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Homo faber

Figuren

Figurenkonstellation

Homo faber – Figurenkonstellation
  • Walter Faber (Ich-Erzähler)

    Beim Hauptprotagonisten, der gleichzeitig auch Berichterstatter ist, handelt es sich um den 50-jährigen Schweizer Ingenieur Walter Faber, der für die internationale Organisation UNESCO arbeitet. Als Techniker ist er insbesondere für die technische Hilfe in Ländern mit einem geringen Entwicklungsstand zuständig. Sein fester Wohnsitz befindet sich in der Metropole New York. Faber führt ein privilegiertes und mobiles Leben, das von ständigem Reisen geprägt ist.

    Sein Studium absolvierte er an der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich. Zwischen 1933 und 1935 war er dort als Assistent beschäftigt und arbeitete an einer Dissertation, die er aber nicht fertigstellte. Dann ging er in der Schweiz zum Militär. In dieser Zeit führte er eine Beziehung mit Hanna, die von ihm schwanger wurde. Faber entschied sich jedoch, eine Stelle in Bagdad anzunehmen, und sie trennte sich daraufhin von ihm. Trotz der gemeinsamen Abmachung, eine Schwangerschaftsunterbrechung vornehmen zu lassen, brachte Hanna das Kind zur Welt, wovon Faber jedoch nichts wusste.

    Hanna hat ihm damals den Spitznamen »Homo faber« verliehen. Dieser Begriff stammt aus der philosophischen Anthropologie und bedeutet »der schaffende Mensch« oder »der Mensch als Handwerker«. Die Bezeichnung scheint auf Faber zuzutreffen, denn er ist ein rationaler und pragmatisch denkender Mensch. In seiner Führungsposition als Ingenieur hat er tatsächlich die Möglichkeit, aktiv auf seine Umwelt einzuwirken. Mit der Natur verbindet ihn jedoch nichts, da sie ihm in ihrem unkontrollierbaren Wachstum Angst einflößt.

    Faber sieht sich selbst als einen nüchternen, disziplinierten Techniker, der seine Entscheidungen auf Fakten, Logik und Vernunft stützt. Wahrscheinlichkeitsrechnungen und statistische Angaben bilden die Grundlage seines Weltbilds. Gefühle, Traum und Schicksal haben keinen Platz in seinem Denken, sodass er auch zu seinem Inneren keinen Zugang hat. Damit schützt er sich zum einen vor seinen eigenen Gefühlen und vor denen anderer Menschen. Zum anderen bedient er sich der Zahlen und Statistik zur Manipulation der Realität, denn er kreiert sie so, wie sie ihm am besten passt, um sich nicht seiner Schuld am Tod seiner Tochter stellen zu müssen.

    Faber lebt am liebsten allein, er führt jedoch, bevor er Bekanntschaft mit Sabeth macht, eine lockere Beziehung mit einem 26-jährigen Mannequin namens Ivy. Sie hat den Wunsch, ihn zu heiraten, er sieht jedoch keine Notwendigkeit darin und trennt sich von ihr, indem er ihr einen Abschiedsbrief schreibt.

    Berührungen und körperliche Nähe empfindet Faber als unangenehm, sodass er es vermeidet, Menschen zu nahe zu kommen. Zudem legt er in Bezug auf das Rasieren und Duschen ein zwanghaftes Verhalten an den Tag. Er fühlt sich nicht wohl, wenn er unrasiert ist, da er das Gefühl hat, er wüchse wie eine Pflanze. Hier wird deutlich, dass er zu natürlichen Vorgängen wie dem Wachstum und Vergehen, dem Kreislauf des Lebens, der unweigerlich zum Tod führt, ein gespaltenes Verhältnis hat.

    Durch die Begegnung mit Sabeth auf seiner Schiffsreise nach Europa wird Fabers gesamtes Weltbild erschüttert. Seine gewohnten Verdrängungsmechanismen scheinen nicht mehr so zu funktionieren, wie er es gewohnt ist. Die Lebensfreude und Unbefangenheit des Mädchens faszinieren ihn, sodass er sich in sie verliebt. Auf ihrer gemeinsamen Reise durch Europa kommt es in einer Nacht im Hotel in Avignon zum Liebesakt zwischen beiden. Zum Ende der Schiffsreise macht Faber ihr sogar einen Heiratsantrag.

    Nach dem tragischen Unfall und Tod seiner Tochter werden seine bisher erfolgreich verdrängten Gefühle freigesetzt und setzen einen Entwicklungsprozess bei ihm in Gang. Nun kann er sich endlich seiner eigenen Krankheit und Vergänglichkeit sowie seiner Schuld stellen.

