Skip to main content

Homo faber

Zweite Station, S. 161-203

Zusammenfassung

Walter Faber liegt im Athener Krankenhaus und bekommt täglich Besuch von Hanna. Er muss nun handschriftlich seinen Bericht weiterführen, da er seine Schreibmaschine nicht mehr benutzen darf. Die Notizen, die er in der Erzählgegenwart im Krankenhaus tätigt, sind im Text kursiv gesetzt, sodass sie sich von den Rückblicken, in denen er schildert, was nach Sabeths Tod geschah, abheben.

Am 1. Juni befindet Faber sich in New York auf einer Party bei seinem Chef Williams. Er erfährt, dass die Turbinen in Caracas jetzt zur Montage bereitstehen, sodass er wieder nach Venezuela fliegen kann. Faber hat niemandem vom Tod seiner Tochter erzählt und kommt sich auf der Feier deplatziert vor.

Er wohnt nun im Hotel Times Square, da er in seine eigene Wohnung ohne Schlüssel nicht mehr hineinkommt. Seine Geliebte Ivy hat vergessen, den Schlüssel abzugeben. Er verlässt die Party, trinkt in einer Bar weiter und ruft schließlich ein paar Mal in seiner eigenen Wohnung an. Der Hörer wird zwar abgenommen, aber es meldet sich niemand.

Er macht sich Gedanken über seine bevorstehende Operation. Er ist froh darüber, dass er dazu Athen gewählt hat, da Hanna bei ihm sein kann. Sie geht noch täglich arbeiten und ans Grab ihrer Tochter. Er trägt sich mit dem Gedanken, Hanna zu heiraten.

In einer Rückblende berichtet er über seinen Flug am 2. Juni nach Caracas, den er wegen Magenbeschwerden unterbrechen musste. Diese Reise verbindet er mit einem Besuch bei Herbert, sodass er dann nach Campeche weiterfliegt und von da aus nach Palenque fährt. Nach zwei Monaten findet er hier alles unverändert vor, was ihn geradezu froh stimmt. Sogar von den Kindern wird er noch erkannt. Er wünscht sich in Gedanken überall die Vergangenheit wieder zurück, um den Tod Sabeths ungeschehen zu machen.

Herbert begegnet ihm misstrauisch, wirkt apathisch und scheint an nichts mehr interessiert zu sein. Faber repariert ihm das Auto, da es für ihn lebenswichtig ist. Dabei kommt es zu einer heftigen Überschwemmung, wobei ihm die einzelnen zerlegten Motorteile wegschwimmen. Gemeinsam mit den Einheimischen gelingt es ihm jedoch, die Reparatur des Autos fertigzustellen. Herbert zeigt daran aber kein Interesse und schenkt Faber den Wagen. Er möchte auch nicht nach Deutschland zurückkehren.

Faber berichtet von den Streitgesprächen mit Hanna, die er bei ihren Besuchen im Krankenhaus mit ihr führt. Sie drehen sich hauptsächlich um Fabers Verständnis von Leben und den Sinn von Technik.

Wieder widmet sich Faber in seinem Bericht den vergangenen Ereignissen. Nach dem Besuch bei Herbert kommt er am 20. Juni in Caracas an, und die Montage kann endlich beginnen. Dieses Mal fällt Faber jedoch wegen seiner Magenbeschwerden aus. Er hofft auf ein Schreiben von Hanna, das jedoch nicht eintrifft. Faber will ihr einen Brief schreiben, aber er weiß nicht, wo sie sich aufhält. So kommt es dazu, dass Faber im Hotel über das Geschehene einen Bericht verfasst.

Als er im Krankenhaus in einen Spiegel schaut, bekommt er einen Schrecken über sein hageres Aussehen. Sein Körper ist deutlich von der Krankheit gezeichnet. Insbesondere fällt ihm dies bei seinen Zähnen auf, sodass er sich einen baldigen Zahnarztbesuch vornimmt. Faber erfährt vom Tod seines Professors O., den er in Zürich noch getroffen hat. Er selbst ist aber davon überzeugt, dass sich sein schlechter Zustand mit Bewegung und viel frischer Luft schnell wieder verbessern lässt.

