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Der Schimmelreiter

Figuren

Figurenkonstellation

Der Schimmelreiter – Figurenkonstellation
  • Ich-Erzähler der äußeren Rahmenhandlung

    Namenloser Ich-Erzähler, der nur in der äußeren Rahmenhandlung auftritt. Ein bereits älterer Mann, der sich an die Zeit seiner Jugend vor über 50 Jahren erinnert, als er im Haus seiner Urgroßmutter eine Geschichte in einer Zeitschrift las, die er sein ganzes Leben über nicht mehr vergessen sollte. Nun gibt er sie aus der Erinnerung wieder. Da er die Zeitschrift mit der Geschichte nie mehr wiederfinden konnte, setzt er gleich als Warnung hinzu, dass er ein unzuverlässiger Erzähler sei, da er sich für die Wahrheit der Tatsachen nicht verbürgen könne.

  • Reisender (Ich-Erzähler innere Rahmenhandlung)

    Unbekannter, namenlos bleibender Reisender und Ich-Erzähler der Geschichte in der Zeitschrift, die der erste Ich-Erzähler in seiner Jugend liest.
    Er ist in geschäftlichen Dingen unterwegs vom Hof seiner Verwandten in den »nördlicheren Harden« (10) in die weiter im Süden liegende Stadt, als er in einer Sturmnacht auf dem Deich die unheimliche Begegnung mit dem Schimmelreiter hat. In einem Wirtshaus erfährt er dann vom pensionierten Schulmeister dessen Geschichte. Er gibt nicht offen zu erkennen, ob er eher der rationalen Sichtweise auf das Geschehen, die der Schulmeister vertritt, anhängt, oder der des Deichgrafen, der an die Existenz des vor Unheil warnenden Schimmelreiters glaubt und vor allem dem Augenschein traut. Am nächsten Morgen, nachdem sich der Sturm gelegt hat, kann er seine Reise auf dem Deich fortsetzen.

  • Schulmeister (Erzähler Binnenhandlung)

    Pensionierter Schulmeister im Marschdorf, in dem der Reisende vor dem Sturm im Wirtshaus Zuflucht sucht. Er hat in seiner Jugend Theologie studiert, ist dann jedoch wegen einer aufgelösten Verlobung in seinem Heimatort hängengeblieben und dort Schulmeister geworden. Er wird vom Deichgrafen als »Aufklärer[ ]« (136) bezeichnet und bemüht sich, die Geschichte Hauke Haiens ohne den Aberglauben, das Geschwätz der Dorfbewohner, zu erzählen, sondern sich an die Fakten zu halten.
    Er ist in dieser Einstellung der Weltsicht des Hauke Haien ähnlich, den er als »tüchtigen Kerl« bezeichnet, der, »nur weil er uns um Kopfeslänge überwachsen war, zum Spuk und Nachtgespenst [gemacht wurde]« (135).

  • Deichgraf (innere Rahmenhandlung)

    Als der Deichgraf der inneren Rahmenhandlung im Wirtshaus von dem unbekannten Reisenden von seiner Begegnung mit dem unheimlichen Reiter auf dem Deich hört, erschrickt er und denkt sofort an den Schimmelreiter.
    Im Gegensatz zum alten Schulmeister, den er mit der Erzählung dieser Legende beauftragt, glaubt er an das Auftauchen des Deichgespenstes, der die Bewohner des Marschlandes bei Gefahr für ihre Deiche warnt. Damit bildet er einen Gegensatz zur rational-aufklärerischen Weltsicht des Schulmeisters. Der Deichgraf dagegen traut seinen Augen, er glaubt also auch an den Wahrheitsgehalt des Wiedergängers Hauke Haien. So sagt er zum Abschied zum unbekannten Reisenden: »Sie können Ihren eigenen Augen doch nicht mißtrauen; und drüben an der anderen Seite, ich sagte es ja voraus, ist der Deich gebrochen!« (136)

