Skip to main content

Die Leiden des jungen Werthers

Figuren

Figurenkonstellation

Die Leiden des jungen Werthers – Figurenkonstellation
  • Werther

    Werther ist die Hauptfigur des Romans, aus deren Sicht alle Briefe geschrieben werden. Schon sein erster Brief zeigt, dass er ein sehr gefühlsbetonter, überschwänglicher Mensch ist. Bei Romanbeginn verlässt er seine Heimat, um nach Wahlheim zu gehen. Über seine Vorgeschichte erfährt man, dass sich eine Frau namens Leonore unglücklich in ihn verliebt hatte, was neben der Regelung von Erbschaftsangelegenheiten im Auftrag seiner Mutter ein weiterer Grund für seinen Fortgang gewesen ist.

    Werther ist ein Freund der Natur, die er aber nicht mit objektivem, wissenschaftlichem Blick betrachtet, sondern als Projektionsfläche seiner eigenen Empfindungen benutzt. Für ihn ist sie anfangs ein paradiesähnlicher, geradezu heiliger Ort, der sich im Zuge seiner veränderten Gefühle später in einen bedrohlichen Raum verwandelt, bevor sie ihm noch später gleichgültig wird. Im ersten Teil des Romans aber geht Werther gern auf lange Spaziergänge und erfreut sich an allen Naturerscheinungen, auch am Regen.

    Er kommt gut mit Kindern aus, erzählt oft davon, wie er mit Lottes Geschwistern spielt und wie gern sie ihn haben. Doch nicht nur Kindern gegenüber ist er freundlich, gutmütig und zugewandt. Er unterhält sich gern mit anderen Menschen, unabhängig davon, welchem Stand sie angehören. Dabei zeigt er Mitgefühl und Verständnis, wenn diese in schwierigen Situationen sind. Bürgerliche Herablassung gegenüber Personen geringeren Standes, wie Bauern oder Dienstboten, ist ihm zuwider. Er ist selbstlos, schenkt Kindern Geld und spendet auch an Bedürftige in Wahlheim.

    Weil er anfangs nicht arbeitet, sondern eher in den Tag hineinlebt, gerät er immer wieder in Konflikt mit seiner Mutter. Letztlich entscheidet er sich, bei einem Gesandten eine Stelle anzunehmen, um aus Wahlheim wegzukommen, aber die Tätigkeit ist eine große Enttäuschung für ihn.

    Werther ist ein fantasievoller und schöpferischer Mensch, was sich in seiner zeichnerischen Begabung, aber auch in seinen ausdrucksstarken Briefen und ihrer gefühlvollen Sprache manifestiert. Seine Fantasie und Emotionalität werden ihm zum Verhängnis, als er sich in Lotte verliebt, denn er malt sich ein Zusammensein mit ihr aus, obwohl er weiß, dass sie bereits verlobt ist. Hierin zeigt sich ein weiterer typischer Zug von ihm, nämlich Dinge zu verdrängen und sich schwierigen Situationen nicht zu stellen. Auch sein Freitod ist letzten Endes eine Flucht vor der Wirklichkeit, vor der Langeweile eines bürgerlichen Alltags – möglicherweise an der Seite einer Frau, die er weniger leidenschaftlich liebt als Lotte – und vor den Zumutungen der ständischen Gesellschaft und ihren Vorurteilen.

  • Lotte

    Charlotte S., genannt Lotte, ist die Tochter des Amtmanns. Sie hat acht jüngere Geschwister, um die sie sich seit dem Tod ihrer Mutter kümmert, als sei sie selbst ihre Mutter. Das älteste von ihnen ist fünfzehn Jahre alt. Lotte ist mit Albert verlobt, was zwar auf Wunsch ihrer verstorbenen Mutter geschehen ist, doch beteuert sie stets, dass sie große Zuneigung für ihren Verlobten fühle und ihre Verbindung nicht als Zwang empfinde.

    Lotte ist gebildet und liest gern, doch müssen die Bücher nach ihrem Geschmack sein, sonst verliert sie schnell die Lust daran. Außerdem ist sie eine begeisterte Tänzerin, die bei ihrer ersten Begegnung mit Werther beinahe den ganzen Abend mit ihm tanzt. Ihre schönen, geschickten Bewegungen dabei, von denen Werther schwärmt, ihr Klavierspiel und ihr Gesang deuten darauf hin, dass sie auch eine sinnliche Natur besitzt. Ihre mütterlichen Eigenschaften kommen in Alltagssituationen mit anderen Menschen zum Ausdruck. So lenkt sie z. B. die Anwesenden auf dem Fest mit einem Spiel vom Gewitter ab, um ihnen die Angst zu nehmen. Sie hilft Kranken, begleitet Sterbende und versucht bei vielen Gelegenheiten, andere Menschen glücklich zu machen. Mit Werther hat sie also das Mitgefühl und die große Empfindsamkeit gemeinsam. Die beiden können sich gut miteinander unterhalten. Außerdem geht sie genauso gern wie er spazieren und teilt seine Liebe zur Natur.