Er schildert nun rückblickend seinen viertägigen Aufenthalt in Kuba. Hier wechselt er das Flugzeug und nutzt die Gelegenheit, vom 9. bis zum 13. Juli in Havanna zu bleiben. Während er durch die Straßen der Stadt spaziert, ist er vom bunten Treiben dieser Stadt begeistert. Er lässt sich auf die Menschen ein, nimmt ihre Schönheit und Fröhlichkeit wahr und scheut sich auch nicht, sich in Gespräche verwickeln zu lassen. Einem fremden kubanischen Mädchen erzählt er von der Reise mit seiner Tochter Sabeth, von ihrem Tod und von der Absicht, Hanna, ihre Mutter, zu heiraten.

Faber fühlt sich glücklich, denn zum ersten Mal spürt er das Leben nicht nur um sich herum, sondern auch in seinem Innern. Er beschließt, sein Leben zu ändern. Jedoch ergreift ihn auch der düstere Gedanke, er könnte an Magenkrebs erkrankt sein.

Faber berichtet, dass Hanna ihre schwarze Kleidung jetzt abgelegt hat und ihn nun in Weiß besucht. Sie erzählt ihm viel aus ihrer Kindheit: Hanna ist als kleines Mädchen empört darüber, dass der liebe Gott die Jungen kräftiger gebaut hat. Sie will intelligenter sein als Jungen. Sie vertraut nur einem Mann, Armin, einem Blinden, den sie als Mädchen in München kennengelernt hat. Dieser will auswandern, und Hanna bringt ihn noch auf ein Schiff, das wahrscheinlich von einem deutschen U-Boot versenkt wurde.

Zudem stellt sich heraus, dass Hanna lange Zeit eine gute Beziehung zu Fabers Eltern gehabt hat, von der er nichts wusste.

Faber setzt am 15. Juli seinen Kalender fort, an dem er nach dem Besuch bei Herbert nach Düsseldorf flog, um das Unternehmen Hencke-Bosch über den Stand ihrer Plantage zu informieren. Er hat den Eindruck, dass sich niemand für diese Sache interessiert. Zudem weiß er selbst nicht, was er eigentlich berichten möchte. Daraufhin beschließt er, seinen Film, den er dort gedreht hat, zu zeigen. Das Vorhaben stellt sich jedoch als schwierig heraus, da der Zoll die Filmspulen durcheinandergebracht hat. Dies hat zur Folge, dass alle Filme durchgeschaut werden müssen, um den richtigen zu finden. Als er plötzlich Szenen von Sabeth auf der Leinwand sieht, verlässt er den Raum, wobei er alle Filme zurücklässt. Er begibt sich wie betäubt zum Bahnhof und fährt mit dem Zug nach Zürich. Faber fühlt sich leer und lebensmüde und hat den Gedanken, sich die Augen auszustechen, damit er nichts mehr sieht.

Faber steht jetzt kurz vor seiner Operation. Er denkt darüber nach, dass er nicht weiß, was Hanna nach dem Tod ihrer Tochter gemacht hat. Sie kommt jeden Tag zu Besuch, aber klagt ihn nicht an. Faber versteht ihr Verhalten nicht mehr.

Für den 16. Juli notiert Faber ein Treffen mit Professor O. in Zürich. Wieder erkennt er ihn nicht auf den ersten Blick. Beim gemeinsamen Kaffeetrinken erkundigt sich der Professor sogar nach seiner Tochter, die er zusammen mit ihm in Paris gesehen hat.

Faber hat in Zürich nichts zu tun und fliegt am gleichen Tag noch nach Griechenland. Im Flugzeug spielt er im Geist nochmals das Wortspiel, das er mit Sabeth damals auf ihrem nächtlichen Spaziergang erfunden hat.

Von Mailand aus kündigt er Hanna seinen Besuch in Athen an, von Rom aus schickt er seinem Chef Williams die Kündigung. Hanna holt ihn vom Flughafen in Athen ab. Faber kann Sabeths Grab nur einmal besuchen, da er nach einer Untersuchung sofort im Krankenhaus bleiben muss.

Am Vorabend der Operation besucht Hanna ihn ein letztes Mal. Da er in der Nacht nicht schlafen kann, schreibt er seine Gedanken nieder. Im Falle seines Todes sollen alle Zeugnisse seiner Existenz vernichtet werden.

