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Nathan der Weise

Prüfungsfragen

  • Welcher literarischen Epoche gehört »Nathan der Weise« an? Begründe deine Antwort.

    Lessings »Nathan der Weise« wurde 1778 verfasst und im Jahr darauf veröffentlicht. Es gehört der Epoche der Aufklärung an und vertritt damit auch die Ideale dieser Bewegung: Humanität, Toleranz und Rationalität. Indem das Stück gängige religiöse Vorurteile adressiert und widerlegt, ermutigt es seine Zuschauer, weniger voreingenommen und stattdessen rational zu handeln. Damit greift Lessing die Aufforderung Kants auf, sich des eigenen Verstandes zu bedienen. Diese stammt aus Kants berühmtem Essay »Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung?« – einem Fundament der Aufklärung.

  • Was ist die Prämisse / zentrale Aussage des Werks?

    Lessing ermutigt sein Publikum, mehr auf den eigenen Verstand zu vertrauen und weniger auf die Vorurteile, mit denen es aufgewachsen ist. In »Nathan der Weise« treffen wir auf eine Reihe von Charakteren, die alle von gewissen religiösen Vorurteilen geprägt sind. Im Laufe des Dramas schaffen sie es jedoch nach und nach, diese Vorurteile abzulegen. Außerdem führt Lessing uns vor Augen, wie wichtig ein Frieden zwischen den drei monotheistischen Religionen des Christentums, Judentums und Islam ist.

  • Handelt es sich bei »Nathan der Weise« um eine Tragödie oder Komödie?

    »Nathan der Weise« wird weder als Tragödie noch als Komödie klassifiziert. Der Untertitel des Werkes lautet lediglich »ein dramatisches Gedicht«. Damit entzieht es sich jeglichen Erwartungen, die mit einer der beiden Kategorien einhergehen würden.

  • Was ist die Aussage der Ringparabel und wieso erzählt Nathan sie?

    Die Ringparabel ist eine Geschichte, die Nathan dem Sultan erzählt. Saladin hat ihn zuvor gefragt, welche die »wahre« Religion sei. Anstatt mit einer einfachen, kurzen Erwiderung auf die Frage einzugehen, antwortet Nathan auf die komplizierte Frage Saladins mit einer Geschichte. Diese ist allgemein als die »Ringparabel« bekannt. Die drei Söhne in Nathans Geschichte stehen für die drei monotheistischen Religionen, und ihr Vater steht für Gott. Die Prämisse der Ringparabel ist, dass jede Religion von Gott gesegnet ist und ihre Daseinsberechtigung hat. Die drei Völker sollten daher aufhören, sich gegenseitig zu bekämpfen. Lieber sollten sie sich alle, wie der Richter es den drei Brüdern in der Geschichte geraten hat, auf ein Leben voller Gerechtigkeit und Liebe, ohne Hass und Vorurteile konzentrieren.

  • Wodurch zeichnet sich die Sprache des Dramas aus? Nenne drei Aspekte.

    Das Drama ist nicht in Prosa, sondern im Blankvers verfasst. Dieser bezeichnet einen ungereimten, jambischen Vers mit fünf Hebungen und weiblicher Kadenz (unbetonte Silbe am Ende). Häufig kommt es vor, dass eine Figur einen Vers beginnt und dieser dann durch eine andere Figur im gleichen Versmaß fortgesetzt wird. Ebenfalls findet sich oft das Stilmittel des Enjambement, was ein Übergehen des Satzes in den nächsten Vers bezeichnet.

    Das Vokabular des Dramas ist geprägt von der Aufklärung. Lessings Sprache reflektiert die Ideale der literarischen Epoche: Offenheit, Toleranz, Bildung und Humanität. So wird viel von der »Klugheit« und »Großmut« Nathans gesprochen. Nathan selbst wiederum stellt die »Menschlichkeit« sehr in den Fokus. Weiterhin wird die Gleichheit und Gleichberechtigung der Religionen großgeschrieben; Nathan träumt von einer »Vereinigung« von Judentum, Christentum und Islam.

    Die Sprache ist außerdem sehr zugänglich und leicht verständlich: Die Sätze sind überwiegend kurz und eher parataktisch, es gibt also wenige Nebensätze. Fremdworte werden selten genutzt und sprachliche Bilder erleichtern das Verständnis.