    Lotte ist aufrichtig und treu und kann sich nicht vorstellen, Albert zu hintergehen. Obwohl sie Werther gernhat, bittet sie ihn, sie auf Alberts Wunsch hin weniger zu sehen. Sie nimmt in jeder Hinsicht Rücksicht auf Albert und unterdrückt dafür auch ihre eigenen Gefühle gegenüber Werther. Ob diese freundschaftlicher oder leidenschaftlicher Natur sind, lässt sich anhand des Textes nicht eindeutig erschließen.

    Sicher ist aber, dass Lotte Werthers Gefühle für sie bemerkt und seinem Zustand gegenüber nicht gleichgültig ist. Sie realisiert auch, dass etwas mit ihm nicht stimmt, als er Albert um eine Pistole bittet. Obgleich sie sich jedoch hin und wieder mutig zeigt, zögert sie gelegentlich, um Streit zu vermeiden – ein Charakterzug, der sich im Hinblick auf die Pistole als verhängnisvoll erweist.

  • Albert

    Werther beschreibt Albert zunächst als respektvoll, nicht zuletzt, weil er Lotte nicht einfach vor seinen Augen küsst. Außerdem ist Albert gefühlvoll und hat selten schlechte Laune, Eigenschaften, welche Werther sehr an Menschen schätzt.

    Albert folgt dem christlichen Glauben und seinen Gesetzen. In einem Gespräch mit Werther über den Suizid macht er deutlich, dass ihm der bloße Gedanke daran zuwider ist und er kein Verständnis für Menschen hat, die sich zu solch einer Tat entschließen. Stattdessen behauptet er, dass es Menschen mit Selbstmordabsichten an Verstand mangele, ein für sein rationalistisches Weltbild kennzeichnendes Argument. Albert besitzt mehrere Pistolen, die er seit einem Missgeschick, das einem seiner Bediensteten damit passiert ist, nicht mehr anfasst.

    Zum Geburtstag schenkt er Werther zwei Bücher, welche dieser einmal in einem Gespräch erwähnt hat. Dies deutet darauf hin, dass Albert zwar nach außen hin strenger als Lotte wirkt, aber sich genau wie sie für andere Menschen interessiert und ihnen gern eine Freude macht. Außerdem ist er rücksichtsvoll und aufmerksam, was sich z. B. darin zeigt, dass er das Zimmer verlässt, wenn er das Gefühl hat, seine Anwesenheit würde Werthers Stimmung belasten. Er reagiert jedoch nicht sonderlich sensibel, als Lotte über ihre Emotionen spricht, sondern bittet sie sogar darum aufzuhören. Auch Werther sagt später von ihm, es würde ihm an Gefühl mangeln, eine Einschätzung, die mit seiner anfänglichen Beschreibung Alberts kontrastiert.

    Im weiteren Verlauf der Handlung, nach der Heirat mit Lotte, wird Albert mehr und mehr von seiner Arbeit und seinen Geschäften eingenommen. Der Alltag und seine Verpflichtungen bestimmen sein Leben und damit auch seine Partnerschaft mit Lotte, was einer der Gründe dafür ist, dass er sich nicht mit ihren Gefühlen auseinandersetzen möchte. So kommuniziert er nicht besonders gut mit ihr, sondern schweigt gegen Ende des Romans immer, wenn sie auf Werther zu sprechen kommt. Auch schwingen zum Ende der Handlung eine gewisse Eifersucht und ein Unwillen gegenüber Werther in seinem Verhalten mit.

    Er denkt sich jedoch nichts dabei, als Werther ihn um die Pistole bittet und dabei vorgibt, auf Reisen gehen zu wollen. Am Ende ist er sehr bestürzt, als er erkennt, warum Werther die Pistole verlangt und auf welche »Reise« er sich damit begeben hat. Werthers Sarg begleitet er jedoch nicht; ob aus Schuldgefühlen oder wegen seiner christlichen Haltung, bleibt offen.

