Skip to main content

Frühlings Erwachen

3. Akt, Szene 3-4

Zusammenfassung

In der dritten Szene treten Herr und Frau Gabor auf. Sie streiten um ihren Sohn. Frau Gabor stellt sich auf Melchiors Seite und ist der Meinung, dass man ihm Unrecht getan hat. Herr Gabor hingegen kritisiert ihre Erziehungsmethode und will Melchior in eine Korrektionsanstalt schicken.

Frau Gabor ist überzeugt, dass ihr Sohn ein guter Mensch ist und erst dort entarten wird. Herr Gabor sieht diesen Schritt als unterstützende und heilende Notwendigkeit. Frau Gabor droht, sich scheiden zu lassen, wenn ihr Mann Melchior in eine Korrektionsanstalt schickt. Als ihr Mann ihr eröffnet, dass Melchior Wendla geschwängert hat, gibt sie nach. Frau Bergmann hat ihm einen Brief von Melchior an Wendla vorgelegt. In diesem entschuldigt Melchior sich für die Vergewaltigung Wendlas.

In der darauffolgenden Szene befindet sich Melchior bereits mit seinen neuen Mitschülern in der Korrektionsanstalt. Sie onanieren um die Wette, Melchior macht mit, um dazuzugehören. Er denkt darüber nach, dass die Gefangenschaft die Gleichaltrigen zu Selbstmördern macht und plant, sich mit Ruprecht anzufreunden, um von seinen Kenntnissen für eine Flucht zu profitieren.

Die Gedanken an Moritz und Wendla lassen Melchior nicht los. Er plant seine Flucht. Währenddessen geht Dr. Prokrustes mit dem Schlossermeister vorüber und bespricht eine Vergitterung der Fenster der Anstalt.

Analyse

In der dritten Szene des Aktes stellt sich Frau Gabor zunächst auf die Seite ihres Sohnes, doch auch dies geschieht nur aus Eigennutz, wie Herr Gabor erkennt: »Sei stärker als du! Zeig' dich deinem Sohn gegenüber endlich einmal selbstlos!« (3,3).

Herr Gabors Anliegen, Melchior in eine Korrektionsanstalt zu schicken, vermittelt das Bild, Menschen könnten wie Objekte repariert werden. Melchior wird demnach von seinen Eltern objektiviert. Sein Vater führt an, dass er dort lernen solle, »das Gute zu wollen statt des Interessanten« (3,3). Es lässt sich interpretieren, dass ein Leben der bürgerlichen Moral folgend sowie die eigene Persönlichkeit und Menschlichkeit unterdrückend als »gut« angesehen wird, ein freies, »interessantes« Leben wiederum als schlecht.

Sobald Herr Gabor seiner Frau eröffnet, dass Melchior Wendla geschwängert hat, wertet auch diese ihn ab: »Ein unerhörtes, schamloses Bubenstück!« (3,3). Unehelicher Sex scheint als allgemeiner Beweis für einen schlechten Charakter zu gelten. Die Moral steht über der Liebe zu ihrem Sohn.

Deutlich wird, dass es in der Korrektionsanstalt keineswegs so vorgeht wie Herr Gabor denkt. Statt Disziplin zu leben, verhalten sich die Jungen unmoralisch und geben ihren Trieben nach. Es passiert demnach genau das Gegenteil von dem, was die Erwachsenen sich erhoffen. Die Moral der Kinder entzieht sich ihrer Kontrolle.

Melchior tritt als reflektierter Charakter auf, der die Gründe für einen Selbstmord in jungem Alter erkennt: »Die Gefangenschaft macht sie zu Selbstmördern« (3,4). Diese Metapher beschreibt die Beschaffenheit der Gesellschaft und zieht sich als Thema durch das Drama: Hierbei lässt sich von einer Gefangenschaft in einem Käfig gesellschaftlicher Erwartungen ausgehen. Werden diese nicht erfüllt, folgt eine Separierung von der Gesellschaft in eine Korrektionsanstalt, die aufgemacht ist wie ein tatsächliches Gefängnis: »Wünschen Sie die Gitter aus Schmiedeeisen« (3,4).

Veröffentlicht am 20. November 2023. Zuletzt aktualisiert am 20. November 2023.