  • Hauke Haien

    Hauke Haien ist die Hauptperson der Novelle, die Binnenhandlung erzählt seine Lebensgeschichte, in der (inneren) Rahmenhandlung taucht er als Deichgespenst wieder auf.
    Hauke wächst alleine mit seinem Vater als Sohn eines Kleinbauern auf. Von Jugend auf zeigt er großen Wissensdurst, Ehrgeiz und ein ausgeprägtes mathematisch-technisches Talent. Im Selbststudium liest er Euklid, nachdem er sich zunächst Holländisch beigebracht hat, um die holländische Ausgabe, die er auf dem Dachboden seines Vaters findet, lesen zu können.
    Er sondert sich bewusst von seinen Altersgenossen ab und verbringt seine Zeit lieber alleine auf dem Deich und am Wattenmeer, vertieft in seine Berechnungen darüber, wie ein beständigerer Deich mit einem abgeflachten Profil gebaut sein müsste. Früh zeigen sich dabei auch Züge von Hybris und Überheblichkeit, mit denen er sich sowohl dem Meer und der Natur, als auch den ihn umgebenden Menschen entgegenstellt und sich allem enthoben fühlt. Auch Züge von unkontrollierbarer Wut und Aggression weist Hauke auf, in dem er nicht nur mit kleinen Steinen Jagd auf kleine Vögel am Strand macht, sondern auch den geliebten Angorakater von Trien’ Jans erwürgt, als der ihm einen erbeuteten Vogel abjagt.

    Mit dieser Tötung des Katers endet die frühe Phase von Haukes Jugend, er wird nun Kleinknecht beim Deichgrafen und kann hier seine Kenntnisse und mathematische Begabung unter Beweis stellen. Es ist der erste Schritt zu seinem sozialen Aufstieg, der ihn seinem Traum näher bringt, Deichgraf zu werden. Hier lernt er auch Elke, die Tochter des Deichgrafen kennen, die später seine Frau und die engste Vertrauensperson in seinem Leben wird. Beides, sowohl seine privilegierte Stellung auf dem Hof des Deichgrafen, als auch die Zuneigung Elkes, trägt Hauke den Neid des Großknechts Ole Peters ein, was eine lebenslange Feindschaft der beiden bedingt.

    Nachdem Hauke zur Unterstützung seines Vaters auf dessen kleinen Hof zurückgekehrt ist und dieser kurz darauf stirbt, isoliert Hauke sich immer mehr von seinen Mitmenschen. In ihm wächst das Misstrauen gegen alle, »denn sie wollten ihn vom Amte drängen, zu dem von Allen nur er berufen war« (57). So trägt Hauke immer mehr »Ehrsucht und [...] Haß« (ebd.) im Herzen. Als er mit nur 24 Jahren schließlich Deichgraf wird, bedeutet das auch eine Änderung in der bis dahin hierarchisch-ständisch organisierten Dorfgesellschaft, in der das Amt des Deichgrafen immer vom Vater zum Sohn vererbt wurde und an Besitz geknüpft war. Da jedoch neben seiner Kompetenz und Begabung auch das auf ihn übertragene Erbe seiner Frau Elke ausschlaggebend ist, bleibt in Hauke das Gefühl der Feindschaft von Seiten der Dorfgemeinschaft erhalten, die ihm das Amt nicht gönnt und seine Fähigkeiten und Leistungen nicht anerkennt.

    Dies trägt zu seiner immer größeren Isolierung aus der Dorfgemeinschaft bei, die in ihm nach sieben Jahren im Amt schließlich den Wunsch entstehen lässt, seine Kompetenz für alle sichtbar in seinem Lebensprojekt, dem Neubau eines Deiches nach neuesten technischen Erkenntnissen und mit einem flachen Profil unter Beweis zu stellen. Von Anfang an ist dieses Projekt nicht nur mit dem Ziel der Landgewinnung und der Erhöhung des Schutzes der Menschen im Marschland verbunden. Hauke will sich damit auch selbst ein Denkmal setzen, das seinen Ruhm über seinen Tod hinaus sichern soll. Als der Deich schließlich gegen alle Widerstände durchgesetzt ist und das Bauwerk steht, ist Hauke auf dem Höhepunkt seiner Laufbahn als Deichgraf angekommen, er erhebt sich in Gedanken gar zum Erbauer eines »achten Weltwunder[s]« (104). Zudem ist dieses Projekt der Landgewinnung für Hauke auch finanziell interessant, da er bereits einen großen Teil der Anteile am neu entstehenden Koog besitzt.

