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Torquato Tasso

Sprache und Stil

Das Stück ist vollständig in Blankversen verfasst, also in unregelmäßig kadenzierenden, ungereimten jambischen Fünfhebern (xXxXxXxXxX(x)). Es gibt weder lyrische Einschübe, in denen das Versmaß wechselte und Strophen gebildet würden, noch gibt es Passagen in Prosa. Die Reimlosigkeit wird auch an prägnanten Szenen- oder Aktschlüssen nicht aufgegeben. Unregelmäßig sind einzig vier unvollständige Verse:

»Mir nur zu bald geraubt« (1576), »Der mich zerfleischt« (3300), »Nicht mehr begegnen –« (3402), »Ganz Nichts geworden« (3416). Alle diese Verse sind Tasso zugewiesen, sie sind alle im höchsten verzweifelten Affekt gesprochen: Die drei letzten gehören ja zur Schlussszene.

Der versifikatorischen Strenge entspricht die stilistische Homogenität. Die Diktion ist vornehm und Zeichen der Affektkontrolle, die am Hof geübt und verlangt wird. Selbst der kämpferische Schlagabtausch und die zunehmende Erhitzung der Gesprächspartner drücken sich in der aus der antiken Tragödie stammenden Form der Stichomythie aus. Die in der ersten Szene angedeutete stilistische Pluralität, die Einbindung der niederen und sinnlicheren Genres der Bukolik und Anakreontik, realisiert sich nicht.

Auch die Reduktion des Personals auf nur fünf Figuren des hohen Standes – die völlige Abwesenheit also von Dienern und Dienerinnen, Ammen, Aufwärtern, von Boten, Wachen oder Soldaten – erinnert an die strengen Forderungen der klassizistischen französischen Tragödie (Racine).

Tasso hat eindeutig die größte Neigung zum metaphorischen und allegorischen Sprechen. Im Zusammentreffen mit der Prinzessin etwa vergleicht er ihre Wirkung auf ihn wiederholt und in unterschiedlichen Variationen mit dem Einbruch des Göttlichen in die irdische Existenz. Von ihm stammen einige Passagen, in denen er, ganz um die Detaillierung einer bestimmten Vorstellung bemüht, den Kontakt zum Gesprächspartner für eine Weile zu verlieren scheint (die Vision von dem eigenen Spiegelbild in Szene I, 3, die Evokation der goldenen Zeit in II, 1, die Visionen von seiner Ankunft in Sorrent und von seiner Existenz als Wärter eines verlassenen Lustschlosses in V, 4) – doch interessanterweise gibt es zwei vergleichbare Stellen im Text von Antonio: sein Lob Ariosts natürlich (I, 4), das Tasso goutiert, und die plastische Schilderung von Tassos Verkehr mit seinen Ärzten, die er Alphons gegenüber gibt (V, 1).

Veröffentlicht am 15. April 2024. Zuletzt aktualisiert am 15. April 2024.