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Die Leiden des jungen Werthers

Prüfungsfragen

  • Analysieren Sie die Rolle der Natur in dem Werk. Inwieweit überschneidet sich die Natur mit Werthers Gefühlswelt?

    Die Natur spielt eine zentrale Rolle im Roman. Ihre Darstellung spiegelt immer wieder Werthers Empfindungen und seinen Blick auf sein Leben. Ist seine Gedankenwelt finster, so beschreibt er auch das Wetter als unangenehm; ist seine Stimmung gut, so wird die Natur vor ihm als heiter und farbenfroh geschildert. Selbst an nassen Gewittertagen findet er dann Gefallen. Im Laufe der Handlung nehmen die depressiv gefärbten Beschreibungen der Landschaften und der Tier- und Pflanzenwelt zu, ehe sie schließlich in Gleichgültigkeit gegenüber der Natur münden.

  • Beschreiben Sie die Beziehung zwischen Albert und Werther. Kann Albert als Antagonist des Werkes beschrieben werden?

    Eine gewisse Distanz und Eifersucht sind auf Werthers Seite bereits zu bemerken, bevor er Albert kennenlernt. Dennoch wird Albert anfangs von ihm als Freund bezeichnet, und die Beziehung der beiden erscheint auf den ersten Blick harmonisch. Nachdem Werther jedoch zurück nach Wahlheim gekehrt ist, möchte Albert, der inzwischen mit Lotte verheiratet ist, dass seine Frau den Kontakt zu ihm einschränkt.

    Werther hält ihn außerdem für gefühlsarm und glaubt, dass Lotte mit Albert nicht so glücklich sein könne wie mit ihm. Dies ist allerdings ausschließlich die Perspektive des Verliebten. Zwar erscheint Albert als sachlicher und vielleicht ein wenig langweiliger Mann, der in erster Linie auf seine Geschäfte und Verpflichtungen konzentriert ist; als Schurken im Sinne des Antagonisten des klassischen Dramas kann man ihn aber auf gar keinen Fall deuten.

  • Welche Rolle spielt die Ständegesellschaft in dem Werk?

    An mehreren Stellen des Werkes wird gezeigt, wie die Ständegesellschaft den lebendigen Austausch und die Kommunikation zwischen Angehörigen unterschiedlicher Stände verhindert. Personen höheren Standes wollen sich nicht mit denen des niederen Standes umgeben, was umgekehrt dazu führt, dass Menschen niederen Standes Bürgern und Adeligen grundsätzlich misstrauisch begegnen und von vornherein davon ausgehen, diese würden auf sie herabblicken. Beide begegnen einander mit Vorbehalten, was Werther negativ auffällt, und auch er selbst wird zum Opfer von Vorurteilen beider Seiten.

  • Zeigen Sie auf, wie Werthers zunehmende Verzweiflung im Laufe des Werkes verdeutlicht wird.

    Der Wandel in Werthers Gefühlswelt lässt sich zum einen unmittelbar in den Schilderungen seines Innenlebens finden. Anfangs berichtet er Wilhelm vom Glück, Lotte kennengelernt zu haben, später beschreibt er ihm seine Verzweiflung angesichts der unglücklichen Liebe.

    Parallel dazu spiegelt sich sein Leid aber auch in seinen Beschreibungen der Natur wider. Was einst ein Heiligtum für ihn war, verwandelt sich nun in ein bedrohliches Monster. Außerdem bemerkt man einen Umschwung in der Art, wie er neue und alte Orte begrüßt und mit Menschen umgeht. Zu Anfang ist er noch voller freudiger Erwartungen, doch im Verlauf der Handlung will er zunehmend Abstand von allem nehmen und isoliert sich selbst.

  • War die unerwiderte Liebe zu Lotte der einzige Auslöser für Werthers Freitod? Gibt es andere Gründe, aus denen er des Lebens überdrüssig geworden ist?

    Schon zu Beginn des Werkes wird deutlich, dass Werther immer wieder mit negativen Gedanken und Gefühlen zu kämpfen hat. Er selbst sagt zu Wilhelm, dass er sich manchmal in seinen Leidenschaften verliere. Seine unerwiderte Liebe zu Lotte ist zwar wesentlich ausschlaggebend für seinen Entschluss zum Suizid. Es gibt jedoch auch andere Dinge, die ihn zunehmend verzweifeln lassen: die Ständegesellschaft und ihre Demütigungen, die unbefriedigende Arbeit und das damit einhergehende Scheitern in einer Welt, die seinen Wünschen und Idealen verständnislos gegenübersteht.

  • Wurde Werthers Suizid in dem Werk romantisiert?