    Neben seiner Isolierung von fast allen seinen Mitmenschen und seinem zunehmend herrischen Verhalten gegenüber seinen Dienstboten und den Deicharbeitern, steht die kontinuierliche große Liebe und Vertrautheit seiner Familie, der Frau Elke und der Tochter Wienke gegenüber, wie auch sein Mitleid gegenüber Tieren wie dem Schimmel und dem kleinen gelben Hund, den er aus dem Deich rettet.

    Durch den Kauf des Schimmels unter merkwürdigen Umständen, der mit den unheimlichen Ereignissen auf Jevershallig verbunden ist, wird Hauke für die Dorfbewohner zunehmend zu einer dämonischen Figur, die mit dem Teufel im Bunde steht. Hauke jedoch, der ein rein rational ausgerichtetes, aufgeklärtes Weltbild vertritt, hat für die noch magisch bestimmte Naturauffassung der Dorfbewohner, die dem Aberglauben, Legenden und Ritualen anhängen, kein Verständnis. Er ist der Ansicht, die Natur lasse sich mit dem technischen Fortschritt beherrschen und lehnt daher magische Rituale wie das Deichopfer ab.

    Eine doppelte Fehlentscheidung führt schliesslich zu Haukes Sturz und Selbstmord. Zum einen unterschätzt er die Schäden am alten Deich und stimmt in einem Moment der Schwäche Ole Peters zu, die notwendigen Reparaturen nur oberflächlich auszuführen, obwohl er eigentlich weiß, dass dies im Falle einer großen Sturmflut zur Katastrophe führen kann. Zudem stellt er sich in der Sturmnacht gegen die von Ole angeordnete Durchstechung seines neuen Deiches, um einen Durchbruch des alten Deiches noch im letzten Augenblick zu verhindern. Durch beides hat er schwere Schuld auf sich geladen, was der Grund dafür ist, dass er nach seinem Tod als Wiedergänger auftaucht, der vor Gefahren am Deich warnt.

  • Tede Haien

    Haukes Vater ist eigentlich ein einfacher Marschbauer, besitzt jedoch ein großes Wissen im Landvermessen und im Deichwesen. Er wird auch als klügster Mann im Dorf bezeichnet.
    Er lebt mit Hauke alleine, von dessen Mutter erfährt man nichts. Anfangs unterstützt er Hauke in seinem Ehrgeiz und Lerneifer, von ihm erhält dieser auch die so prägende Lektüre des Lehrbuchs von Euklid. Später wird ihm jedoch klar, dass er eher eine auf dem Hof und am Deich helfende Hand benötigt und er versucht die rein intellektuellen Interessen des Sohnes zu bremsen, indem er ihn zur schweren körperlichen Arbeit am Deich verpflichtet. Das bringt Hauke jedoch nicht davon ab, sich bei jeder Gelegenheit wieder in den Euklid zu vertiefen und seine Berechnungen anzustellen.
    Nachdem Hauke den Angorakater von Trien‘ Jans erschlagen hat, erkennt der Vater, dass es Zeit sei, dass der Sohn seinen eigenen beruflichen Weg gehe. Er hilft ihm, die Stelle des Kleinknechts beim Deichgrafen zu erhalten. Kurz vor dem Tod des Vaters verlässt Hauke seine Stelle und kehrt zurück in sein Elternhaus, um dem alten und kranken Vater auf dem Hof zu helfen. Nun erfährt er, dass der Vater, der seinen ehrgeizigen Wunsch, einmal Deichgraf zu werden, früher eher verspottet hat, in den letzten Jahren ein sehr sparsames Leben geführt hat, um Haukes Erbe zu vergrößern und ihm so einen Grundstein zu seinem sozialen Aufstieg in der Gesellschaft zu ermöglichen.

