Skip to main content

Antigone

Parodos und 1. Epeisodion

Zusammenfassung

Der Chor der Ältesten begrüßt den neuen Tag. Er berichtet von Polyneikes Angriff auf Theben, das von seinem Bruder Eteokles regiert wurde. Die Götter waren jedoch auf Thebens Seite. Beide Brüder fallen. Mit der Anrufung der Göttin Nike wird der Sieg kundgetan. Kreon wird neuer Herrscher.

Dieser tritt anschließend auf, um zu den Ältesten zu sprechen. Er dankt ihnen für ihre Treue zu Thebens Regenten und erläutert seinen Sinn für Gerechtigkeit. Der Schutz und die Ehre Thebens stünden über allem. Polyneikes gilt in Kreons Augen als Feind, dem die Bestattung verwehrt bleiben soll. Kreon duldet keinen Verstoß gegen seine Regeln.

Ein Wächter kommt herbei. Er kämpft mit dem Entschluss, seine Beobachtung dem Herrscher mitzuteilen und stellt zunächst klar, dass ihn keine Schuld treffe. Kreon drängt ihn zu erzählen. Darauf gibt der Wächter zu, dass er jemanden bei dem Leichnam gesehen habe, der diesen mit Staub bedeckt und geweiht habe. Der Täter hinterließ keine Spuren und der Wächter konnte nicht ausmachen, wer es war. Alle Wachen seien deshalb sehr aufgebracht gewesen. Auf ihn fiel schließlich das Los, die Information an Kreon zu überbringen.

Der Chor der Ältesten fragt sich, ob die Götter dahinter stecken könnten. Kreon reagiert aufbrausend. Er behauptet, die Götter würden nie jemanden ehren, der ihre Ordnung störe. Kreon vermutet, dass gewisse Leute etwas gegen ihn haben und daher die Wächter mit Geld bestochen hätten, damit sie die Tat vollführten. Er befiehlt dem Wächter den Täter zu stellen, ansonsten würde er ihn hängen lassen. Die Gier nach Geld und Gewinn führt in Kreons Augen zu Unheil. Der Wächter gibt nicht auf, seine Unschuld zu bekräftigen, doch Kreon ist von seinem Geschwätz genervt und sieht in ihm den Täter. Als Kreon ins Haus zurückkehrt, ist der Wächter erleichtert, fürs Erste davongekommen zu sein und dankt den Göttern. Er will nie wieder zu Kreon zurückkehren.

Analyse

Der Parodos ist das Einzugslied des Chores. Der Chor ist ein wichtiger Bestandteil des griechischen Dramas. Hier wird er von Thebens (männlichen) Ältesten gebildet. Der Parodos besteht aus Strophen, wobei sich Strophe und Gegenstrophe abwechseln. Die Sonne und der neu anbrechende Tag werden begrüßt. Diese fungieren nicht nur als zeitliche Einordnung, sondern auch als Symbol für den Frieden nach der Schlacht um Theben. Anschließend wird das Schlachtgeschehen beschrieben, wobei Vergleiche mit Tieren zur bildhaften Darstellung dienen: »Mit gellendem Afschrei flog er heran, | Dem Adler gleich« (V 111f.). Das Zitat »Zeuss hasst über alles | Großprahlendes Wort« (V 127f.) sowie die anschließende Strophe bezieht die Götter in die Schlacht mit ein. Der Chor repräsentiert damit den Mythos, bzw. die Verbundenheit zum Göttlichen, während die übrigen Schauspieler im Drama vor allem das Menschliche verkörpern. Die Nennung der Siegesgöttin Nike feiert das Ende der Schlacht und den Sieg Thebens. Das Schicksal der beiden Brüder wird als unglücklich beschrieben. Eine Wertung, wer Feind oder Freund ist, erfolgt nicht. Die Stimmung der freudigen Siegeshymne unterscheidet sich stark von der vorherigen Situation zwischen den zwei Schwestern.
In der letzten Strophe definiert sich der Chor als Kreons Rat, welcher ihm in Entscheidungen eine Stütze sein soll. (Schardt, 18) Außerdem wird mit der Ankündigung durch den Chor die Überleitung zum 1. Epeisodion hergestellt.

Ein Epeisodion ist ein Auftritt der Schauspieler mit entsprechenden Dialogen. In diesem agiert auch der Chor. Das 1. Epeisodion beginnt mit einer langen Rede Kreons, in der er sich als neuer Herrscher vorstellt und seine Prinzipien verdeutlicht. Dabei wird seine Position ersichtlich: Kreon steht für den Staat und dessen kompromisslosen Schutz. Seine Gesetze müssen eingehalten werden – Kreon fordert Gehorsam. In diesem Zuge verkündet er das Bestattungsverbot, was im Prolog bereits angedeutet wurde. Der Konflikt wird nun greifbar und die Stimmung wechselt erneut. Der Chor formuliert mit den Worten »Sohn des Menoikeus, du bestimmst, es soll | Dem Freund und Feind des Staates so ergehn« (V 211f.) seine Folgeleistung. Kreon sichert sich die Loyalität des Rates, da er bereits Abneigungen im Volk vermutet (vgl. 289ff.). (Kästler, 38)

Das Bestattungsverbot ist ein Brauch, der zu Kreons Zeiten längst überholt war. Eine Bestattung ist nach religiösem und kulturellem Bewusstsein in jedem Falle Pflicht. (Schardt, 46) Kreon ignoriert diese Tatsache. Hier zeigt sich seine Autonomie, die er als ichbezogener Herrscher für sich beansprucht.

Der Auftritt des Wächters führt zu einem neuen Abschnitt innerhalb des Epeisodions. Der Wächter stellt einen deutlichen Kontrast zu den bisherigen Figuren dar. Seine Sprache entspricht dem niederen Stand, dem er angehört. Er zeichnet sich durch Angst vor Kreon, aber gleichzeitig durch Naivität und Spitzzüngigkeit aus. Er hat das letzte Wort und durchschaut Kreon mit überraschendem Intellekt: »Der Täter kränkt dein Herz, ich nur dein Ohr.« (V319) Im Austausch mit dem Wächter werden die verschiedenen Positionen der Figuren nochmals deutlich herausgestellt: Kreon reagiert wütend, ist misstrauisch gegenüber seinen eigenen Männern und weist vor allem den Chor schroff zurück. Dessen Vermutung, dass ein Gott die Bestattung durchgeführt haben könnte, stellt wieder den mythologischen Bezug her. Außerdem zeigen sich damit Zweifel an der Richtigkeit von Kreons Verbot, wenn tatsächlich eine göttliche Kraft eingegriffen haben sollte. Dass Kreon einen Mann hinter der Tat vermutet (vgl. V 248), impliziert den Mann-Frau-Gegensatz und macht Antigones Handeln noch auffälliger.

Veröffentlicht am 6. Februar 2024. Zuletzt aktualisiert am 6. Februar 2024.