    In seiner kurzen Einführung sagt der Herausgeber, der Leser solle Trost aus der Lektüre ziehen, falls er sich in einer ähnlichen Lage wie Werther befinde. Angesichts des schrecklichen Endes der Hauptfigur fragt man sich, wie dieser Trost aussehen könnte, wenn er nicht in einer Nachahmung der Tat besteht. Schon die Zeitgenossen diskutierten, ob das Werk den Selbstmord idealisiert, und bis heute gibt es dazu keine einhellige Meinung. Die starke Kritik von Adel und Klerus veranlasste Goethe aber dazu, 1787 eine Neufassung zu schreiben, in der Werthers Selbstmord weit eher als Tat eines Verirrten erscheint als in der Fassung von 1774.

  • Hatte Werther recht mit der Annahme, dass Lotte ihn liebte, oder war das eine Wunschvorstellung von ihm?

    Dadurch, dass in dem Werk fast ausschließlich Werthers Sicht dargestellt wird, ist es schwer zu sagen, welche Gefühle Lotte ihm gegenüber hat. Man erfährt, dass sie immer wieder von Albert spricht, auch schon, bevor dieser von seiner Reise zurückkehrt.

    Jedoch wird auch erwähnt, dass sie auf Wunsch ihrer verstorbenen Mutter mit Albert verlobt ist, dass Albert meistens arbeitet und unterwegs ist, während Werther und Lotte oft miteinander spazieren gehen und viele Wesenszüge und Interessen teilen. Am Ende gibt Lotte außerdem zu, dass sie Werther gern weiterhin in ihrer Nähe hätte. Sie wünscht sich, er wäre ihr Bruder. So könnte sie ohne Konflikte mit Albert in freundschaftlicher und inniger Verbindung zu ihm stehen. Ob sie damit allerdings nur ihre Leidenschaft verbirgt, bleibt ungewiss.

  • Erklären Sie, welche Kontroversen »Die Leiden des jungen Werthers« zur Zeit seines Erscheinens ausgelöst hat. Was hat dazu geführt, dass das Werk in Teilen Europas verboten wurde?

    Das 18. Jahrhundert war von den Moralvorstellungen der Kirche geprägt. In der Ständegesellschaft bildeten die Angehörigen des Klerus den ersten Stand und besaßen damit große Macht. Sowohl der Wunsch des Protagonisten nach einer Liebesbeziehung mit einer verheirateten Frau als auch seine Selbsttötung widersprechen christlicher Ethik und waren mit kirchlichen Grundsätzen unvereinbar. Darum wirkte das Werk skandalös. Zu seinem Verbot führte auch die Tatsache, dass es nach seinem Erscheinen einige Selbstmorde junger Menschen gab, die mit seiner Lektüre in Verbindung gebracht werden konnten.

  • Welche Motive des Sturm und Drang sind in »Die Leiden des jungen Werthers« zu finden? Erklären Sie zudem, welche Bedeutung sie in dem Werk haben.

    Das Motiv der Natur ist eines der Hauptmotive in »Die Leiden des jungen Werthers«. Es wird mit der Gefühlswelt des Protagonisten verknüpft und gibt wieder, wie glücklich oder traurig, zuversichtlich oder resigniert er sich jeweils fühlt.

    Außerdem findet sich das Motiv der Freiheit, das vor allem in Werthers schwierigem Verhältnis zu seiner beruflichen Tätigkeit und den Konventionen der Ständegesellschaft Ausdruck findet, gegen die er vergeblich aufzubegehren versucht.

    Vor allem aber steht im Sturm und Drang das Individuum mit seinen subjektiven Gefühlen im Zentrum. Dieses Motiv ist der Dreh- und Angelpunkt des gesamten Werkes und wird durch Goethes Entscheidung unterstrichen, den Briefroman ausschließlich aus Werthers Perspektive heraus zu konstruieren.

  • Nennen Sie sprachliche Stilmittel des Sturm und Drang, die sich im vorliegenden Werk finden lassen.

    Passend zur subjektiven, gefühlsbetonten und ichbezogenen Sicht Werthers, die seine Briefe durchzieht, finden sich im Roman viele sprachliche Mittel, die das Geschriebene der gesprochenen Sprache annähern und damit Werthers leidenschaftliche Natur zum Ausdruck bringen. Dazu gehören Interjektionen (Ausrufe), direkte Fragen an den Adressanten, Ellipsen (Auslassungen, die durch Gedankenstriche, Klammern oder Punkte ersetzt werden), Inversionen, bei denen die übliche Reihenfolge innerhalb der Syntax umgestellt wird, sowie Parenthesen, also eingeschobene Satzteile, die nicht zur übergeordneten Satzstruktur passen. All diese sprachlichen Mittel lassen Werthers Briefe temperamentvoll, kreativ und ungestüm erscheinen.

Veröffentlicht am 1. Mai 2023. Zuletzt aktualisiert am 1. Mai 2023.