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Der Richter und sein Henker

Aufbau des Werkes

Der Roman »Der Richter und sein Henker« kann in 21 Kapitel unterteilt werden, die sich nach ihrem inhaltlichen Aufbau sinnvollerweise in die Exposition, drei sich daran anschließende Erzählphasen sowie die Schlussphase gruppieren lassen. Die Geschichte wird chronologisch erzählt und spielt an nur wenigen Tagen im Spätherbst. Sie beginnt am dritten November und findet ihr Ende am achten November 1948. Darüber hinaus gibt es noch eine Vorgeschichte, die circa 40 Jahre zurückreicht, und zwar bis ins Jahr 1908.

Der Kern der Geschichte dreht sich zwar um die Aufklärung eines Mordes an einem Polizisten. Jedoch ist es die Vorgeschichte – eine vierzig Jahre zurückliegende Wette zwischen Bärlach und Gastmann –, die hintergründig eine große Rolle spielt, denn sie schafft den Rahmen für die in der jetzigen Zeit stattfindenden Geschehnisse. Es existieren also zwei Handlungsebenen im Roman, die ungefähr in der Mitte des Romans ineinander übergreifen, sodass dadurch eine Komplexität der Handlung entsteht, die über eine typische Kriminalgeschichte hinausgeht.  

Dürrenmatt verwendet für seine Geschichte das Schema eines klassischen Kriminalromans, sodass sich seine spezifischen Merkmale hier auch wiederfinden: Sie beginnt mit einem Mord, ein Kommisar tritt auf den Plan, die Ermittlungsarbeit beginnt, Verhöre werden geführt, Indizien gesammelt, und am Ende steht die Übeführung des Täters. Jedoch treibt er auch sein Spiel mit diesem Genre, da er es immer wieder durch seine, dem Autor typischen Stilmittel wie zum Beispiel die Groteske durchbricht.

Die ersten drei Kapitel bilden den Anfang der Geschichte. Sie beinhalten den Fund einer Leiche sowie die Vorstellung des Kommissars Bärlach und sein Team, das sich im weiteren Verlauf der Geschichte mit der Aufklärung des Falles beschäftigt.

In der ersten Erzählphase (Kapitel 4–7) wird die Aufnahme der Ermittlungen beschrieben. Den Spannungshöhepunkt bildet dabei der Angriff des Hundes auf den Kommissar und  dessen Erschießung durch den Polizisten Tschanz vor dem Haus des vermeintlichen Täters Gastmann. 

In einer Zwischenphase (Kapitel 8–10) wird die Handlung um einige Aspekte erweitert, indem Dürrenmatt gesellschaftspolitische sowie ethisch-moralische Fragestellungen thematisiert. Oberst von Schwendi, der zudem auch noch die Position eines Nationalrats und Advokats innehat und zur Elite der Schweizer Gesellschaft gehört, nutzt seinen politischen Einfluss und setzt den Untersuchungsrichter Dr. Lutz unter Druck. Damit behindert er die polizeilichen Ermittlungen. Zudem rückt die Person Gastmann in den Gesprächen immer mehr in den Mittelpunkt.

In der zweiten Erzählphase (Kapitel 11–12) treffen die beiden Kontrahenten Bärlach und Gastmann zum ersten Mal aufeinander, und deren gemeinsame Geschichte einer Wette tritt damit in den Mittelpunkt. Sie stellt den Spannungshöhepunkt dar und eröffnet gleichzeitig eine zweite Handlungsebene, in der vom Autor eine philosophische Dimension mit eingebracht wird. Deutlich wird nun, dass es im Roman um mehr als um die Aufklärung eines Mordes geht.   

Vom Autor wird nun eine weitere Zwischenphase eingefügt (Kapitel 13–15). Mit dem Verhör eines Schriftstellers werden moralisch-ethische Aspekte nochmals aufgegriffen, indem vertiefende gedankliche Konstrukte über das Gute und Böse im Menschen erörtert werden. Der Ehrgeiz von Tschanz tritt immer mehr zutage, denn er möchte Gastmann unbedingt als den Täter überführen. Zudem erfährt die Handlung nochmals eine dramatische Zuspitzung, indem Bärlach eine krankheitsbedingte Auszeit ankündigt, da er wohl nur noch ein Jahr zu leben hat.  

Die dritte Erzählphase (Kapitel 16–18) setzt sofort mit einem Spannungshöhepunkt ein. Bärlach entgeht in der Nacht in seinem Haus nur knapp einem Mordanschlag. Die beiden Kontrahenten Gastmann und Bärlach treffen nochmals aufeinander und stecken ihre Fronten ab. Beide können das Spiel nicht aufgeben, das sie damals angefangen haben. Gastmann droht Bärlach an, ihn zu töten, während Bärlach seinerseits ihm ankündigt, einen Henker zu schicken, der ihn richtet. Dieser Dialog bildet einen weiteren Spannungshöhepunkt.

In der Schlussphase (Kapitel 19–21) zeigt sich nun, wen Bärlach sich als Henker für die Hinrichtung Gastmanns ausgedacht hat. Es ist sein Assistent Tschanz, der Gastmann nun erschießt. Bei einer Henkersmahlzeit, zu der Bärlach ihn in sein Haus eingeladen hat, kommen alle noch ungeklärten Aspekte der Geschichte zum Vorschein. Der Kommissar deckt auf, dass weder Gastmann der Mörder noch der Auftraggeber des Mordes am Polizisten Schmied war. Mit seiner manipulativen und hinterlistigen Taktik ist es Bärlach nun – jenseits von Recht und Ordnung – gelungen, seinen Kontrahenten nach 40 Jahren endlich zu richten, indem er sich eines Henkers in Gestalt des Polizisten Tschanz bedient hat. Er übergibt Tschanz nicht der Justiz. Dieser begeht letztendlich Selbstmord.

Veröffentlicht am 3. März 2024. Zuletzt aktualisiert am 3. März 2024.