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Ruhm

Inhaltsangabe

»Ruhm« gliedert sich in neun Erzählungen, die lose miteinander zusammenhängen. In der ersten Erzählung »Stimmen« ist ein Mann namens Ebling die Hauptfigur, die eines Tages Anrufe bekommt, die offensichtlich nicht für sie bestimmt sind. Eigentlicher Adressat der Anrufe ist ein gewisser Ralf. Die Stimmen von Ebling und Ralf scheinen sich zu ähneln, denn tatsächlich schöpft keiner der Anrufer Verdacht, selbst sehr nahe Bekannte, Freunde und Geliebte nicht. Im Gegensatz zu Eblings Leben ist das von Ralf sehr abwechslungsreich, genau deswegen genießt Ebling es auch, sich in der Illusion zu wiegen, es sei seines. Das geht schließlich so weit, dass Ebling mit den Anrufern interagiert.

In der zweiten Erzählung »In Gefahr« treten als Figuren der fiktionale Schriftsteller Leo Richter und dessen Freundin, die für »Ärzte ohne Grenzen« arbeitende Elisabeth auf. Richter befindet sich auf einer Vortragsreise durch Lateinamerika, Elisabeth begleitet ihn dabei. Während der Reise wird klar, wie neurotisch und unselbstständig Richter im alltäglichen Leben ist. Gleichzeitig gelten seine Erzählwerke als sehr ambitioniert, kontrolliert und ungewöhnlich. Im Gegensatz dazu ist Elisabeth eine äußerst kontrollierte Frau. Auch in extremen Stress-Situationen behält sie die Ruhe. Als einige ihrer Kollegen allerdings entführt werden, droht die Beziehung zwischen den beiden zu scheitern, zu egozentrisch erscheint Elisabeth Richters Verhalten nun.

Die dritte Erzählung »Rosalie geht sterben« handelt von einer unheilbar kranken alten Dame, die sich in einen Schweizer Sterbehilfe-Verein eingeschrieben hat. Die Erzählung begleitet sie bei ihren letzten Verrichtungen, so etwa bei dem letzten Gespräch mit ihrer Nichte Lara Gaspard – bei der es sich, wie man aus »In Gefahr« weiß, um eine Romanfigur Leo Richters handelt. Tatsächlich beginnt Rosalie damit, sich unvermittelt an den Erzähler/Schriftsteller Richter zu wenden. Sie will nicht sterben und verlangt Aufschub. Richter aber winkt ab. In der Schweiz angekommen stellen sich schließlich alle möglichen Hindernisse ein, dann taucht eine Figur auf, die gewisse Ähnlichkeiten mit dem Teufel hat, schließlich lenkt Richter ein und Rosalie muss nicht sterben. Ja, sie wird sogar verjüngt.

In der vierten Erzählung »Der Ausweg« tritt die Figur auf, für die die Anrufe in »Die Stimmen« eigentlich bestimmt waren: der berühmte Schauspieler Ralf Tanner. Tanner leidet an seiner Prominenz. Gleichzeitig ist durch das Verhalten Eblings einiges in Tanners Leben aus den Fugen geraten. Diese beiden Faktoren zusammengenommen sorgen für eine tiefe Entfremdung sich selbst gegenüber. Durch Zufall gerät er unter die Ralf-Tanner-Imitatoren, verliebt sich in eine Frau, die nicht weiß, wer er wirklich ist, und lebt ein Doppelleben. Eines Tages jedoch ist seine wahre Identität von einem anderen Imitator eingenommen worden. Er wird nicht mehr in sein Haus gelassen. Paradoxerweise erscheint ihm das eher als Befreiung.

