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Leutnant Gustl

Prüfungsfragen

  • Charakterisieren Sie Gustls Verhältnis zu Frauen!

    Gustl hält Geschlechtsverkehr für das einzig wahre Vergnügen. Ganz will er sich um eine Frau aber nicht kümmern müssen, deswegen liegt ihm an dem Verhältnis mit Steffi: Sie hat einen Verehrer, der sie aushält, und kann sich nur gelegentlich mit Gustl verabreden. Gustl liebt Steffi nicht. Die Beziehung mit der Frau, die ihm am innigsten zugetan war, beendete er aus Langeweile. Sein Ehrgeiz richtet sich auf ein Verhältnis mit einer Frau der höheren Gesellschaft, wie Frau Mannheimer.

  • Wie sind die familiären Verhältnisse Gustls?

    Alles in allem ist Gustls Verhältnis zu seiner nächsten Verwandtschaft unproblematisch. Er kommt jeden Sommer nach Graz, außerdem wohl an Weihnachten. Ein besonderes Verhältnis hat er zu seiner mit achtundzwanzig Jahren noch ledigen Schwester Klara. Der reiche Onkel hilft ihm aus, wenn er Spielschulden hat.

  • Wie markiert Schnitzler den Text als Gedankenwiedergabe?

    Ein wichtiges Mittel sind die immer wieder zwischen die Sätze gesetzten drei Punkte. Sie deuten auf Kontinuität, Unabgeschlossenheit, auf eine dauernde Schwebe und Vorläufigkeit der Propositionen und Vorstellungen. Sie könnten beinahe durchgehend durch Punkte oder Kommata ersetzt werden, denn Gustl denkt in syntaktisch regelkonformen, meist abgeschlossenen Sätzen.

    Ähnliche Funktion haben die etwas weniger häufig genutzten Gedankenstriche.

  • Welche Bedeutung hat Prszemysl für Gustl?

    Der Dienstaufenthalt in Galizien scheint ein wichtiger Erinnerungskomplex für Gustl zu sein. Immer wieder kommt er darauf zurück. Es handelte sich wohl um einen eigentlich langweiligen, durch klimatische Unannehmlichkeiten gekennzeichneten Aufenthalt, der aber in der Erinnerung Gustls verklärt wird. Er hatte eine Affäre mit der Frau des Hauptmanns und hielt dies offenbar für eine besondere Eroberung; jetzt gesteht er sich ein, dass sie wohl auch mit zwei seiner Kameraden schlief. Außerdem hat er mit einer Prostituierten geschlafen.

  • Charakterisieren Sie den Kern der Handlung der Novelle!

    Es handelt sich um einen Vorgang, der nur im gesellschaftlichen Kontext Bedeutung hat. Die Beleidigung, die Gustl einstecken musste, ist an sich natürlich vollkommen bedeutungslos. Dass sie an der Garderobe niemand mitbekommen hat, kann ihn so lange nicht trösten, wie er befürchten muss, dass der Bäckermeister irgendwann doch davon erzählen wird (eigenartigerweise kommt Gustl nicht auf die Idee, dass er den Bericht Habetswallners einfach bestreiten könnte). Sobald der Bäckermeister aber tot ist, verliert die Beleidigung jede soziale Relevanz, und so sehr hat Gustl den Ehrenkodex dann doch nicht verinnerlicht, dass er sich auch dann noch umbrächte.

    Im Grunde stellt also eine gewisse Möglichkeit und das Zurücknehmen dieser Möglichkeit die ganze Handlung dar.

  • Charakterisieren Sie die innere Chronologie der Novelle!

    Es gibt zwei Ebenen. Auf der ersten Ebene läuft die Zeit streng linear ab. Nur der Schlaf macht den Text unterbrechen. Abgedeckt wird der Zeitraum von viertel vor zehn Uhr abends bis etwas nach Mitternacht, und dann von drei Uhr bis gegen sechs Uhr in der Frühe.