  • Dr. Hanna Piper (Geburtsname: Johanna Landsberg)

    Hanna ist die Jugendliebe von Walter Faber und stammt ursprünglich aus München. Anfang der 30er-Jahre musste sie als Jüdin und Kommunistin Deutschland verlassen. Zudem wurde ihr Vater, ein Professor, von den Deutschen in Schutzhaft genommen. Sie ging in die Schweiz, um in Zürich Kunstgeschichte zu studieren. 1933 lernte sie Walter Faber kennen und führte bis 1935 eine Beziehung mit ihm.

    Als es 1935 zur Verabschiedung der Nürnberger Rassengesetze kam, war Hannas Leben auch in der Schweiz nicht mehr sicher. Zudem erwartete sie ein Kind von ihm. Faber bot ihr an, sie zu heiraten. Sie lehnte eine Eheschließung jedoch ab, da sie nicht nur deshalb geheiratet werden wollte, weil sie Jüdin ist. Schließlich trennte sich Hanna von ihm, da sie wegen seiner distanzierten Haltung zu Schwangerschaft und Ehe enttäuscht von ihm war.

    Die gemeinsam getroffene Verabredung, einen Schwangerschaftsabbruch vorzunehmen, hielt Hanna nicht ein. Sie bekam das Kind und ging 1937 mit Joachim eine Ehe ein. Da sich Hanna jedoch in Bezug auf ihre Tochter sehr besitzergreifend verhielt und Joachim die Vaterrolle verweigerte, entstanden zunehmend Konflikte. Als Hanna sich hinter Joachims Rücken sterilisieren ließ, meldete er sich freiwillig zur Wehrmacht. Es kam 1938 zur Trennung. Sie ging nach Paris, arbeitete in einem Verlag und lebte dort mit einem französischen Schriftsteller zusammen. 1941 floh sie nach London und war dort als Sprecherin für die BBC tätig. Hanna heiratete zum zweiten Mal und zwar den deutschen Kommunisten Piper, von dem sie sich 1953 wieder trennte. Schließlich ließ sie sich mit ihrer Tochter Elisabeth in Athen nieder und nahm eine Stelle am Archäologischen Institut an.

    Hanna hält nicht viel von Technik, sie liebt die Kunst und beschäftigt sich viel mit Mystik, sodass sie von Faber als »Schwärmerin und Kunstfee« (S. 47) bezeichnet wird. So stellt sie den Gegenpart zu Faber in diesem Roman dar.

    Ein Blick auf Hannas Lebensweg macht deutlich, dass es sich bei ihr um eine selbstständige, starke und unabhängige Frau handelt, die ihren eigenen Weg geht und im Grunde genommen, wie Faber meint, keinen Mann braucht. Ihr Selbstbild verhält sich jedoch konträr zu diesem Fremdbild: Sie hält ihr Leben für gescheitert, da sie von den Männern zu viel erwartet hat. Wegen eines frühen Kindheitserlebnisses mit dem jüngeren Bruder, der stärker ist als sie, hat sie sich geschworen, nie einen Mann zu lieben. Das einzig gute Verhältnis zu einem Mann hatte sie als kleines Mädchen zu Armin, der von Geburt an blind war. Hanna definiert sich nicht über Männer, sondern über ihr Kind, sodass sie stark auf ihre Mutterrolle fixiert ist. Dies geht so weit, dass sie Faber die Existenz seiner Tochter verschweigt und Joachim verweigert, die Rolle als Stiefvater zu übernehmen.

    Obwohl sie sich als emanzipierte Frau gibt, ist Hanna, ebenso wie Faber, in einem starren Rollenverständnis gefangen, das sie daran hindert, ihr Menschsein vollständig zuzulassen. Sie vermittelt den Eindruck, jeder Situation gewachsen zu sein und gibt sich kontrolliert und sachlich. Hanna verliert nur einmal ihre Kontrolle über sich: Am Totenbett ihrer Tochter weint sie und schlägt völlig außer sich auf Faber ein.

    Indirekt trägt Hanna durch die Tatsache, dass sie Sabeth ihren leiblichen Vater vorenthalten hat, am Tod ihrer Tochter eine Mitschuld. Hanna weiß um diese Schuld und bittet Faber noch vor seiner Operation um Verzeihung.

  • Elisabeth Piper (Sabeth)

    Bei Elisabeth Piper, genannt Sabeth, handelt es sich um die Tochter von Walter Faber und Hanna Piper. Sie ist 20 Jahre alt und wächst bei der Mutter in Athen auf, in dem Glauben, sie sei die Tochter von Joachim. Sabeth erfährt nicht, dass Faber ihr leiblicher Vater ist.