  • Amtmann

    Über Lottes Vater, den Amtmann, wird insgesamt wenig gesagt, nicht einmal sein vollständiger Name wird erwähnt. Werther beschreibt ihn als rechtschaffenen und prinzipientreuen Mann, der dabei aber nicht hart, sondern offen und treuherzig ist und vorbildlich mit seinen neun Kindern umgeht. Weil seine Frau, die er anscheinend sehr geliebt hat, früh verstorben ist, kümmert er sich mit seiner ältesten Tochter Lotte gemeinsam um deren jüngere Geschwister. Werther liebt ihn so sehr, dass er ihm vor seinem Selbstmord einen Abschiedsbrief schreibt, in dem er ihm seinen letzten Willen mitteilt; ein Zeichen des Vertrauens darauf, dass der Amtmann für die Ausführung sorgen wird.

    Tatsächlich zeigt sich sein gutes Herz u. a. darin, dass er für Werthers Begräbnis am gewünschten Ort sorgt. Obwohl er ein gläubiger Christ ist und Werthers Handeln sicher nicht gutheißen kann, äußert er sich nicht negativ über seine Entscheidung, sich das Leben zu nehmen. Er bleibt auch bis zu Werthers letztem Atemzug an seiner Seite und trauert heftig um ihn.

  • Wilhelm

    Wilhelm ist Werthers Freund, an den er den Großteil seiner Briefe richtet. Er ist der Adressat, dem er all seine Gedanken und Gefühle offenbart, woraus man schließen kann, dass die beiden ein gutes Verhältnis zueinander haben und Werther großes Vertrauen zu seinem Freund besitzt.

    Wilhelm kennt Werthers Mutter und wohnt vermutlich in derselben Stadt wie sie. Werther trägt ihm des Öfteren auf, etwas an seine Mutter weiterzugeben. Von Wilhelm selbst wird kaum etwas berichtet. Hin und wieder scheint Werther auf etwas zu reagieren, das Wilhelm in einem Brief an ihn geschrieben haben könnte. Oft geht es dabei um die Arbeit oder um Ratschläge, die Wilhelm ihm mutmaßlich gegeben hat. Auch dass Werther aus Wahlheim fortgehen solle, um von Lotte Abstand zu gewinnen, scheint ein Vorschlag von Wilhelm gewesen zu sein.

    Dennoch bleibt Wilhelm in dem Werk eine passive Figur, die nicht mit einer eigenständigen Handlung verbunden ist; eine Figur, von der man fast sagen könnte, dass sie eine technische Funktion innerhalb des Briefromans hat. Obwohl Werther ihm oft von seinem Leid berichtet und immer wieder darüber schreibt, dass er sich das Leben nehmen möchte, greift Wilhelm anscheinend nicht ein. Weder besucht er Werther, noch holt er ihn zurück nach Hause, um ihn von seiner Einsamkeit zu befreien. Es lässt sich also nur vermuten, dass Wilhelm ihn in seinen Antworten zu besänftigen versucht, einen Brief von ihm enthält der Roman jedoch nicht. Auch über seine Reaktion auf Werthers Tod wird nichts mitgeteilt.

  • Werthers Mutter

    Auch über Werthers Mutter wird wenig preisgegeben. Sie erscheint nur indirekt, indem Werther Wilhelm bittet, ihr zu berichten, wie seine Bemühungen um die Erbschaftssache ausgegangen sind, oder ihr Grüße auszurichten. Auch umgekehrt scheint sich Werthers Mutter nicht direkt an ihren Sohn zu wenden, sondern ihre Wünsche an ihn nur über Wilhelm vermittelt zu äußern.

    Sie sorgt sich zwar um ihn, dabei geht es jedoch nicht um seine Gefühle, sondern um seine Position in der Gesellschaft. Das Verhältnis erscheint distanziert, die Mutter wirkt kontrollierend. Sie fordert ihren Sohn zur Aktivität auf und ist besorgt um seine Karriere. Darin ähnelt sie Wilhelm, der seinen Freund, wie sich aus Werthers Antworten schließen lässt, auch wiederholt dazu auffordert, sein Leben wieder in die Hand zu nehmen. Die Distanz zeigt sich auch darin, dass Werther seiner Mutter keinen Abschiedsbrief hinterlässt, sondern auch hier wiederum Wilhelm bittet, sich nach seinem Tod ihrer anzunehmen und sie zu trösten.

  • Gesandter

    Der Gesandte ist im Winter 1771/72 der Vorgesetzte von Werther, ein steifer, freudloser und langweiliger Beamter, der Werther mit seinem trockenen Wesen, seiner Pedanterie und Humorlosigkeit das Leben schwer macht. Er erscheint als Inbegriff der Werte der Ständegesellschaft, gegen die Werther aufbegehrt, und verhält sich stets kontrolliert und den gesellschaftlichen Anforderungen entsprechend.

  • Graf von C..

