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Frühlings Erwachen

Zitate und Textstellen

  • »Wer weiß - vielleicht werde ich nicht mehr sein.«
    – Wendla, 1,1 im Gespräch mit Frau Bergmann

    Mit dieser Aussage wird erstmals das Motiv des Suizids aufgegriffen, welches sich durch das gesamte Drama zieht. Wendla gibt vor ihrer Mutter preis, dass sie in ruhigen Momenten düstere Gedanken plagen. Dieser Hang zu Grübeleien ist darüber hinaus kennzeichnend für die Pubertät.

  • »Gewissensbisse?? - - - Todesangst!«
    – Moritz, 1,2

    Hier wird Moritz' Verunsicherung hinsichtlich der altersbedingten körperlichen und hormonellen Veränderungen besonders deutlich. Die ersten männlichen Regungen lösen in ihm eine derartige Angst aus, während der jüngere Melchior vergleichsweise entspannt reagiert. Moritz' instabile mentale Verfassung wird in dieser Szene veranschaulicht, ebenso wie der herrschende moralische Zwang, der Sexualität verteufelt.

  • »Wenn ich nicht promoviert worden wäre, hätte ich mich erschossen.«
    – Moritz, 1,4

    Dieses Zitat enthält die erste explizite Selbstmordankündigung Moritz'. Wenn er nicht in die nächste Klasse versetzt worden wäre, hätte er sich das Leben genommen. Die unverhältnismäßige Reaktion auf eine gefährdete Versetzung veranschaulicht den erheblichen Leidensdruck, dem er durch die Erwartungen seiner Eltern und Lehrer ausgesetzt ist.

  • »Es gibt keine Aufopferung! Es gibt keine Selbstlosigkeit.«
    – Melchior, 1,5

    Melchiors wacher und kritischer Verstand werden deutlich. Er hinterfragt die gesellschaftlichen und religiösen Strukturen und kommt zu dem Schluss, dass jeder Mensch aus Egoismus handelt. Melchior lässt sich gleichzeitig als wissbegierig, aber auch als melancholisch und pessimistisch charakterisieren. Gegenüber der christlichen Wendla, die aus Freuden Nächstenliebe praktiziert, äußert er seine atheistische Weltanschauung.

  • »Würdest du mich nicht einmal damit schlagen?«
    – Wendla, 1,5

    Diese Textstelle veranschaulicht Wendlas masochistische Neigung. Sie entwickelt erste sexuelle Bedürfnisse und bemerkt, dass sie sexuelle Lust durch Schmerzen empfindet. Gleichzeitig könnte Wendlas Neigung dafür stehen, dass sie an der Autorität der Mutter und ihrer eigenen Abhängigkeit festhält. Sie ordnet sich unter, um die innige Beziehung aufrechtzuerhalten. In jedem Fall greift die Tragödie mit dieser Thematik ein weiteres Tabuthema auf.

  • »Aber es geht ja nicht, Kind! - Ich kann es ja nicht verantworten. - Ich verdiene ja, dass man mich ins Gefängnis setzt – dass man dich von mir nimmt...«
    – Frau Bergmann, 2,2

    Frau Bergmann verweigert Wendla die ersehnte sexuelle Aufklärung. In diesem Zitat wird ihre Angst davor deutlich, ihre Tochter aufzuklären. Diese könnten von den Glaubenssätzen herrühren, die Frau Bergmann während ihres eigenen Lebens durch Erziehung sowie gesellschaftliche Werte und Normen verinnerlicht hat. Ihre starken Schamgefühle und ihr Verständnis von Moral stellt sie über den Wunsch ihrer Tochter. Gleichzeitig setzt sie Wendla durch die fehlende Aufklärung dem Risiko einer ungewollten Schwangerschaft aus.

  • »Ich passe nicht hinein. Mögen sie einander auf die Köpfe steigen. - Ich ziehe die Tür hinter mir zu und trete ins Freie. - Ich gebe nicht soviel darum, mich herumdrücken lassen.«
    – Moritz, 2,7

    In dieser Szene nimmt sich Moritz schließlich das Leben. Dieses Zitat veranschaulicht punktuell den Grund für seinen Selbstmord. Von dem Tod erhofft er sich die Freiheit, die ihm im Leben verwehrt geblieben ist. Er möchte aus dem Leben treten und eine metaphorische Tür hinter sich zuziehen, um sein Gefängnis zu verlassen. Moritz kann dem äußeren Druck durch Eltern und Schule nicht länger standhalten. Er hat das Gefühl, einfach nicht in diese Welt zu passen und niemals genügen zu können.

  • »Der Junge war nicht von mir! - Der Junge war nicht von mir! - Der Junge hat mir von kleinauf nicht gefallen!«
    – Rentier Stiefel, 3,2

    Rentier Stiefel gestaltet den Leidensdruck Moritz' durch diese Aussage an seiner Beerdigung nachvollziehbar. Es lässt sich vermuten, dass Moritz in seinem Elternhaus mit viel Druck und Ablehnung konfrontiert war. Selbst nach seinem Tod gibt sein Vater kund, stets unzufrieden mit seinem Sohn gewesen zu sein. Rentier Stiefel stellt die Moral und das Ansehen der Familie über sein eigenes Kind. Durch die Sünde des Selbstmords hat Moritz das Ansehen der Familie geschädigt. Mit dieser Verleugnung versucht Rentier Stiefel seinen sozialen Status zu behalten.

  • »Der Junge lernt dort endlich, das Gute wollen statt des Interessanten, und bei seinen Handlungen nicht sein Naturell, sondern das Gesetz in Frage ziehen.«
    – Herr Gabor, 3,3

    In dieser Textstelle erläutert Herr Gabor seiner Frau, was Melchior seiner Auffassung nach in der Korrektionsanstalt lernen wird. Deutlich wird das Ziel, die wahre Persönlichkeit junger Menschen zu unterdrücken, um sie zu einem moralischen Handeln zu zwingen. Ebenso sollen Neugierde und Entdeckungslust verlernt werden. Stattdessen gilt es als erstrebenswert, sich anzupassen und zu regulieren, um in der Gesellschaft ein gutes Ansehen zu genießen.

  • »Aber das ist ja nicht möglich, Mutter. Ich bin ja doch nicht verheiratet...!«
    – Wendla, 3,5

    Diese Aussage Wendlas konfrontiert Frau Bergmann mit ihrer Schuld an der ungewollten Schwangerschaft ihrer Tochter. Durch ihre fehlerhafte Aufklärung, in der sie behauptet, eine Schwangerschaft könne nur in einer Ehe zustande kommen, hatte Wendla keine Möglichkeit, sie zu verhindern. Gleichzeitig steht das Zitat für Wendlas Unwissenheit und Naivität. Sie ist auf das Wissen und die Unterstützung ihrer Mutter angewiesen. Frau Bergmann hat ihr beides verweigert, um moralisch zu handeln und sich nicht mit eigenen Schamgefühlen zu konfrontieren. Für das gesellschaftliche Ansehen nimmt sie Risiken in Kauf, die für ihre Tochter letztlich den Tod bedeuten.

Veröffentlicht am 20. November 2023. Zuletzt aktualisiert am 20. November 2023.