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Der Untertan

Kapitel 5

Zusammenfassung

Nach seiner Aufnahme in den Kriegerverein erhalten Emmi und Magda von Frau von Wulckow eine Einladung zum Tee, da sie in ihrem Theaterstück eine Rolle bekommen sollen. Als sie Besuch von Guste Daimchen bekommen, weist Diederich diese noch einmal darauf hin, dass Wolfgang Buck gesellschaftlich nicht sonderlich förderlich für sie ist. Sie empört sich diesmal nicht, sondern ist geknickt, zeigt den Schwestern jedoch eine Tasche, die er ihr geschenkt hat und die die Schwestern selbst haben wollten. Als Diederich Guste hinausbegleitet, nähern sie sich der Papierfabrik an, in der gerade Feierabend herrscht. Diederich findet in einem Lumpenhaufen einen Brillanten, den er Guste schenkt.

Eines Tages kommt er bei einem Spaziergang bei der berüchtigten Kneipe »Grüne Engel« vorbei und geht hinein. Dort trifft er auf Käthchen Zillich, die ihre Anwesenheit dort mit einer Notlüge zu erklären versucht, doch Diederich überredet sie, ihm Gesellschaft zu leisten. Sie werden von Jadassohn entdeckt, der die Kneipe ebenfalls aufsucht und so machen sie sich zu dritt einen feuchtfröhlichen Abend. Diederich ist erstaunt, dass Käthchen raucht, trinkt und sehr direkt ist, was ihm gefällt. Er vermutet jedoch, dass Käthchen und Jadassohn sich im Geheimen wieder treffen werden, da sie ein Zeichen ausgetauscht haben. Er ist froh, diese »Falle« aufgedeckt zu haben und ist immer noch erstaunt über das enthemmte Verhalten der Pastorentochter Käthchen.

Zu Hause verbietet er seinen Schwestern jeglichen Kontakt zu Käthchen, da sie einen schlechten Einfluss auf sie ausübe. Die Schwestern tun die Gerüchte als Klatsch ab und verärgern Diederich, der die Diskussion beendet. Die Mutter erzählt von einem Gerücht, nach dem Wolfgang Buck und Guste Daimchen Halbgeschwister seien, da der alte Buck mit der Oberinspektorin Daimchen eine Liebschaft gehabt haben soll. Die Geschwister sind entsetzt und Diederich verlässt wütend über den Klatsch das Haus, um allein in eine Kneipe einzukehren. Dort kommt ihm jedoch die Idee, durch diesen Klatsch Gustes Verlobung platzen zu lassen und sie mit ihrem Erbe zu heiraten. Er bringt eine Hausschneiderin zu seinen Schwestern, die für den Harmonieball noch nicht fertig ausgestattet sind und lässt seine Schwestern den Klatsch an sie weitergeben. Die Hausschneiderin behauptet, das Gerücht bereits von der Schwiegermutter des Bürgermeisters Scheffelweis zu kennen und dass es bereits in ganz Netzig bekannt sei.

Später am Tage geschieht in der Papierfabrik ein Unfall – der Arm einer 14-jährigen Arbeiterin wird von einer Maschine erfasst und zerquetscht. Diederich will sich um eine Schadensersatzzahlung an das Mädchen drücken und ruft Napoleon Fischer zu sich, um sich mit ihm zu beraten. Er bietet ihm drei Goldstücke an, die Fischer entrüstet ablehnt. Als Diederich ihn jedoch mit dem Gerücht über Guste Daimchen und Wolfgang Buck versorgt, ist Fischer interessiert, denn Klatsch aus den obersten Riegen spielt für ihn in der Politik eine große Rolle, da er ihn für sich und seine Zwecke nutzen kann.