Gedanklich ist Faber in seinen letzten Stunden bei Hanna. Nach dem Tod ihrer Tochter gab sie ihre Wohnung auf, kündigte ihre Arbeit und wollte Griechenland verlassen. Sie befand sich schon auf dem Schiff, als sich die Abfahrt verzögerte. Hanna verließ es wieder und beschloss, doch in Athen zu bleiben. Seitdem arbeitet sie als Fremdenführerin.

Faber denkt, weil Hanna ihn oft danach gefragt hat, über die Gründe für Joachims Selbstmord nach.

Hanna lebte nur für ihr Kind und hatte von Beginn an einen Absolutheitsanspruch an ihre Tochter. Joachim, den sie dann heiratete, tolerierte dies anfänglich. Als Sabeth älter wurde, gab es jedoch Diskussionen. Beide wollten 1935 nach Übersee auswandern. Als Joachim erfuhr, dass Hanna sich sterilisieren ließ, meldete er sich zur Wehrmacht.

Kurz vor der Operation bittet Hanna ihn noch für ihr Verhalten um Verzeihung. Sie hat eingesehen, dass es falsch war, ihm all die Jahre seine eigene Tochter vorenthalten zu haben.

Fabers Aufzeichnungen enden am Morgen, als er zur Operation geholt wird.

Analyse

Bei der »zweiten Station« des Berichts handelt es sich um Aufzeichnungen, die Faber im Krankenhaus in Athen verfasst und in denen er auch rückblickend von den Ereignissen nach Sabeths Tod berichtet. Dabei sind die Passagen, die er in der Erzählgegenwart auf seinem Krankenbett niederschreibt, kursiv gesetzt. Diese Abschnitte haben nun tagebuchähnlichen Charakter und sind sprachlich in einem subjektiven, persönlichen Stil gehalten, womit der Autor den inneren Wandel seines Hauptprotagonisten verdeutlicht.

Nach Sabeths Tod wird nun deutlich, wie sehr Faber sich innerlich verändert hat, denn er nimmt jetzt sich und seine Umwelt anders wahr. In seiner Arbeitswelt fühlt er sich nicht nur deplatziert, sondern auch arbeitsunfähig. Vor allem hat er keine Lust mehr, die ihm darin zugewiesene Rolle zu spielen (S. 162f.). Von New York aus begibt sich Faber auf seine letzten Reisen, wobei der Autor ihn nochmals mit all den Orten konfrontiert, die für seine Bewusstseinsentwicklung bedeutend waren. So lenkt Frisch die Aufmerksamkeit seiner Lesenden auf den veränderten Blick Fabers, der nun vom Blinden zum Sehenden geworden ist. Sein Verhalten hat sich verändert.

Faber muss beim Besuch Henckes im Dschungel feststellen, dass sich aus dem einst dynamischen Jungunternehmer ein apathischer, desinteressierter Mensch entwickelt hat, der nur noch vor sich hinvegetiert: »Was man aus der Welt berichtet, interessiert ihn überhaupt nicht, auch Ereignisse aus Deutschland nicht, Aufruf der Göttinger Professoren; [...].« (S. 166) Hier spielt Frisch auf das politische Klima in Deutschland an, das durch die Hochrüstung von Atomwaffen der beiden Großmächte USA und UdSSR in den 50er-Jahren sehr angespannt war. Denn auch der damalige Bundeskanzler Adenauer sprach von einer Aufrüstung der Bundeswehr mit Atomwaffen. Achtzehn Göttinger namhafte Naturwissenschaftler – darunter Otto Hahn und Werner Heisenberg – entwarfen daraufhin am 12. April 1957 ein Manifest, mit dem sie sich entschieden gegen die atomare Aufrüstung positionierten und sich für eine friedliche Nutzung der Atomenergie einsetzten.