  • Elke Volkerts

    Elke ist die Tochter des alten Deichgrafen Tede Volkerts und spätere Frau Haukes. Die beiden lernen sich während Haukes Zeit als Kleinknecht beim Deichgrafen kennen. Es verbindet sie ihre mathematische Begabung, aufgrund derer sie beide den überforderten Deichgrafen bei seinen Amtsgeschäften unterstützen. Auch sonst wird Elke als klug und selbstbewusst beschrieben.
    Sie fühlt sich gleich zu Hauke hingezogen und lehnt alle Annäherungsversuche von Ole Peters ab, der ebenfalls an ihr interessiert ist. Da er Hauke stets die schwersten Arbeiten auflädt, nimmt sie ihn in Schutz. Auch später beim Winterfest »Eisboseln« greift sie ein und zieht den Hauke vor seinem letzten Wurf belästigenden Ole zurück. Nach seinem Sieg beim Winterfest bekennen sich Hauke und Elke das erste Mal zueinander.
    Elke sieht ihr Leben nach ihrer Hochzeit mit Hauke ganz der Unterstützung ihres Mannes gewidmet, zu dem sie durch alle Schwierigkeiten hindurch immer treu hält.
    Bereits vor der Hochzeit, bei der Trauerfeier für ihren Vater, als die Gevollmächtigten über einen möglichen neuen Deichgraf sprechen, hält sie zu Hauke, indem sie in das Gespräch eingreift und ihre Verlobung offenbart. Da sie zusagt, Hauke noch vor der Hochzeit ihren Besitz zu übertragen, ermöglicht sie ihm überhaupt erst, Deichgraf zu werden.
    Später wird sie zur wichtigsten Ratgeberin ihres Mannes, der schwierige Fragen und Konflikte immer mit ihr bespricht. So rät sie ihm zwar davon ab, das Projekt eines Deichneubaus in Angriff zu nehmen, denn sie weiß: »Das ist ein Werk auf Tod und Leben; und fast Alle werden dir entgegen sein, man wird dir deine Müh und Sorg nicht danken!« (70) Als er sich aber dennoch dazu entscheidet, unterstützt sie ihn auch hier in jeglicher Weise und steht alle Anfeindungen an seiner Seite durch. Auch Haukes zunehmende Zurückgezogenheit und Schweigsamkeit, in der auch sie ihn kaum noch sieht, trägt sie ohne Klagen und versucht bei den Dienstboten, Haukes zunehmend herrischer und aggressiver werdende Behandlung auszugleichen.
    Ihr soziales Engagement zeigt sich auch in ihrer Hilfe für die alte Trien’ Jans, die sie am Ende ihres Lebens in ihr Haus aufnimmt.
    Elke wünscht sich lange Jahre vergeblich ein Kind, bis im neunten Jahr der Ehe dann Wienke geboren wird. Beide Eltern lieben ihr Kind sehr und gestehen sich erst sehr spät ein, dass Wienke geistig behindert ist.
    Für Hauke sind seine Frau Elke und die Tochter Wienke das Glück und der Sinn seines Lebens. Als er Elke in der Sturmnacht mit Wienke im Wagen in Richtung des Deiches jagen und vor seinen Augen in der Sturmflut ertrinken sieht, hat sein Leben keinen Sinn mehr und er stürzt sich ihr hinterher ins Meer. Es bleibt unklar, warum Elke, entgegen Haukes Anweisung, in der Nacht der Sturmflut das sichere Deichgrafenhaus verlässt und, wohl auf der Suche nach Hauke, in Richtung Meer und damit in Richtung ihres Untergangs fährt. Wie Hauke endet auch sie damit als tragische Figur, denn ihre Entscheidung, ihn zu suchen, vielleicht auch zu retten, bedingt erst seinen Tod.