Am nächsten Abend machen sich die Geschwister Heßling und eine gemeinsame Freundin, Inge Tietz, auf dem Weg zum Harmonieball. Auf dem Weg dorthin dreht sich das Gespräch wieder um das Gerücht, dass Guste und Wolfgang Buck Halbgeschwister seien, was Diederich als »Dienstbotenklatsch« abtut, obwohl er für die Verbreitung des Klatsches verantwortlich ist. Sie kommen zu spät beim Ball an, das Stück von Frau von Wulckow hat bereits begonnen. Diederich leistet Frau von Wulckow Gesellschaft und so schauen sie sich durch einen Türspalt das Stück »die heimliche Gräfin« an. Diederich lobt das Stück über alle Maßen und schmeichelt sich bei Frau von Wulckow ein. Nur die prominenten Ohren von Jadassohn, der in dem Stück mitspielt, verdirbt beiden die Laune, da sie von dem Geschehen auf der Bühne ablenken. Frau von Wulckow findet ihn gar unpassend als Staatsanwalt und will es ihrem Mann sagen.
Von Guste und Wolfgang Buck erfährt Diederich in der Pause, dass der Bürgermeister ein Verhältnis mit seiner Schwiegermutter haben soll und ist erleichtert, dass die beiden von »seinem« Gerücht noch nichts mitbekommen haben. Währenddessen spricht die ganze Netziger Gesellschaft davon und auch der alte Buck wird gemieden und gemustert. Diederich spricht den Bürgermeister auf die Stadtverordnetenwahlen an und will sich seine Unterstützung sichern, da Lauer und Wolfgang Buck ihre Plätze räumen mussten. Der Bürgermeister ist gewohnt unentschlossen, doch von Wulckow spricht Diederich seine Anerkennung aus, was diesen sehr freut. Diederich versichert, dass wenn er zum Stadtverordneten gewählt wird, der städtische Arbeitsnachweis aufhört und von Wulckow damit die billigsten Arbeitskräfte sicher sind, selbst wenn die Arbeitslosigkeit durch die Arbeitsnachweise niedrig ist. Von Wulckow informiert zudem Diederich und Scheffelweis darüber, dass der Reichstag vermutlich aufgelöst wird. Der Bürgermeister wiederum weiß zu berichten, dass der alte Kühlemann in seinem Testament sein ganzes Vermögen der Stadt vermacht hat und dass damit ein Säuglingsheim gebaut werden soll. Diederich hingegen stellt sich etwas Nationaleres vor.

Das Stück der Frau von Wulckow ist ein voller Erfolg, das Publikum applaudiert. Herr von Wulckow spricht noch einmal eine Einladung Diederichs zum Tee aus. Diederich und der alte Buck nähern sich wieder an, als der alte Buck ihn auf sein Grundstück anspricht, auf dem er gerne das Säuglingsheim errichten lassen würde. Diederich verneint jegliche Verkaufspläne und der alte Buck sichert ihm Unterstützung, sollte Diederich Stadtverordneter werden wollen.

Hinter einer Pflanzengruppe entdeckt Diederich durch den alten Buck ein geheimes Zimmer und zieht Käthchen Zillich hinein. Diese wehrt sich halbherzig, als sie von Guste Daimchen überrascht werden. Käthchen und Guste zanken sich und schließlich weiht Käthchen Guste in das Gerücht ein, demnach sie und Wolfgang Buck Halbgeschwister seien. Diederich stellt fest, dass Guste und ihr Geld durch das Gerücht entwertet sind, was ihn wiederum höher stellt. Auch Guste sieht es so und schmachtet Diederich an. Sie machen sich wieder auf den Weg zum Ball und mischen sich unter die Netziger Gesellschaft.

Am Büffet trifft er auf Wolfgang Buck, der die Anwesenden zeichnet. Dieser lädt ihn zu einer gemeinsamen Flasche Sekt ein und Diederich willigt ein. Wolfgang Buck sagt ihm, dass er ihn vor Gericht auch gern gezeichnet hätte, denn er hat ihn als Typus fasziniert, die Rolle, die er vor Gericht gespielt hat, fand er interessanter als den Prozess selbst. Guste stößt dazu und unterrichtet ihren Verlobten von dem Gerücht, dieser bleibt jedoch unbeeindruckt. Guste legt nach und erzählt ihm, dass Diederich sie – im Gegensatz zu ihm – verteidigt habe. Wolfgang Buck simuliert an sich selbst, wie er demjenigen, der das Gerücht verbreitet hat, buchstäblich an den Kragen gehen würde und erschreckt damit Diederich, der genau weiß, dass er der Urheber des Gerüchts ist. Doch Wolfgang Buck löst in Sektlaune lachend die dramatische Stimmung auf und stimmt lautstark ein nationales Geschrei an, das die Aufmerksamkeit der Anwesenden erregt. Deutlich angeheitert brechen die beiden schließlich auf, begleitet von Guste und Diederichs Schwestern.

