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Frühlings Erwachen

3. Akt, Szene 1-2

Zusammenfassung

Die erste Szene des dritten Aktes spielt im Konferenzzimmer des Gymnasiums. Der Rektor und die Lehrer sitzen beisammen. Es soll verhandelt werden, wie mit Melchior Gabor vorgegangen wird, der Schuld auf sich geladen hat. Sein Einfluss auf Moritz und dessen Selbstmord wird diskutiert, mit dem Ziel, den Ruf der Schule zu wahren und eine zukünftige Selbstmordepidemie zu verhindern.

Die Unterhaltung verliert sich schnell in einer Diskussion über das Öffnen der Fenster des Raums. Es wird jedoch deutlich, dass der Rektor, trotz der schulischen Leistungen von Melchior, keinen anderen Weg als eine Suspendierung sieht. Melchior wird hinzugeholt und gesteht, dass er den aufklärerischen Aufsatz verfasst hat, den Moritz' Vater bei ihm gefunden hat. Ansonsten lässt der Rektor Melchior nicht zu Wort kommen.

Die zweite Szene spielt auf dem Friedhof an Moritz' Beerdigung. Der Pastor hebt die Sünde des Selbstmords hervor, Moritz' Vater verleugnet seinen Sohn und äußert sich verachtend über ihn.

Die übrigen Erwachsenen, wie die Lehrer und der Onkel, schließen sich ihnen an. Die Gleichaltrigen zeigen ebenfalls keine Trauer, sondern tratschen über die Geschehnisse oder kümmern sich um eigene Belange. Einzig Ilse und Martha trauern um den Toten, obwohl auch sie sich für die Pistole begeistern, die Ilse vom Tatort entwendet hat.

Analyse

Die erste Szene des dritten Aktes erscheint äußerst skurril. Zunächst fallen die lächerlichen Namen des Lehrerkollegiums auf. Herr Zungenschlag z.B. stottert. Das Stilmittel der Komik wird gekonnt eingesetzt, um die Erwachsenen und ihre Prioritätensetzung innerhalb des Gesprächs ins Lächerliche zu ziehen. Dazu passend wird die Ernsthaftigkeit der Lage rund um den Selbstmord eines Schülers nicht erfasst. Stattdessen verlieren sie sich in Banalitäten wie der Belüftung des Raumes.

Die Erwachsenen verschließen die Augen vor der Wahrheit und interessieren sich nicht für den Grund des Selbstmordes. Es zählt einzig, den Ruf der Schule zu wahren: »Wir können es nicht, um unserer Anstalt ihren bisherigen fleckenlosen Ruf […] zu wahren« (3,1). Daher wird die Schuld für die Ereignisse an einem ebenso jungen und unerfahrenen Menschen gesucht statt bei den Erwachsenen selbst.

Ebenso wie Moritz zuvor wird Melchior abgelehnt und abgewertet, indem er von der Schule ausgeschlossen wird. Jeder Verstoß gegen die Erwartungen der Erwachsenen und die bürgerliche Moral wird bestraft. Jeglicher Versuch Melchiors, sich zu verteidigen, wird als mangelnde Disziplin ausgelegt: »Sie haben sich ruhig zu verhalten!« (3,1). Niemand interessiert sich für die jungen Menschen und ihre Belange.

Selbst bei seiner Beerdigung wird Moritz weiterhin von den Erwachsenen abgewertet. Der Pastor spricht von seiner Verdammung als Selbstmörder und sogar sein Vater verleugnet ihn: »Der Junge war nicht von mir! - Der Junge hat mir von kleinauf nicht gefallen!« (3,2).

Das Verhalten der Anwesenden wirkt erschreckend gefühlskalt. Die Moral steht über dem Mitgefühl. Auch die Mitschüler trauern nicht um Moritz und scheinen eher vom Tod fasziniert: »Was Teufel, das Erhängen soll ganz hübsch sein!« (3,2).

Veröffentlicht am 20. November 2023. Zuletzt aktualisiert am 20. November 2023.