    Sabeth befindet sich gerade auf der Rückreise aus den USA, wo sie in Yale ein Auslandssemester absolviert hat und nun ihre Mutter in Athen besuchen möchte. Durch die Kleidung, die sie trägt, eine Cowboy-Hose, einen schwarzen Rollkragenpullover und Espadrilles, wird das Bild einer quirligen, jungen und modernen Frau vermittelt. Zudem ist sie Kettenraucherin, was in der damaligen Zeit als Zeichen der Emanzipation galt. Ihre Zeit auf dem Schiff verbringt sie mit Tischtennis spielen und Lesen, wobei sie insbesondere den russischen Schriftsteller Tolstoi verehrt. Sabeth steht am Anfang ihres Lebens und hat noch keine genauen Pläne für ihre Zukunft. Sie möchte Kinderärztin, Stewardess oder Kunstgewerblerin werden, vor allem aber noch viel von der Welt sehen.

    In der Beziehung mit Faber gibt sie sich locker und unbekümmert. Sabeth ist weder von seinem Alter noch von seinen langen Ausführungen über technische Sachverhalte besonders beeindruckt. Im Gegenteil: Sie hält mit ihrer jugendlichen Lebensfreude und Direktheit dagegen und sagt ihm des Öfteren auf den Kopf zu, was sie von ihm hält. Da sie ihn als einsamen Mann empfindet, schlägt sie ihm sogar vor, zu heiraten. Als Faber ihr am Ende der Schiffsreise tatsächlich einen Heiratsantrag macht, ist sie überrascht und fragt ihn, ob er es ernst meine.

    Auf der Reise durch Europa, die sie mit Faber gemeinsam macht, zeigt Sabeth sich kunstbegeistert und geht in jedes Museum. Sie sprüht vor Lebensfreude, ist neugierig, was ihr die Zukunft noch bringen wird und drückt ihr Glück durch ständiges Singen aus. In Avignon kommt es während der Mondfinsternis zu einer Liebesnacht zwischen beiden, die durch Sabeth initiiert wird. Zum ersten Mal fühlt sie sich ernst genommen, sodass sie ihn küsst und anschließend in Fabers Zimmer kommt.

    Gerade weil Sabeth so sehr aus sich selbst heraus lebt, von ihrem inneren Instinkt geleitet wird und spontan ihren Gefühlen folgt, übt sie eine starke Anziehungskraft auf Faber aus. Letztendlich ist sie es, die den inneren Wandel bei Faber auslöst.

  • Joachim Hencke

    Bei Joachim Hencke handelt es sich um Fabers und Hannas alten Jugendfreund. Er hat die deutsche Staatsbürgerschaft, lebte aber 1936 in Zürich und befand sich in dieser Zeit kurz vor seinem medizinischen Staatsexamen. Joachim stand Faber als enger Vertrauter und Freund zur Seite, als dieser ihn wegen Hannas Schwangerschaft um Hilfe bat. Es kam jedoch nicht zum Schwangerschaftsabbruch, da Hanna nach dem Weggang Fabers sich entschied, das Kind auszutragen. Joachim heiratete Hanna und war bereit, die Verantwortung für ihre Tochter mitzutragen.

    Anfänglich gab es keine Probleme, doch durch den Absolutheitsanspruch Hannas auf ihre Tochter fühlte sich Joachim als Vater ausgeschlossen. Als er zudem noch erfuhr, dass Hanna sich ohne sein Wissen hatte sterilisieren lassen, trennten sie sich voneinander. Die Ehe wurde geschieden und er verwirklichte seinen Traum von einer Auswanderung. In Guatemala wurde er Leiter einer Plantage, bekam jedoch psychische Probleme und nahm sich schließlich das Leben. Die Frage, warum Joachim Suizid begangen hat, bleibt im Roman offen.

  • Herbert Hencke

    Herbert Hencke ist ein junger deutscher Unternehmer Anfang 30 und kommt aus Düsseldorf. Er soll als Mitarbeiter des Unternehmens Hencke-Bosch dafür sorgen, dass in Guatemala die Entwicklung einer Zigarrenplantage vorangetrieben wird. Sein Bruder Joachim ist dort schon Plantagenleiter. Aus diesem Grund befindet er sich im selben Flugzeug wie Faber auf dem Weg nach Venezuela.