Am nächsten Tag wacht Diederich mit einem Kater auf – auch moralisch, denn er hat mit seinem Geschrei auf dem Ball diverse Damen brüskiert. Sogleich macht er sich im Gehrock und Zylinder auf, um sich persönlich bei den Damen zu entschuldigen. Danach lässt er Napoleon Fischer in seine Wohnung kommen und dieser macht es sich – bereits an solche Unterredungen mit Diederich gewohnt – mit einer Zigarre gemütlich. Diederich kommt gleich zum Punkt – er will Stadtverordneter werden und braucht dafür Fischers Hilfe. Doch Fischer, der bereits einen der beiden frei gewordenen Sitze sicher hat, denkt, dass die Freisinnigen den zweiten Platz bekommen werden. Fischer bietet seine Bedingungen an – ein Gewerkschaftshaus, was er von Diederich schriftlich zugesichert haben will. Notgedrungen lässt sich Diederich darauf ein und die beiden schlagen ein. Fischer fordert zudem, dass Diederich seine Kontakte bei der »Netziger Zeitung« spielen lässt, damit sie positiv über ihn berichtet.

Danach stattet er dem alten Buck einen Besuch ab und bittet um eine Aufstellung als Freisinniger. Fischer und Diederich erhalten die notwendigen Stimmen und werden in die Versammlung eingeführt. Seine ersten Amtshandlungen werden in der »Netziger Zeitung« wohlwollend erwähnt, während sie in der »Volksstimme« zerrissen werden. Auch der Berliner »Lokal-Anzeiger« ist voll des Lobes für den Patrioten.

Diederich, Fischer und der Parteiwirt Rille treffen sich in der Kneipe, um ein geheimes Papier zu unterschreiben.

Am selben Tag statten Diederich und seine beiden Schwestern den von Wulckows einen Besuch ab. Emmi versteht sich sehr gut mit dem Leutnant von Brietzen und knüpft erste zarte Bande. Diederich schleicht sich im Laufe des Abends nach einem Hinweis von Frau von Wulckow hinaus und in das Zimmer von Herrn von Wulckow – seinem Hund folgend. Von Wulckow ignoriert Diederich zunächst und lässt ihn unschlüssig im Zimmer stehen. Innerlich aufgebracht lässt Diederich diese Behandlung über sich ergehen und vermittelt von Wulckow, dass der Magistrat seine Grenzen hat, gerade in Bezug auf seinen Vetter von Quintzin, der nicht einmal Steuern an die Stadt zahlt.

Diederich berichtet von Wulckow von seinem Plan, ein Kaiser-Wilhelm-Denkmal errichten zu lassen, falls Napoleon Fischer in den Reichstag gewählt werden sollte. Dieses Denkmal soll auf seinem Grundstück errichtet werden und er bietet von Wulckow das Vorkaufsrecht an. Der aufgebrachte von Wulckow verwehrt sich jeglichen Grundstücksspekulationen und einigt sich mit Diederich darauf, dass er sein Grundstück sofort verkauft.

Eines sonntags trifft Diederich Wolfgang Buck im Stadtpark. Dieser erzählt ihm, dass er ans Theater gehen und dafür seine bürgerliche Stellung und die Heirat mit Guste aufgeben will. Er bittet Diederich, ihm beim Schlussmachen mit Guste Beistand zu leisten, doch als Diederich bei Guste ankommt, stellt er fest, dass Wolfgang Buck verschwunden ist. So bleibt es an ihm, Guste die Wahrheit über ihren Verlobten zu sagen und sie zu trösten. Guste hat nun Diederich als potentiellen Ehemann ins Auge gefasst und ist sich ihrer prekären Lage sehr bewusst. Diederich lässt sie ein wenig zappeln, nimmt sich ihrer dann schließlich an. Natürlich müsse Guste vorab Kontoauszüge und Nachweise über ihre Erbschaft erbringen, dazu will Diederich eine Gütergemeinschaft und das alleinige Sagen über das Geld. Guste ist mit allem einverstanden, solange Diederich sie in ihrer Lage zur Frau nimmt. Sie genießen einen aufwühlenden Abend in der Oper und sehen sich »Lohengrin« an, wobei Diederich Wagner als vertretbare deutsche Kunst bezeichnet, die sämtliche nationalen Ansprüche bedient.