    Graf von C.. ist ein freundlicher und offenherziger Mensch, der sich über Standesschranken hinwegsetzen möchte und Werther seine Freundschaft anbietet. Werther ist glücklich, ihn während der Zeit kennenzulernen, in der er für den Gesandten arbeitet. Er sieht in ihm einen Seelenverwandten, der ihm Herzlichkeit entgegenbringt und sich positiv von der Starre und Förmlichkeit seines Dienstherrn abhebt. Dennoch ist auch Graf von C.. nicht in der Lage, die Standesschranken zu überwinden. Als es bei einer seiner Abendeinladungen auf Unmut stößt, dass auch Werther zu Gast ist, entschuldigt er sich zwar bei ihm, bittet ihn aber dennoch zu gehen.

  • Fräulein von B..

    Fräulein von B.. gehört zu den Menschen, die Werther während seiner Zeit beim Gesandten kennenlernt. Sie ist freundlich, warmherzig, hübsch und natürlich und erinnert in manchem an Lotte. Werther fühlt sich zu ihr hingezogen und besucht sie bei ihrer Tante, bei der sie wohnt. Wie der Graf versucht auch Fräulein von B.., die strengen gesellschaftlichen Regeln zu brechen und sich Werther unkompliziert zu nähern; und ebenso wie der Graf kommt sie dabei an ihre Grenzen, wenn sie von ihrer Tante dafür gemaßregelt wird. Auf der Soirée beim Grafen verhält sie sich so, als würde sie Werther kaum kennen. Ihre zarte, gefühlsbetonte Natur kommt jedoch in den aufrichtigen Entschuldigungen und den Erklärungen für ihr Verhalten zum Ausdruck, die sie Werther später gibt.

  • Tante des Fräuleins von B..

    Die Tante des Fräuleins von B.. verkörpert alle Eigenschaften, die Werther verabscheut. Obwohl sie nicht begütert ist und außer dem Fräulein keine Angehörigen (mehr) hat, ist sie angesichts ihrer adeligen Herkunft voller Dünkel und Hochmut. Sie behandelt Werther mit Herablassung. Auf ihre Nichte redet sie strafend ein, damit diese sich nicht mehr mit ihm trifft.

  • Fürst **

    Wie Graf von C.. gehört auch Fürst** zu den vorurteilsfreien Adeligen, die sich nicht an Standesschranken halten und gerne mit Werther freundschaftlichen Umgang pflegen möchten. Werther wird von dem Fürsten auf seine Güter eingeladen, nachdem er seine Stelle bei dem Gesandten gekündigt hat. Anders als der Graf setzt sich der Fürst offenbar weniger aufgrund persönlicher Herzenswärme und Fröhlichkeit, sondern eher aufgrund seiner aufgeklärten und vernunftbetonten Haltung über die Standesgrenzen hinweg. Sein kühler Rationalismus verhindert, dass er und Werther sich persönlich wirklich näherkommen, sodass Werther auch hier letzten Endes enttäuscht abreist.

  • Der Pfarrer von St.. und seine Frau

    Das Pfarrerspaar gehört zu Lottes Vertrauten, wodurch auch Werther mit ihnen bekannt wird. Die beiden leben in einem Ort im Gebirge, etwa eine Stunde von Wahlheim entfernt. Bei einem Besuch lernt Werther sie als warmherzige und bescheidene Menschen kennen, von denen sie gastfreundlich empfangen werden. Durch ihre ungezwungene Art ist mit ihnen echter Austausch in guten Gesprächen möglich. Als Werther im zweiten Teil des Romans nach Wahlheim zurückkehrt, erfährt er, dass die beiden inzwischen verstorben sind.

  • Kinder / Lottes Geschwister

    Lotte hat insgesamt acht jüngere Brüder und Schwestern. Das älteste der Geschwister ist ein etwa fünfzehnjähriger Junge. Längst nicht alle acht Kinder werden im Einzelnen genannt; meistens tauchen sie als Gruppe auf und dienen als Figuren, romantechnisch betrachtet, eher dazu, Lottes mitfühlendes Wesen oder Werthers Kinderliebe zu kennzeichnen, denn als eigenständige Personen eine größere Rolle zu spielen.

    Im Brief vom 6. Juli 1771 geht es um Lottes jüngere Schwestern Marianne und Malgen (moderne Fassungen: Malchen), und die beschriebene Szene lässt darauf schließen, dass es sich bei beiden noch um kleine Kinder handelt. Ausführlicher wird auch der älteste Bruder in der Sterbeszene erwähnt, da er mit besonderer Innigkeit an Werther hängt und bis zu dessen Tod an seinem Bett ausharrt, von dem man ihn mit Gewalt fortreißen muss.

Veröffentlicht am 1. Mai 2023. Zuletzt aktualisiert am 1. Mai 2023.