    Auf der zweiten Ebene wird ein (angesichts der Kürze des Textes) relativ detaillierter Abriss des bisherigen Leben Gustls geliefert, jedoch nicht linear, sondern in zerstreuten, das Vergangene hier und da aufgreifenden Gedanken. Hier muss der Leser die Informationen sammeln und die chronologische Ordnung selbst herstellen.

  • Wie motiviert Schnitzler die Uhrzeitangaben in der Novelle?

    Die Motivation und die Umstände bei der Nennung der Uhrzeit variieren stark. Im Konzertsaal müsste der Blick auf die Uhr ihn als unbeteiligten, ja gelangweilten Zuhörer entlarven. Dann aber – so seine Überlegung – entlarvte sich auch derjenige auf die gleiche Weise, der ihn beim Auf-die-Uhr-Sehen beobachtete. Auf dem Weg zur Aspernbrücke hört er eine Turmuhr schlagen und zählt in Gedanken mit (»Wieviel schlagt’s denn?... 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11… elf, elf…« – 346). Auf der Parkbank stellt er nur eine Schätzung an, und als er wieder aufwacht, muss er ein Streichholz benutzen (»Na, brennt eins an?... Drei…« – 356). Am Praterstern sieht er auf die Nordbahnuhr, die die von der Wiener Zeit leicht unterschiedene Bahnzeit anzeigt und kurz, bevor er das Kaffeehaus betritt, scheint er noch einmal auf das Schlagen der Viertelstundenschläge einer Uhr zu hören: »Ist’s schon sechs? – Ah, nein: halb – dreiviertel.«

    Diese Variationen sind sehr wichtig. Der Alltag besteht ja größtenteils aus Wiederholungen. Diese einfach, also realistisch, wiederzugeben, ergäbe einen eintönigen, langweiligen Text. Es gilt daher, Abwechslung zu schaffen und diese zu plausibilisieren.

  • Nennen Sie ein Leitmotiv der Novelle!

    Ein Leitmotiv stellen die wiederholten Versuche Gustls dar, sich die Reaktionen auf die Nachricht von seinem Selbstmord zu vergegenwärtigen. Wie groß wird der Leichenzug sein, wird er nach Graz überstellt werden, wie wird die Steffi, wie werden die Eltern davon erfahren, wird der Kopetzky um acht Uhr schon davon wissen und seinen Unterricht absagen etc. etc. Immer wieder sagt Gustl sich, wie müßig all diese Überlegungen sind, weil er selbst nichts mehr von all diesen Dingen mitbekommen wird, aber er kommt unweigerlich darauf zurück, weil er unfähig ist, anders als in sozialer Perspektive von sich und seinem Tod zu denken.

  • Handelt es sich bei »Leutnant Gustl« um einen sozialkritischen Text?

    Durch ironische Verfahren deutet der Autor auf gewisse Widersprüche im Selbst- und Weltbild seiner Hauptfigur hin. Was aber sollte das genaue Ziel der Kritik sein? Das gesamte Duellwesen, oder nur die Praxis der Ehrennotwehr, oder nur die Notwendigkeit der Ehrennotwehr, um die Satisfaktionsfähigkeit nach einer Beleidigung durch einen Zivilisten wieder herzustellen? Oder kritisiert Schnitzler mit Gustl den Vorteil, den Zivilisten Offizieren gegenüber haben, weil sie nicht zum Duell gefordert werden können? Vom Text allein her lässt sich die Frage nicht eindeutig beantworten. Die zeitgenössische Rezeption beweist, wie viele Anknüpfungsmöglichkeiten die Novelle bietet.

  • Welche Rolle spielt Literatur in »Leutnant Gustl«?

    Literatur spielt in »Leutnant Gustl« überhaupt keine Rolle. Gustl ist ein gänzlich unbelesener Mensch. Das einzige Buch, das erwähnt wird, »Durch Nacht und Eis«, ist der Bericht einer Polarexpedition – auch das hat er nicht zu Ende gelesen, weil ihm seine Lebensform keine Zeit zum Lesen lässt.

Veröffentlicht am 28. Dezember 2023. Zuletzt aktualisiert am 28. Dezember 2023.