  • Tede Volkerts

    Elkes Vater, der alte Deichgraf hat diese Stellung weniger durch Eignung, als vielmehr als Erbe seines Vaters und Großvaters erhalten. Er ist eher dem gemächlichen Leben und dem guten Essen zugetan und seine technischen Kompetenzen und intellektuellen Fähigkeiten sind eher eingeschränkt. Bevor Hauke als Kleinknecht auf seinen Hof kommt, müssen ihm daher der Schulmeister und die Tochter Elke bei den Verwaltungsaufgaben und den Deich- und Sielrechnungen helfen. Tede Haien bezeichnet ihn daher auch als »Dummkopf« (27), der nur aufgrund seines Besitzes und seiner Abstammung im Amt des Deichgrafs ist.
    Hauke Haien mit seiner herausragenden rechnerischen Begabung wird dann die größte Stütze des alten Deichgrafen, sogar dann noch, als er seinen Hof bereits wieder verlassen hat. Damit erarbeitet er sich dort in kurzer Zeit eine wichtige Position, auf die Ole Peters mit Eifersucht reagiert. Das Lob für seine seit Haukes Mithilfe verbesserte Verwaltung erhält dennoch der Deichgraf, der seinen Vorgesetzten gegenüber auch nie Haukes Mithilfe erwähnt, auch wenn alle im Dorf wissen, was dahintersteckt.
    Elke gesteht ihrem Vater nie, dass sie heimlich mit Hauke verlobt ist, da sie annimmt, dass ihr Vater dieser Hochzeit aufgrund der Standesunterschiede zwischen ihnen beiden nicht zustimmen würde. Die Hochzeit kann daher erst ein Jahr nach seinem Tod stattfinden.

  • Wienke

    Die kleine Tochter von Elke und Hauke wird nach neun Ehejahren, inmitten der Bauarbeiten für den neuen Deich geboren, als sie die Hoffnung auf ein Kind schon fast aufgegeben hatten.
    Nach ihrer Geburt erkrankt Elke am Kindbettfieber, das sie nur knapp überlebt. Trotzdem das Kind gesund ist, wird bereits von Anfang an darauf verwiesen, dass es etwas Besonderes mit diesem Kind auf sich hat, denn »sein Geschrei war wunderlich verhohlen und hatte der Wehmutter nicht gefallen wollen« (93).
    Tatsächlich wird schon in den ersten Lebensjahren deutlich, dass Wienke dem Entwicklungsstand der anderen Kinder in ihrem Alter hinterher ist. Oft reagiert sie nicht auf Außenreize, sieht nur mit stumpfem Blick vor sich hin und antwortet auch nicht. Für die alte Trien‘ Jans, die sich ihrer am Ende ihres Lebens annimmt, ist dies eine Strafe Gottes für Haukes Vergehen (vgl. 107). Wienke ist sehr anhänglich und liebevoll ihren Eltern gegenüber, die sie ebenfalls sehr lieben. Die Eltern gestehen sich die geistige Behinderung von Wienke erst spät ein. Ihre besten Spielkameraden sind die Lachmöwe Claus, die die alte Trien‘ mit ins Haus gebracht hat und der kleine gelbe Hund, den Hauke davor gerettet hat, in den Deich eingebaut zu werden.
    Sie hat im Gegensatz zu Hauke einen Zugang zur magischen Welt des Aberglaubens, für den Trien‘ Jans steht, die ihr oft alte Sagen und Legenden erzählt, die für Wienke zur Wirklichkeit werden.

  • Trien’ Jans

    Die alte Trien‘ Jans lebt alleine mit ihrem großen weißen Angorakater in einer kleinen Kate auf dem Deich. Seit ihr Sohn im Meer vor Jevershallig ertrunken ist, hat sie nur noch den Kater, der ihre letzte Erinnerung an den Sohn ist, da er ihn ihr von einer Seereise mitgebracht hat. Daher verflucht sie Hauke in ihrem Schmerz über den Verlust des Katers, den dieser in einem Wutanfall erwürgt. Ihre Beschwerde bei Haukes Vater führt dazu, dass Hauke von Zuhause auszieht und seine Lehrzeit beim Deichgrafen beginnt.
    Sie steht damit nicht nur in enger Beziehung zu Hauke Haien und dessen Vater, sondern auch zur Familie von Elke Volkerts, da sie bei ihrem Großvater als Dienstmagd gearbeitet hat. Da sie am Ende ihres Lebens mit 80 Jahren nicht mehr alleine in ihrer Kate leben kann, nimmt Elke sie zu sich ins Haus des Deichgrafen auf. Dort entwickelt sich zwischen ihr und der Tochter Wienke ein enges Verhältnis.
    Trien‘ Jans ist ganz von dem magisch-vormodernen Weltbild geprägt, in dem Aberglaube und Rituale eine große Rolle spielen. Sie erzählt daher auch der kleinen Wienke oft Sagen und Legenden, wie die vom Wasserweib, was Elke und Hauke, die die rational-aufgeklärte Weltsicht vertreten, ihr verbieten. So bezeichnet Hauke sie noch nach ihrem Tod als »alte Hexe« (122).
    Auf ihrem Sterbebett will sie noch einmal aus dem Fenster, aufs Meer und in Richtung der Jevershallig blicken, vor der ihr Sohn ertrunken ist. Durch die Spiegelung scheint das Meer über den Deich zu steigen und Trien‘ sagt in einer Vision die kommende Sturmflut vorher und bittet Gott, die Menschen zu verschonen.

