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1984

Aufbau des Werkes

»1984« gliedert sich in drei Teile und einen Anhang zum Schluss, der ähnlich wie ein sprachphilosophischer Essay Informationen über die Staatssprache Ozeaniens gibt. Diese Dreiteilung erinnert an den klassischen aristotelischen Dramenaufbau, der aus Einleitung, Hauptteil mit Höhepunkt und Schluss besteht. Es gibt nur eine Haupthandlung, die dem Protagonisten Winston folgt, auf Nebenhandlungen wird verzichtet und die Ereignisse bauen kausal aufeinander auf und sind in chronologischer Reihenfolge angeordnet.

Der erste Teil dient als Einleitung in das Thema, indem er die Welt von »1984« und die Hauptfigur Winston vorstellt, aus deren Perspektive die Geschichte erzählt wird (siehe auch Kapitel 8. Sprache und Stil). Die politischen, wirtschaftlichen und sozialen Umstände Ozeaniens werden für den Leser entfaltet und anhand von Winstons täglichem Leben anschaulich gemacht. In diesem Teil entwickelt Winston Zweifel an der bestehenden Ordnung und beginnt den ersten Akt seiner Rebellion, das Führen des Tagebuchs.

Außerdem wird hier schon starke Spannung erzeugt: Winston fühlt sich von Julia verfolgt und hegt den Verdacht, sie könne auf ihn angesetzt worden sein, in O’Brien vermutet er einen Verbündeten. Der Konflikt der Geschichte ist ausgelegt (Ellenrieder 2021: 35).

Im zweiten Teil ändert sich Winstons Leben schlagartig, als er auf Julia trifft und eine Liebesaffäre mit ihr beginnt. Diese Beziehung, der zweite große Akt der Rebellion, bildet den Höhepunkt des Romans. Julia und Winston stehen im Mittelpunkt der Handlung und Winstons Widerwillen gegenüber dem System nimmt immer größere Ausmaße an. Er träumt nun aktiv vom Umsturz. Wenig später kommt es zu einem Treffen mit O’Brien, bei dem er Winston und Julia in die Bruderschaft aufnimmt und Winston seine Pläne so in die Tat umsetzen kann. Im Mittelteil des Romans steht das Kapitel, das sich mit dem Goldstein-Buch beschäftigt. Es bildet eine Achse zwischen Winstons Auflehnung und seiner »Heilung« im Ministerium für Liebe. Während Winstons Lektüre kommt es zu einer Verzögerung der Handlung (=Retardation), denn der Handlungsverlauf wird unterbrochen (vgl. Herforth 2016: 72). 

Zum Ende des zweiten Teils kommt es zum plötzlichen Wendepunkt: Winston und Julia werden verhaftet und voneinander getrennt ins Ministerium für Liebe gebracht.

Der dritte Teil enthält dann erneut eine Verzögerung der Handlung (=Retardation). Winston wird monatelang festgehalten und gefoltert. O’Brien, der sich in einem überraschenden Plottwist als Mitglied der Gedankenpolizei herausstellt, unterzieht ihn einer vollständigen Gehirnwäsche. Schließlich zerstört er Winstons Persönlichkeit, indem er diese den Zielen und Regeln des Regimes komplett anpasst. Der Konflikt wird insofern aufgelöst, als dass Winstons Entwicklung abgeschlossen ist und kein anderes Ende als die Hinrichtung mehr für ihn infrage kommt – Ellenrieder bezeichnet die Erzählung somit als »in sich geschlossen« (Ellenrieder 2021: 26). 

Veröffentlicht am 31. Juli 2023. Zuletzt aktualisiert am 31. Juli 2023.