bakchos oder wie in »Antigone« Bakcheus genannt. Der Dionysoskult entstand.

Die dabei vorgetragenen Chorlieder bilden die Basis für die späteren Stasima mit mythischem Inhalt. Zwischen den Liedern konnten Sprecher ihre persönlichen Empfindungen ausdrücken. Daraus entwickelten sich die Auftritte von bis zu maximal drei Schauspielern. Der Chor, der ursprünglich 50 Mann zählte, war bei Sophokles auf 15 geschrumpft.

Die daraus entstandene Tragödie ist demnach eine Mischung aus musikalischen Beiträgen und dramatischer Rede. Die Schauspieler waren ausschließlich männlich und trugen Masken, die den dargestellten Charakteren entsprachen. Die Masken erfüllten zwei Funktionen: Sie erleichterten den Schauspielern, in ihre Rolle zu schlüpfen, vor allem, wenn ein Schauspieler mehrere spielte. Weiterhin wurden so die Götter geehrt, da die Darsteller ihre eigene Identität aufgaben. (Möbius,11f.)

Der Dionysoskult war Staatskult. Die Theateraufführungen wurden mit politischen Veranstaltungen kombiniert. Die Teilnahme war nur Inhabern des Bürgerrechts möglich, also Männern, deren Eltern gebürtige Athener waren. Frauen und Sklaven wurden ausgeschlossen.

Die Zeit des antiken Dramas endete, als Athen seine Seeherrschaft verlor und im Peloponnesischen Krieg fiel. Das bedeutet das Ende für die attische Demokratie, die in enger Verbindung zur Polis und der Tragödie stand. »Es war das Ende der klassischen Tragödie als Reflexionsmedium der demokratischen Polis.« (Beise, 23) Die Polis beschreibt einen Staatsverband und dessen Organisation.

Der textliche Hintergrund des Dramas beruht vermutlich auf einer thebanischen Lokalsage. Die namentliche Erwähnung Antigones erfolgt erstmals in einer Genealogie des Pherekydes im 5. Jahrhundert. Auch im Drama »Sieben gegen Theben«, das 467 aufgeführt wurde, spielt Antigone eine Rolle. Es besteht eine enge Verbindung zur Geschichte Thebens. Die Gründung der Stadt erfolgte durch Kadmos, einen Enkel des Poseidon und Urenkel Zeus’. Seine Nachfolger bildeten das Herrschergeschlecht. Kadmos’ Tochter Semele wird Mutter des Dionysos, was den lokalen Kult erklärt.

Labdakos ist ein Nachfahre von Kadmos. Sein Sohn Laios begründet den Labdakiden-Fluch, der in der Ödipussage beschrieben wird. Erste Verweise dazu finden sich in der Ilias oder der Odyssee von Homer. Die Söhne des Ödipus, Eteokles und Polyneikes, sollen Theben abwechselnd regieren. Eteokles gibt seine Regentschaft allerdings nicht zeitgemäß ab. Darauf zieht Polyneikes gegen ihn und die Stadt Theben in den Krieg, was in »Sieben gegen Theben« beschrieben wird. Auf Teiresias’ Geheiß opfert sich Megareus, Kreons Sohn, für die Stadt. Die Götter sind auf Thebens Seite. Die Brüder sterben im Zweikampf und Kreon wird neuer Herrscher.

Sophokles stellt in seinem Drama erstmals Antigone in den Mittelpunkt des Geschehens. Es ist davon auszugehen, dass das Bestattungsverbot von ihm erfunden wurde. (Möbius, 22)

Veröffentlicht am 6. Februar 2024. Zuletzt aktualisiert am 6. Februar 2024.