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Im Westen nichts Neues

Kapitel 3

Zusammenfassung

Neue Rekruten kommen in die Kompanie, um die Toten zu ersetzen. Bäumer und seine Freunde fühlen sich ihnen gegenüber wie erfahrene Soldaten und zeigen sich besonders lässig.

Bäumer beschreibt Kat, mit dem er, Kropp und Haie Westhus befreundet sind, als einen schlauen und geschickten Menschen, der ein Gespür dafür hat, Lebensmittel und nützliche Gegenstände zu beschaffen. Als Beispiel erzählt er ein Erlebnis, bei dem sie in einem verlassenen Ort in einem Fabrikgebäude Quartier genommen haben. Es gab nichts zu essen und die anderen legten sich schlafen, um auf die Verpflegung der Truppe am nächsten Tag zu warten, während Kat innerhalb kurzer Zeit Brote, Fleisch und eine Pfanne auftrieb.

Die Soldaten sitzen im Barackenlager in der Sonne und denken darüber nach, wie der Krieg beendet werden könnte. Ihnen gefällt der Vorschlag von Kropp, Kriegserklärungen als Volksfest zu gestalten, bei dem die Minister und Generäle in Badehosen mit Knüppeln aufeinander losgehen und das Land des Gewinners auch Sieger des Krieges ist.

Es wird beiläufig beschrieben, dass ein Fliegerkampf stattfindet, den sie am Himmel beobachten, während sie dort sitzen und über den Frieden sprechen. Kat und Kropp schließen eine Wette um eine Flasche Bier ab, die Kropp verliert, als der deutsche Flieger abgeschossen wird.

Anschließend sprechen sie über ihre Zeit in der Kaserne und werden nostalgisch. Sie sehnen sich sogar dorthin zurück und bringen das Kasernenleben mit Heimat in Verbindung. Sie erinnern sich auch an den harten Drill ihres damaligen Ausbilders Himmelstoß. Sie denken darüber nach, wie es dazu kommt, dass zuvor unauffällige Bürger wie Himmelstoß, der vor dem Krieg als Postbote gearbeitet hat, als Unteroffizier eine solche Grausamkeit gegenüber den Rekruten entwickeln. Kat erklärt dies damit, dass Menschen, die plötzlich Macht erhalten, dazu neigen würden, diese zu missbrauchen. Er ist der Meinung, dass harter Drill nicht notwendig sei, um Disziplin zu schaffen, da die Soldaten an der Front selbst genau wissen würden, was notwendig ist.

Die anderen erfahren von Tjaden, dass Himmelstoß auf dem Weg zu ihnen ist, um auch an der Front eingesetzt zu werden. Bäumer erinnert sich daran, dass Himmelstoß Tjaden und einen anderen Rekruten damals mit demütigenden Erziehungsmethoden dazu bringen wollte, mit dem Bettnässen aufzuhören. Daraufhin haben Bäumer, Tjaden und Haie Westhus ihn aus Rache am Abend vor ihrer Abfahrt von der Kaserne Richtung Front verprügelt. Dabei hat Himmelstoß sie allerdings nicht erkannt, da sie ihm vorher von hinten ein Betttuch über den Kopf gestülpt hatten.

Analyse

Thematisch werden in diesem Kapitel Aspekte aus den vorigen Kapiteln erneut aufgegriffen: Kameradschaft und Werte, die im Krieg eine Rolle spielen. Auch die Ausführungen zu Himmelstoß knüpfen an vorige Überlegungen an.

Durch die Beschreibung von Kat und seiner Perspektive kommt ein neuer Aspekt hinzu: Während der Ich-Erzähler überwiegend wertfrei die Zusammenhänge nur zu verstehen versucht, hat Kat eine klare Meinung. Er hält den Menschen für von Natur aus machtbesessen: »Der Mensch ist an und für sich zunächst einmal ein Biest […]« (S. 43). Kat beschreibt eine Szene, in der ein Kompanieführer die müde Truppe zum Singen antreten lässt mit dem einzigen Ziel, seine Macht zu demonstrieren. Dies sei laut Kat nur beim Militär, nicht in zivilen Berufen möglich: »Mag der Mann in Zivil sein, was er will, in welchem Beruf kann er sich so etwas leisten, ohne daß ihm die Schnauze eingeschlagen wird? Das kann er nur beim Kommiß!« (S. 44).

Er sieht das Problem demnach darin, dass Einzelnen beim Militär zu viel Macht gegeben wird, die sie in zivilen Berufen nicht haben. Damit spricht er ein zentrales Problem an, das Bäumer jedoch nicht weiter vertieft. Für ihn ist Kat in erster Linie ein erfahrener und geschickter Soldat mit großem Selbstvertrauen und einem »sechsten Sinn« (S. 37) für die Beschaffung von Lebensmitteln und brauchbaren Gegenständen.
Stilistisch gibt es eine Auffälligkeit in diesem Kapitel. Bei der Erinnerung an die Kasernenzeit verfällt Bäumer in eine schwärmerische Stimmung, die sprachlich durch eine Anrufung der Korporalschaftsstuben ausgedrückt wird:

    Oh, ihr dunklen muffigen Korporalschaftsstuben mit den eisernen Bettgestellen, den gewürfelten Betten, den Spindschränken und Schemeln davor! Selbst ihr könnt das Ziel von Wünschen werden; hier draußen seid ihr sogar ein sagenhafter Abglanz von Heimat […]! (S. 44)

Aus dem vorigen Kapitel ist bekannt, dass Bäumer vor dem Krieg Gedichte geschrieben hat. Die direkte Ansprache und der Ausruf »O!« (hier: Oh) sind Merkmale antiker Oden. Meist werden geliebte Personen, Götter oder Naturphänomene angesprochen. Dass sich hier die Sehnsucht auf so wenig poetische Gegenstände wie eiserne Bettgestelle richtet, wirkt skurril. Es ist nicht ganz klar, ob Bäumer die ironische Brechung seiner pathetischen Stimmung bewusst ist, da er den Gedanken nicht ins Lächerliche zieht. Er zeigt mit seinen anschließenden Überlegungen aber auf, dass er die Kluft zwischen der Front und Zuhause als so groß ansieht, dass die Sehnsucht sich nicht auf letzteres, sondern auf die Kasernenzeit richtet, die den Übergang zwischen den beiden Sphären darstellt.

Veröffentlicht am 2. April 2023. Zuletzt aktualisiert am 2. April 2023.