    Herbert ist sehr redselig und mitteilungsbedürftig. Zudem verkörpert er das typische Bild eines Deutschen, der nun im Zuge des deutschen Wirtschaftswunders auf internationaler Bühne mitreden möchte und verdrängt hat, dass vor nicht allzu langer Zeit der Zweite Weltkrieg so viel Leid über die Menschheit gebracht hat.

    Herbert ist erschüttert vom Tod seines Bruders und beschließt, auf der Plantage zu bleiben, um seine Arbeit fortzuführen. Insofern gibt er sich sehr verantwortungsbewusst. Sein Leben als einziger Europäer im Dschungel verändert ihn jedoch so, dass er sich zu einem apathischen, desinteressierten, mürrischen Menschen entwickelt, der jeglichen Kontakt zur Außenwelt ablehnt. Als Faber ihn noch einmal besucht, gibt er sich wortkarg und ist kaum ansprechbar. Auch das Auto, das Faber für ihn repariert, lehnt er ab. Herbert bleibt im Dschungel zurück, als Faber wieder abreist.

  • Marcel

    Marcel, ein junger Amerikaner französischer Abstammung, ist Musiker von Beruf und kommt aus Boston. Er ist ein lebensfroher Mensch, teilt sich gerne mit und singt viel. Ihn faszinieren alte Kulturen wie die Maya, sodass er sich in seiner Freizeit mit deren Kultstätten beschäftigt. Den amerikanischen Lebensstil verabscheut er, da die US-Amerikaner mit ihrem kulturellen Überlegenheitsanspruch alte Kulturen und Traditionen zerstören. Daher ist er ständig in Auseinandersetzungen mit Faber verwickelt, der die Gegenposition vertritt und diesen Lebensstil vehement verteidigt. Marcel lässt sich jedoch davon nicht beeindrucken, denn er ist wie Sabeth eine Frohnatur. Insofern hat Marcels Verhalten auch einen gewissen Anteil daran, dass Faber sich darüber bewusst wird, wie falsch sein bisheriges Leben war.

  • Ivy

    Ivy ist eine verheiratete 26-jährige Amerikanerin und beruflich als Model tätig. Sie stammt ursprünglich aus der Bronx, einem Viertel in New York, in dem eine eher einkommensschwache Bevölkerung lebt. Ihr Ehemann ist Beamter in Washington, die Ehe ist jedoch längst zerrüttet. Ivy ist die Geliebte Fabers und besucht ihn regelmäßig in New York. Als Gegenpart zu den Frauenfiguren Sabeth und Hanna wird sie klischeehaft als typische Amerikanerin dargestellt. Sie besucht regelmäßig einen Psychiater und ist als oberflächliche Frau nur auf ihr Äußeres fixiert. Ivy führt einen exklusiven Lebensstil, wobei sich ihr Interesse auf Mode, Kosmetik und teure Statussymbole beschränkt.

    Als attraktive Frau versteht sie es, die Männer zu verführen und sie um den Finger zu wickeln. Von Faber möchte sie unbedingt geheiratet werden, da sie ihn liebt, und ignoriert daher seinen Abschiedsbrief. Sie kämpft um ihn, denn sie möchte ihn zurückgewinnen. Zwei Mal gelingt es ihr noch, ihn zu verführen, aber Faber trennt sich letztendlich doch von ihr.

    Dass sie auch ihre guten Seiten hat und eigentlich ein liebenswerter Mensch ist, wird zwar erwähnt, kommt aber in der doch sehr negativen Darstellung der Frauenfigur kaum zum Tragen.

  • Professor O.

    Bei dieser Figur handelt es sich um Fabers früheren Professor. Er diente Faber in seinen Studentenzeiten als Vorbild, da er sich als Fachmann in der Welt der Technik auskannte. Zu Beginn erscheint er als eine sentimentale und weinerliche Person in Fabers Traum, was mit seinem Beruf als Mathematiker nicht vereinbar ist.

    Dann begegnet er Faber in Paris. Da er Magenkrebs hat, ist er schon vom Tod gezeichnet. Er hat einen Totenschädel, einen dicken Bauch, abstehende Ohren und seine Augen liegen weit hinten in seinen Augenhöhlen. In Zürich findet die letzte Begegnung zwischen beiden statt, wobei sich sein Aussehen noch einmal verschlechtert hat. Diese Figur kann als eine Art Vorbote zu Fabers Tod angesehen werden, denn das gleiche Schicksal wird ihn bald ereilen. Vom Tod des Professors erfährt Faber erst, als er selbst schon wegen seiner eigenen Krebserkrankung im Krankenhaus liegt.

Veröffentlicht am 18. Juli 2023. Zuletzt aktualisiert am 18. Juli 2023.