In der Beziehung zwischen Faber und Herbert haben sich die Verhältnisse umgekehrt: Herbert ist jetzt misstrauisch, sarkastisch und abweisend. Faber hingegen gibt sich hilfsbereit und ist über seinen Zustand besorgt. Er repariert sogar unter Mithilfe der Einheimischen Herberts Auto im strömenden Regen, damit er wieder einen fahrbaren Untersatz hat. Diese Begegnung macht deutlich, dass Faber, der Einzelgänger, nun in der Lage ist, eine emotionale Beziehung zu anderen Menschen aufzubauen und verstanden hat, was Freundschaft bedeutet.

Wieder in Caracas zurückgekehrt, ist er wegen Magenbeschwerden nicht arbeitsfähig, sodass er zwei Wochen lang im Hotel liegt. Hier liefert der Autor seiner Leserschaft die Motivation seines Hauptprotagonisten für das Schreiben seines Berichts: »Ich wollte Hanna schreiben und fing mehrere Briefe an; aber ich hatte keine Ahnung, wo Hanna steckt, und es blieb mir nichts anderes übrig (etwas musste ich in diesem Hotel ja tun!) als einen Bericht abzufassen, ohne denselben zu adressieren.« (S. 170)

Die anschließende Reise nach Kuba verdeutlicht den Lesenden nun vollends, welchen inneren Entwicklungsprozess Faber durchgemacht hat. Die Rolle des technikaffinen Menschen, der auf einer rein rationalen Basis sein Umfeld beurteilt, hat er abgelegt. Genüsslich schlendert er durch die Straßen Havannas, beobachtet entspannt die Menschen und nimmt sogar Kontakt zu ihnen auf. Es scheint, als wäre die Lebensfreude seiner Tochter auf ihn übergegangen, denn er lacht und singt, wie Sabeth. Es gelingt ihm, das Leben im Hier und Jetzt wieder zu spüren: »Wie ich schaukle und schaue. Meine Lust, jetzt und hier zu sein – « (S. 174) In dieser Zeit fällt er eine Entscheidung: »Mein Entschluss, anders zu leben – « (S. 175)

Faber spürt unter den Kubanerinnen und Kubanern, die Lebensfreude und Gelassenheit ausstrahlen, wie falsch sein bisheriger Lebensstil, »The American Way of Life!« (S. 176), sich jetzt anfühlt. Er empfindet nur noch Abscheu gegenüber den US-Amerikanern, die sich in seinen Augen als »Schutzherren der Menschheit« (S. 176) aufspielen. Vor allem ist Faber zornig auf sich selbst, weil er viel zu lange dem amerikanischen Weltbild Glauben schenkte. Ihm wird bewusst, dass Marcel, seine Reisebekanntschaft, damals mit seiner Kritik daran Recht hatte und verfasst sogar einen Brief an ihn, den er aber wieder zerreißt (S. 177).

In den 50er-Jahren wurde der amerikanische Lebensstil mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs auch nach Deutschland getragen. Von der Jugend wurde er gefeiert, da er Freiheit und Unabhängigkeit bedeutete, und es nun möglich war, aus den verkrusteten, konservativen Strukturen in Familie und Gesellschaft auszubrechen. Als Ausdruck der Rebellion dienten der Rock'n'Roll (Elvis Presley), die Kleidung (Jeans und Petticoats) und Konsumartikel (Zigaretten). Jedoch teilten nicht alle Deutschen diese Begeisterung. Die USA waren in den Zeiten des Kalten Kriegs bestrebt, gegenüber ihrem Gegner, der UdSSR, in Wirtschaft, Technik und Kultur ihre Überlegenheit zu demonstrieren. Darüber hinaus hatten sie auch den Anspruch, als alleinige Weltmacht zu gelten. Dieses Gebaren brachte ihnen insbesondere vom linkspolitischen Lager viel Kritik, die von Max Frisch an vielen Stellen im Roman thematisiert wird.

Bei Fabers Besuch im Unternehmen Henckes geschieht ihm bei der Filmvorführung ein Missgeschick, das ihm bewusst macht, dass er mit seiner Filmerei das blühende Leben Sabeths eingefangen hat, die im Hier und Jetzt lebte, was er selbst damals nicht vermocht hatte. Faber filmte lieber, »statt zu schauen« (S. 189). Er begreift, dass es die Endlichkeit des Lebens ist, die die Lebenszeit so kostbar macht, sodass jeder Augenblick einzigartig ist, weil er nur einmal gelebt werden kann (S. 188 f.). Der Film ist dagegen nur totes Material, das ihm nichts mehr nützt. Er lässt die Filmspulen im Unternehmen zurück.