Die Hochzeit kommt dann auch recht bald, denn beide haben es eilig. Diederich hat die Politik im Hinterkopf und Guste das Gerede der Netziger Gesellschaft. Am Hochzeitstag bekommt er Besuch vom Premierleutnant Karnauke, der sein Grundstück kaufen will. Diederich ist entsetzt, wie weit unter dem eigentlichen Verkaufswert er sein Grundstück abgeben soll, willigt aber schließlich ein. Denn Karnauke wurde durch von Wulckow geschickt, damit er Diederichs Haus für seinen Vetter Quitzin kauft - sonst würde von Wulckow sämtliche Absprachen fallenlassen. Auf diese Weise erpresst, verkauft Diederich schließlich sein Haus weit unter Wert trotz Sötbiers Einwänden. Schließlich kann er Guste heiraten und bekommt von Karnauke den Kronenorden vierter Klasse. Als sie zur Hochzeitsreise aufbrechen, präsentiert sich Diederich seiner Guste ordenbehangen und stramm, wovon sie sehr beeindruckt ist.

Analyse

In diesem Kapitel nähert sich Diederich den von Wulckows, um seine politische Stellung weiter auszubauen und in die Nähe der Macht zu kommen. Von Wulckow hat in Netzig großen Einfluss und davon will Diederich profitieren. Er verhält sich – wie bei jedem Machtinhaber – gewohnt unterwürfig. Auch verbreitet er das Gerücht, Wolfgang Buck und Guste Daimchen seien Halbgeschwister, indem er wieder den verhassten Napoleon Fischer benutzt. Er paktiert weiterhin mit ihm, um sich auf politischer Ebene bei der Wahl zum Stadtverordneten weiter gegen die Freisinnigen zu positionieren. In diesen Situationen stellt er seine nationale Gesinnung hinten an und lässt sein opportunistisches Wesen durchscheinen, dem jedes Mittel recht ist, um an sein Ziel zu gelangen – auch das Paktieren mit Sozialdemokraten. Er lässt sich allerdings von Buck als ein Kandidat der Freisinnigen aufstellen und gewinnt zusammen mit Fischer die Wahlen. Beide versichern einander, weiterhin gemeinsame Sache zu machen und Diederich zum Kaiser-Wilhelm-Denkmal zu verhelfen, während Napoleon in den Reichstag gewählt werden soll. Hier wird wieder deutlich, dass es beiden keineswegs um die politische Gesinnung geht, sondern rein um den eigenen Vorteil.

Bei einer Einladung der von Wulckows wird Diederich buchstäblich schlechter als der Hund behandelt und in ihm wallt kurzzeitig Hass auf den Adel als herrschende Klasse auf. Doch bevor er seine Emotionen vokalisieren kann, lockt ihn von Wulckow mit der Aussicht auf einen Orden und Diederich ist besänftigt. Damit fügt er sich wieder in die Rolle des Untertanen, der vor der Macht buckelt. Als er jedoch seine eigenen Wünsche äußert, wird er durch von Wulckow umgehend bestraft und auf seinen Platz verwiesen.

Wolfgang Buck überlässt Guste Daimchen ihrem Schicksal und verlässt Netzig, um in Berlin ans Theater zu gehen. Gustes prekäre Lage ausnutzend, nimmt sich Diederich ihrer und ihres Vermögens an – unter der Bedingung, dass er allein über das Geld entscheidet. Guste ist mit allem einverstanden, da sie durch das Gerücht entmachtet ist, was Diederich sofort ausnutzt.
An seinem Hochzeitstag wird er gezwungen, sein Haus zu verkaufen. Er wird vom Adel unter Druck gesetzt und beugt sich abermals der Macht, indem er sein Haus weit unter Wert verkauft. Er wird dafür jedoch mit einem Orden belohnt, der ihm auf seiner Hochzeitsfeier überreicht wird, was ihn wiederum besänftigt. So hat alles für ihn seine Ordnung – er beugt sich der Macht und wird dafür belohnt.

Mit dem Orden behangen baut er sich in der Hochzeitsnacht vor Guste auf, die ihn kaum wiedererkennt. Seine Verwandlung in eine Kaiser-Kopie ist beinahe abgeschlossen.

Veröffentlicht am 12. Oktober 2022. Zuletzt aktualisiert am 12. Oktober 2022.