Die fünfte Geschichte heißt »Osten«. In ihr tritt die Krimiautorin Maria Rubinstein auf, die eine Vortragsreise in einem zentralasiatischen Land unternimmt. Maria unternimmt diese Reise als Ersatz für Leo Richter, der sie aufgrund seiner Erfahrungen in Lateinamerika nicht mitmachen möchte. Die Vortragsreise verläuft ähnlich der Reise aus »In Gefahr«, nur mit dem Unterschied, dass Maria schließlich ohne Visum in dem Land strandet. Bei der korrupten Polizei werden ihr Armbanduhr und Portemonnaie gestohlen, eine Deutsche Botschaft gibt es in dem Land nicht, ihr Handy-Akku geht leer, sodass sie auch ihren Ehemann nicht mehr erreichen kann. Sie wird schließlich von Einheimischen aufgenommen. Dort kann sie arbeiten, bekommt einen Schlafplatz und Essen.

In Erzählung Nummer Sechs, »Antwort an die Äbtissin«, tritt der bereits in mehreren Erzählungen genannte Bestseller-Autor von Lebenshilfe-Büchern Miguel Auristos Blancos auf. Er sitzt am Schreibtisch seines Penthouses in Rio de Janeiro und blickt über das Meer und die Favelas, die auf die Hügel gebaut sind. Er kontrolliert die Post und findet das Schreiben einer Nonne, die ihn danach fragt, wie alles Leid auf der Welt mit der Existenz Gottes vereinbar ist. Widerstrebend beginnt Auristos Blancos mit einer Antwort. Diese schreibt sich dann aber ohne sein Zutun und steht im Widerspruch zum Inhalt aller seiner erfolgreichen Bücher. Deshalb spielt er mit dem Gedanken, Selbstmord zu begehen. So würde er zur Legende werden, denkt er.

Die siebte Erzählung, »Ein Beitrag zur Debatte«, ist als fiktiver Internet-Foren-Eintrag konzipiert, in der der User »mollwitt« (Mollwitz) erzählt, wie er eine Reise unternehmen und einen Vortrag halten musste, dabei Leo Richter traf und versuchte, zu einer Figur des Schriftstellers Richter zu werden. Das geht allerdings schief und »mollwitt« (Mollwitz) resigniert am Ende, findet sich mit seiner unergiebigen Lebensweise ab.

In der achten Erzählung, »Wie ich log und starb«, tritt der Chef von »mollwitt« (Mollwitz) als Ich-Erzähler auf. Man erfährt, dass »mollwitt« Mollwitz heißt und etwas anders aussieht als er es im Forum geschildert hat. Der Ich-Erzähler trägt keinen Namen, man erfährt jedoch, dass er mit einer Frau namens Hannah verheiratet ist, einen Sohn namens Paul hat und eine Tochter, die er nur »die Kleine« nennt. Die Woche über lebt er aufgrund seiner Arbeit nicht bei seiner Familie. Er lernt eine junge Frau, Luzia, kennen und verliebt sich heftig in sie. Seine Beziehung zu ihr ist von einer intensiven Erotik geprägt, die der Beziehung zwischen ihm und seiner Frau Hannah abgeht. Weil er sich aber nicht entscheiden möchte, führt er ein Doppelleben, das schließlich auch eindeutig zu Lasten seines Berufes geht. Die Geschichte hat ein offenes Ende – es könnte sein, dass nun alles auffliegt, es könnte aber auch sein, dass nicht.

Die neunte Erzählung schließlich heißt ebenfalls »In Gefahr«. Diesmal begleitet Leo Richter Elisabeth auf ihre Arbeit mit »Ärzte ohne Grenzen«. Dabei erweist sich Leo als erstaunlich kontrolliert und aufmerksam. Bald aber kommt heraus, dass es sich bei der Erzählung um eine Erzählung von Leo Richter handelt, er ist also Herr der Lage, weil er die Lage überhaupt erschaffen hat. Schließlich zieht sich Richter als Figur zurück und übrig bleiben Lara Gaspard und Elisabeth, deren reales Vorbild auch als Vorbild für Lara fungiert – und umgekehrt.

Veröffentlicht am 18. September 2023. Zuletzt aktualisiert am 18. September 2023.