Im Zug nach Zürich wird seine Verzweiflung über den Verlust Sabeths deutlich: »Ich sitze im Speisewagen und denke: Warum nicht diese zwei Gabeln fallen lassen, um die Augen loszuwerden?« (S. 192) Frisch setzt hier zum einen eine Parallele zur griechischen Sage des König Ödipus, der unwissentlich einen Inzest mit seiner Mutter beging, und sich die Augen ausstach. Zum anderen ist Faber jetzt zu einem Sehenden geworden, der der Wahrheit zwar ins Auge schauen kann, sie aber kaum mehr erträgt. Er weiß, dass er doppelte Schuld auf sich geladen hat: Er hat sich der Vaterrolle entzogen und gegenüber der Tatsache, dass Sabeth seine Tochter ist, zu lange blind gestellt; so konnte es zum Inzest kommen.

Als Gegensatz zur Blindheit Fabers hat Frisch die Figur Armin geschaffen, der als tatsächlich Blinder doch ein Sehender ist: »Armin war vollkommen blind, aber er konnte sich alles vorstellen, wenn man es ihm sagte.« (S. 183) Es ist ein alter Bekannter Hannas, den sie schon als junges Mädchen traf und viel Zeit mit ihm verbrachte. Hanna erzählt diese Geschichte an Fabers Krankenbett in den Tagen vor seiner Operation, was davon zeugt, dass sich ihre Ebene der Kommunikation verändert hat und nun von Offenheit und Vertrauen geprägt ist. Auch wenn Faber angesichts seiner Schuld Hannas Gefasstheit nicht versteht – »Warum sagt sie’s nicht, daß ich ihr Leben zerstört habe? […] Ein einziges Mal habe ich Hanna verstanden, als sie mit beiden Fäusten in mein Gesicht schlug, damals am Totenbett. Seither verstehe ich sie nicht mehr« (S. 193) – gelingt es ihnen jetzt, einander zuzuhören. Faber merkt sogar an: »Hanna ist mein Freund, und ich bin nicht allein.« (S. 198)

Hanna ist sich nun ihrer Mitschuld am Geschehen bewusst geworden und bittet Faber kurz vor der Operation noch um Verzeihung für ihr Verhalten: »Ob ich ihr verzeihen könne! Sie hat geweint, Hanna auf den Knien, […] Hanna, die meine Hand küßt […].« (S. 202f.)

Kennzeichnend für die Aufzeichnungen, die Faber in seinen letzten Tagen noch tätigt, ist, dass die zeitliche Distanz zwischen dem geschilderten Erlebten und dem gegenwärtigen Erleben immer geringer wird, bis sie schließlich in eine unmittelbare Gegenwart mündet. Die präzisen Uhrzeiten, die Faber nun am Vorabend seiner Operation und durch die Nacht hindurch in immer kürzeren Abständen setzt, zeugen davon, dass er sich über seine knappe Zeit immer bewusster wird. Er schläft nicht, sondern nutzt seine Zeit auch dazu, an Hanna noch Briefe zu schreiben, von deren Inhalt die Lesenden leider nichts mehr erfahren (S. 198f.).

Dass am Ende des Romans Fabers Schreiben und Erleben immer mehr ineinander übergegangen sind und nur noch die reine Jetzt-Zeit übrig bleibt, spiegelt wider, dass Fabers Bewusstseinsprozess zu einem Ende gekommen ist. Er hat begriffen, was Leben im Hier und Jetzt bedeutet und kann dadurch nun auch seinen Tod annehmen: »Auf der Welt sein: im Licht sein. [...] im Wissen, daß ich erlösche im Licht über Ginster, Asphalt und Meer, standhalten der Zeit, beziehungsweise Ewigkeit im Augenblick. Ewig sein: gewesen sein.« (S. 199) Als Faber am nächsten Morgen seine letzte Notiz niederschreibt: »08.05 Sie kommen« (S. 203) ist auch er endlich bei sich selbst angekommen.

Veröffentlicht am 17. Juli 2023. Zuletzt aktualisiert am 17. Juli 2023.