  • Gibt es in »Nathan der Weise« mehr Monologe oder Dialoge? Was könnte der Grund dafür sein?

    »Nathan der Weise« wird dominiert von Dialogen. Diese Dialoge sind größtenteils im Stile der Erörterung geschrieben. Häufig vertreten die teilnehmenden Charaktere zu Beginn unterschiedliche Ansichten bezüglich eines zentralen Aspekts und kommen dann im Laufe der Unterhaltung zu einer Übereinkunft. Hierbei drängt jedoch keiner der beiden dem anderen seine Überzeugungen auf. Stattdessen wird die Übereinkunft durch logische Erörterung erreicht, was der Unterhaltung einen argumentativen Charakter verleiht. Diese Fähigkeit des Menschen, eigenständig und ohne Hilfe zu Erkenntnissen zu kommen, war ein wichtiges Ideal der Aufklärung. Nathan selbst fungiert als eine Art Katalysator; als zweifellos Weisester von allen verhilft er seinen Mitmenschen zu Einsichten.

  • Was war der konkrete Anlass für Lessing, »Nathan der Weise« zu verfassen?

    Der spezifische Anlass war folgender: Im Vorjahr war Lessing als Folge eines Streits mit dem Hamburger Pastor Johann Melchior Goeze ein Publikationsverbot auferlegt worden (Garland, 1997). »Nathan der Weise« diente Lessing daher nicht nur als aufklärerische Stellungnahme, sondern auch als Angriff auf jenen Pastor Goeze, auf dessen religiöse Intoleranz und Rückständigkeit (Ruth-Ellen, 1997). Dieser lässt sich wohl auch in der Geschichte im Patriarchen wiederfinden.

  • Was war der allgemeinere historische Anlass für das Werk?

    Lessing greift in seinem Drama zeitgenössische Fragestellungen und Problematiken auf: den Absolutheitsanspruch der monotheistischen Religionen, vorherrschende religiöse (insbesondere antisemitische) Vorurteile und Diskriminierung. Lessing kritisiert all das und spricht sich stattdessen für die Ideale der Rationalität, Humanität und Toleranz aus.

  • Was sind die wichtigsten Eigenschaften Nathans?

    Nathan ist bei seinem Volk nicht umsonst als »der Weise« bekannt. Er glaubt an Humanität und Vernunft. Seiner Meinung nach sollten sich Menschen weniger von ihren Vorurteilen leiten lassen und sich stattdessen mehr ihres eigenen Verstandes bedienen. Dazu ermutigt er seine Mitmenschen auch unermüdlich.

    Er selbst hat es bereits geschafft, seine Vorurteile gegenüber anderen Religionen abzulegen. Selbst als seine Frau und Kinder von Christen brutal getötet wurden, hat er danach ein christliches Mädchen (Recha) als Adoptivtochter bei sich aufgenommen. Nathan glaubt an die Menschlichkeit. Für ihn zählt nicht so sehr die Herkunft und gebürtige Religion einer Person, sondern vielmehr die Entscheidungen, die jemand als Erwachsener trifft. Nathan bewertet Menschen nach ihrem Charakter und nicht nach ihrer Religion, und er versucht auch, seine Mitmenschen dazu zu bewegen. Damit zeigt sich Nathan eindeutig als Vertreter aufklärerischer Ideale.

  • Wer ist der Antagonist des Dramas?

    Das Drama hat keinen klar definierten Antagonisten. Am ehesten als solche lassen sich die Charaktere bezeichnen, die so sehr an ihren religiösen Vorurteilen festhalten, dass sie ihren Mitmenschen damit schaden: beispielsweise Daja mit ihrem Beharren auf die Überlegenheit des Christentums. Sie will eigentlich nur das Beste für Recha und nimmt dadurch nicht wahr, wie sehr sie das Mädchen mit ihren Versuchen, ihr eine neue Familie zu suchen, beunruhigt. Ein anderes Beispiel wäre der Patriarch. Er ist so überzeugt vom Christentum, dass er Nathans Entscheidung, Recha als Jüdin aufzuziehen, für eine Sünde erachtet.

Veröffentlicht am 1. März 2023. Zuletzt aktualisiert am 1. März 2023.