  • Ole Peters

    Ole Peters ist Hauke Haiens größter Widersacher. Er versucht im Laufe der Novelle alles,
    um Hauke Haiens Pläne zum Scheitern zu bringen, vor allem sein Lebensprojekt des Deichneubaus. Er ist es auch, der das Dorf gegen Hauke aufbringt, seine Stellung und Kompetenz als Deichgraf durch die Verbreitung seiner Ansicht, Hauke sei nur »von seines Weibes wegen« (66) in dieses Amt gekommen. Und er verbreitet später das Gerücht, der in engem Bezug zu Hauke stehende Schimmel sei ein Teufelspferd.

    Ihre Feindschaft beginnt bereits in Haukes Jugend, als er Knecht beim alten Deichgraf ist und damit Untergebener des damaligen Großknechts Ole Peters. Dieser versucht ihm bei jeder Gelegenheit die schwersten Arbeiten aufzubürden, da er eifersüchtig auf Haukes herausgehobene Rolle beim Deichgrafen ist, der über die Unterstützung durch Haukes Rechentalent und sein detailliertes Wissen über den Deich und seine Anwohner sehr dankbar ist. Vor allem ist aber auch Elke der Grund seines Neides auf Hauke, für die Ole sich ebenfalls interessiert, die sich aber zu Hauke hingezogen und mit ihm verbunden fühlt.
    Ole Peters wird als »tüchtiger Arbeiter und [...] maulfertiger [schlagfertiger] Geselle« (32) vorgestellt, Hauke ist ihm intellektuell weit überlegen.
    Ole versucht auch, Hauke vom Winterfest des »Eisboselns« auszuschließen, das Hauke dann jedoch schließlich gewinnt und an diesem Abend auch Elke endgültig für sich gewinnt. In der Folge heiratet Ole Vollina, die Tochter eines Deich-Gevollmächtigten, durch die Ole, der Sohn eines Tagelöhners, schließlich auch einen sozialen Aufstieg erfährt und nach Jewe Manners Tod schließlich dessen Posten übernimmt und selbst Deich-Gevollmächtigter wird.
    In dieser Position hat er dann noch mehr Einfluss, um gegen Hauke zu intrigieren und seine Projekte zu hintergehen. So führt er beim Deichbau-Projekt das Lager der Gegner lautstark an. Auch sabotiert er Haukes Ruf, in dem er ihm in einer entscheidenden Sitzung fälschlicherweise vorwirft, den neuen Deich und damit die Eindeichung des neuen Kooges nur aus Eigennutz zu betreiben, da er selbst die meisten Anteile an dem neu entstehenden Weideland besitze und ihm, schon im Wissen um das neue Projekt, seine eigenen Anteile in dieser berechnenden Absicht rechtzeitig abgekauft hätte, um so selbst am meisten Profit aus dem neuen Koog zu schlagen (vgl. 90). Dabei verschweigt er, dass er seine Anteile freiwillig und nach eigenen geschäftlichen Problemen an Hauke verkauft hat.
    Bezeichnenderweise ist es dann ausgerechnet der Rat von Ole Peters, den alten Deich nur oberflächlich zu reparieren, der die Basis für die Katastrophe in der Nacht der Sturmflut legt. Dieses eine Mal hört Hauke, geschwächt von langer Krankheit, auf ihn und nicht auf die eigene Intuition, nach der er eigentlich um die Gefahr weiß, in der die ganze Dorfgemeinschaft durch den beschädigten alten Deich und den neu aufgetretenen gefährlichen Priel schwebt. Die Schuld, die Hauke damit auf sich lädt und die schließlich zu seinem Scheitern und seinem Selbstmord führt, ist also auch aufs Engste mit Ole verbunden.
    In der Nacht der Sturmflut gibt Ole dann unabgesprochen die widerrechtliche Anweisung, den neuen Deich zu durchstechen, um den alten Deich zu retten und so einen Deichbruch noch im letzten Moment zu verhindern. Dem stellt sich Hauke, auch aus egoistischen Motiven, um sein Vermächtnis und Lebenswerk nicht zu gefährden, entgegen und trägt damit zur endgültigen Katastrophe des Deichbruch und Überflutung des Marschlandes bei.

