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Ruhm

Prüfungsfragen

  • Könnte Leo Richter der Autor aller Erzählungen sein?

    Im Prinzip ja, allerdings ist dies wenig wahrscheinlich, schließlich ist er selbst Teil der Diegese und dem diabolus ex machina – also der Chauffeursfigur gegenüber – im Nachteil. Dies lässt darauf schließen, dass er eben nicht ein Schöpfergott ist, sondern auch zum Personal der Erzählungen zu rechnen ist. Dennoch ist seine Macht beträchtlich und damit auch sein Potenzial, Schaden anzurichten. So sperrt er seine Freundin – womöglich aus Rache – in eine seiner Erzählungen ein.

  • Was sagt es aus, dass der Abteilungsleiter als Einziger keinen Namen trägt?

    Es mag wie ein Zufall erscheinen, könnte aber darauf hinweisen, dass der Abteilungsleiter so sehr in seinen Ausreden, die er den beiden Frauen Hannah und Luzia gegenüber äußert, gefangen ist, dass seine Identität darunter leidet. Er weiß gar nicht mehr, wer er eigentlich ist, so wie er vergisst, welche seiner Angestellten er in seinen Erzählungen bereits hat sterben lassen und welche nicht. Zu diesem Existenzverlust würde auch der Name der Geschichte »Wie ich log und starb« passen, denn tatsächlich lügt er zwar permanent, sterben aber tut er nicht. Die Leser erfahren sogar, dass er immer noch lebt – und zwar arbeitslos. Das Sterben des Titels kann also nur metaphorisch gemeint sein und der Verlust der eigenen Existenz ist ein metaphorischer Tod.

  • Welche Rolle spielen moderne Kommunikationsmedien?

    Der Text ist gar nicht so technikkritisch, wie man denken könnte. Gleichzeitig lotet er die Möglichkeiten moderner Techniken auch gar nicht so richtig aus. Die Kommunikationsmittel werden also genannt und sie werden innerhalb der Diegese genutzt, eine wirklich gewichtige, also funktionale Rolle spielen sie aber nicht.

  • Inwiefern handelt es sich bei »Ruhm« um eine Satire?

    Die Charaktere sind ausnahmslos flach gezeichnet, was ein typisches Merkmal von Satiren ist. Auch der groteske Charakter der Stories lässt auf satirische Absicht schließen, denn eigentlich ist es ziemlich grausam, was in diesem Roman geschieht. Ein Selbstmord, mindestens eine mutmaßliche Vergewaltigung in der Ehe, Depressionen, Identitätsdiebstahl, Körperverletzung, Gaslighting, jemand, der in einer Geschichte eingesperrt wird und ein um die Zeche geprellter Taxifahrer: wäre der Text nicht satirisch, wäre er vor allem zynisch.

  • Handelt es sich bei »Ruhm« um einen Roman?

    Im Prinzip liegt keine einheitliche Definition dessen, was Roman genannt werden kann, vor. Im Gegenteil macht den Roman aus, dass er sich großen Gestaltungsspielraumes erfreut. Tatsächlich kann ein Roman – wie dies auch schon vorgekommen ist – ohne Hauptperson auskommen. Es besteht auch keine Pflicht zur linearen Ereignisfolge. Daher kann »Ruhm« durchaus als Roman bezeichnet werden.

  • Inwiefern geht es in »Ruhm« tatsächlich um Ruhm?

    Viele der Geschichten handeln von der Schattenseite von Ruhm. So etwa die Entfremdungserfahrung von Ralf Tanner. Außerdem geht es auch um das Streben nach Ruhm, etwa indem Mollwitz zu einer Figur Leo Richters werden möchte. Insofern geht es in »Ruhm« durchaus auch um Ruhm. Der Text erschöpft sich aber nicht darin.

  • Ist Mollwitz ein unzuverlässiger Erzähler – und wenn ja, woran kann man das feststellen?

    Er ist einer. Das erkennt man schon daran, dass er lügt. Er bezeichnet sich als ziemlich groß, tatsächlich aber ist er klein. Es sei denn sein Abteilungsleiter lügt und verschweigt aus irgendeinem Grund, dass Mollwitz eigentlich sehr groß ist. Das aber ist sehr unwahrscheinlich.

  • Insgesamt gibt es nur vier klare Toponymien – also Ortsnamen – welche Bedeutung könnten die beiden deutschen innerhalb der Erzählung »Wie ich log und starb« haben?

    In »Wie ich log und starb« treten die Toponyme Süddeutscher See und Nähe von Hannover vor. Es wurde sich vermutlich für diese beiden Ortsangaben entschieden, weil so eine möglichst große Distanz evoziert wird. Diese Distanz erscheint sogar fast schon zu groß, dadurch aber, dass noch eine gewisse Unbestimmtheit in den Bezeichnungen ist, erscheint die Distanz gerade noch pro Wochenende – ohne Flugzeug – überbrückbar. Flensburg und Lindau zum Beispiel wären schon zu weit auseinander.

  • Inwiefern ist der Name der Diskothek »Looppool« bezeichnend?

    Auf Deutsch würde der Name Schleifen-Becken heißen können. Tanner befindet sich tatsächlich in einer Lebenssituation, die sich wie eine ewige Schleife anfühlt. Es scheint, als würden in der Diskothek die Fäden zusammenlaufen. Gleichzeitig kann Pool – so etwa in Gen-Pool – auch die Bedeutung Ursprungs-Becken oder Reservoir haben. So gesehen wäre die Disko so etwas wie der Ursprung der Dauerschleife, in der Tanner sich befindet. Es ist ja tatsächlich im Looppool, wo er erst so richtig wahrnimmt, wie defizitär sein Leben eigentlich ist.

  • Werden die Ereignisse linear erzählt? Wenn ja – welche Erzählungen lassen sich einordnen und welche nicht?

    Zwei der Geschichten lassen sich nicht in einen chronologischen Ablauf einordnen: »Antwort an die Äbtissin« und »Rosalie geht sterben«. Die anderen Geschichten hingegen lassen sich wie folgt einordnen:
    Der Beginn von »Wie ich log und starb« ist vom Ende des Textes aus der zeitlich am weitesten zurückliegende Punkt. »Wie ich log und starb« erklärt und kommentiert die Ereignisse aus »Stimmen«, »Ein Beitrag zur Debatte« und »Der Ausweg«. Allerdings sind alle drei Geschichten abgeschlossen, bevor die Erzählung aus »Wie ich log und starb« abgeschlossen ist.
    Die beiden Erzählungen namens »In Gefahr«, die hier in »In Gefahr I« und »In Gefahr II« unterteilt werden, liegen auch nach »Wie ich log und starb«. In »Ein Beitrag zur Debatte« tritt Leo Richter aber auf, sodass er bereits wieder aus Südamerika zurückgekommen sein muss, daraus ergibt sich, dass »In Gefahr I« abgeschlossen ist. Dann folgt »Osten«, »In Gefahr II« allerdings liegt ein Jahr nach dem Ende von »Osten«, also zeitlich nach dem Ende der anderen Geschichten.

Veröffentlicht am 19. September 2023. Zuletzt aktualisiert am 19. September 2023.