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Nathan der Weise

Aufbau des Werkes

Das Stück »Nathan der Weise« ist in fünf Akte gegliedert und folgt somit der klassischen Struktur eines Dramas. Ursprünglich basierte diese Struktur auf den Theorien des griechischen Philosophen Aristoteles, der in seiner »Poetik« drei wichtige Punkte eines Dramas identifizierte: Anfang, Wendepunkt (Peripetie), Ende. Der römische Dichter Horaz baute auf den Ideen des Aristoteles auf und plädierte in seiner »Ars Poetica« für die Einteilung eines Dramas in fünf Akte. 

Jeder der fünf Akte in »Nathan der Weise« ist in mehrere Auftritte eingeteilt. Die Handlung spielt sich größtenteils an wenigen Schauplätzen ab, meist im Hause Nathans oder im Palast Saladins, und das auch nur über einen sehr kurzen Zeitraum: Alles ereignet sich innerhalb eines einzigen Tages. Mit diesem klar gezogenen örtlichen und zeitlichen Rahmen hält sich Lessing ebenfalls streng an die Vorgaben des Aristoteles in seiner »Poetik«.

Die Handlung findet ausschließlich in Dialogform, gelegentlich ergänzt durch Bühnenanweisungen, und in chronologischer Reihenfolge statt. Rückblenden gibt es keine. Die Redeanteile der Charaktere innerhalb der einzelnen Szenen sind in der Regel relativ ausgewogen, mit Ausnahme von Episoden wie beispielsweise Nathans Ringparabel, die etwas mehr Platz einnimmt. 

Auffällig an »Nathan der Weise« ist, dass die Aufmerksamkeit des Publikums sehr auf die Personen gelenkt wird (Pelster, 2002). Aktionsreiche Handlung im traditionellen Sinne gibt es wenig. Stattdessen besteht der Plot des Dramas mehr darin, dass Schritt für Schritt die Lebensgeschichten und Geheimnisse der Akteure offenbarten werden. Spannung wird demnach auch eher durch die psychologische Entwicklung der Protagonisten erzeugt. Zu Anfang betrachten sie sich gegenseitig mit Vorurteilen oder sind gar verfeindet. Erst im Laufe des Stückes öffnen sie sich und sind bereit, miteinander ins Gespräch zu kommen. Am Ende sehen sie sich als eine große Familie. Dementsprechend lässt sich »Nathan der Weise« zurecht als »Personendrama« bezeichnen (Pelster, 2002).

Veröffentlicht am 1. März 2023. Zuletzt aktualisiert am 1. März 2023.