  • Jewe Manners

    Jewe Manners ist der Pate von Elke und ein Freund ihres Vaters, des Deichgrafen. Er ist bereits in Haukes Jugendzeit ein alter Mann mit weißen Haaren und seit langen Jahren Deich-Gevollmächtigter und einer der wenigen Vertrauten Hauke Haiens. Er unterstützt bereits Haukes Ernennung zum Deichgraf und seine Hochzeit mit Elke. Später ist er einer der wenigen Unterstützer bei dessen Projekt eines Deichneubaus. Da er bereits seit vielen Jahren als Deich-Gevollmächtigter aktiv ist, ist er überall anerkannt und wird aufgrund seiner Erfahrung geschätzt. Er wirkt auch beschwichtigend auf die vielen Gegner des Deich-Neubaus ein und ruft zur Unterstützung des Projekts auf. Er ist sogar so überzeugt von der Konstruktion des neuartigen Deichprofils, dass er auf der entscheidenden Versammlung vorhersagt:

    Den Deich, den Hauke Haien nach ihm von Gott verliehener Einsicht projektiert [...], den wird Niemand von Euch Lebenden brechen sehen; und wollt Ihr ihm selbst nicht danken, Euere Enkel werden ihm den Ehrenkranz doch einstens nicht versagen können! (86)

    Nach dem Tod von Jewe Manners im Winter nach Wienkes Geburt wird ausgerechnet Haukes Widersacher Ole Peters sein Nachfolger als Deich-Gevollmächtigter. Damit hat Hauke in diesem Kreis der einflussreichsten Menschen im Dorf keine Unterstützer und Fürsprecher mehr. Lediglich ein alter Freund von Jewe Manners übernimmt dessen Rolle in der Szene des »Deichopfers«, als sich Hauke gegen das Opfer des Hundes beim Deichbau zur Wehr setzt und dieser ihm rät, dem Aberglauben der Arbeiter, unter denen er keine Freunde habe, lieber zu akzeptieren.

  • Carsten John und Iven Johns

    Carsten ist Dienstjunge beim Deichgraf Hauke Haien, Iven ist sein Knecht.
    Zwar treten beide nur kurz als Nebenfiguren auf, spielen aber eine bedeutende Rolle. Die beiden beobachten in mehreren Nächten die unheimlichen Geschehnisse auf Jevershallig um das Pferdegerippe, das dort liegt, in Mondnächten aber vom Festland aus wieder lebendig zu werden scheint. Beide können sich die Vorfälle nicht erklären und beschließen, zunächst darüber zu schweigen.

    Als Hauke Haien den Schimmel erwirbt, erinnert dieser den Dienstjungen Carsten gleich an das auf der Hallig umgehende Geisterpferd. Als dieses kurz darauf verschwunden ist, ist Carsten überzeugt, dass es wieder lebendig geworden ist und nun im Stall des Deichgrafen steht. Zwar verweist Iven diese Gedanken ins Reich des Altweiberglaubens, doch Carsten hält daran fest, dass »der Teufel in dem Schimmel steckte« (84). Dies macht ihm so viel Angst, dass er seine Stelle bei Hauke Haien aufgibt und sich bei Ole Peters als Knecht einstellen lässt. Hier ist er dann die Quelle für die weitere Verleumdung Hauke Haiens, da er allen erzählt, dass der Schimmel ein Teufelspferd sei.

Veröffentlicht am 8. Januar 2024. Zuletzt aktualisiert am 8. Januar 2024.