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Im Westen nichts Neues

Prüfungsfragen

  • Das Motiv der Stiefel von Franz Kemmerich wird im Roman immer wieder aufgegriffen. Beschreibe die Bedeutung der Stiefel für Müller und erkläre, wofür die Stiefel in dem Roman symbolisch stehen können.

    Für Müller haben die Stiefel einen praktischen Wert. Sie sind anders als seine eigenen Stiefel von hoher Qualität. Müller meint, dass er sich in seinen Schuhen Blasen läuft. Kemmerichs Stiefel sind dagegen aus weichem Leder und daher vermutlich bequemer (vgl. S. 20). Für die Soldaten sind gute Stiefel wichtig, da sie viel marschieren und auf gefährlichem Gebiet unterwegs sind, auf dem sie in Stacheldraht oder andere scharfkantige Gegenstände treten können. Für Müller ist Kemmerichs Tod also eine seltene Gelegenheit, an bessere Stiefel zu kommen.

    Symbolisch können Stiefel in dem Roman für Sicherheit stehen, denn sie bieten dem Träger zumindest einen geringen Schutz. Bei Kemmerichs Stiefeln spielt aber auch die Bequemlichkeit eine Rolle. Sie können also im Rahmen der Verhältnisse an der Front Luxus symbolisieren. Da alle, die die Stiefel im Laufe der Handlung getragen haben, am Ende tot sind, wird aber auch deutlich, dass diese Werte (Nutzen und Bequemlichkeit) an der Front fraglich sind.

  • Charakterisiere die Figur Detering anhand der genannten Textstellen: Kapitel 4, von S. 58 (»Er trollt sich […]«) bis S. 60 (»[…] Gemeinheit, daß Tiere im Kriege sind.«) sowie Kapitel 11, von S. 242 (»Jeder Tag und jede Stunde […]«) bis S. 244 (»[…] nichts mehr von Detering vernommen.«)

    Detering wird als Landwirt beschrieben, der »mit Pferden vertraut« (S. 59) ist. In dieser Episode wird deutlich, dass er nicht nur weiß, wie man mit Pferden umgeht, sondern dass er auch Mitgefühl mit ihnen hat, denn er ist wütend darüber, dass die Soldaten, die zu den verwundeten Tieren gehören, sie leiden lassen und sie nicht sofort erschießen. Obwohl er damit sein Leben riskieren würde und auch das anderer Soldaten, die er treffen könnte, will Detering selbst losgehen, um die Pferde von ihrem Leid zu erlösen. Er macht es nur deswegen nicht, weil Kat ihn zurückhält. Sein eigenes Leben scheint ihm daher weniger Wert zu sein als das Wohlergehen der Tiere. Auch an seiner Aussage, dass es die »allergrößte Gemeinheit« (S. 60) sei, dass Tiere im Krieg sind, wird deutlich, dass er Tiere liebt und dass er ein starkes Gerechtigkeitsempfinden hat.

    Die Episode im elften Kapitel zeigt (wie auch schon die vorige), dass Detering manchmal unüberlegt handelt oder sich über die Folgen seiner Taten nicht klar ist. Bäumer will ihn davor bewahren, zu desertieren, weil er befürchtet, dass sie ihn erwischen werden. Aber Deterings Heimweh ist stärker und er lässt sich von diesem leiten. Bäumer beschreibt ihn als einfältig, »halb blöde und halb hinreißend« (S. 243). Man kann aber auch sagen, dass Detering den Sinn des Krieges einfach nicht erkennt und sein Leben als Landwirt weiterführen möchte, mit dem er sich sehr stark identifiziert.

  • Analysiere die Beziehung zwischen Bäumer und Kat in der folgenden Szene: Kapitel 5, S. 87 (»So sitzen wir uns gegenüber […]«) bis S. 89 (»[…] schwarzer, guter Schlaf.«)

    Der Ich-Erzähler beschreibt ihre Beziehung als »zärtlich« (87), was auch mit einer Beziehung zwischen Liebenden verglichen wird. An einer Stelle sagt er auch: »[I]ch liebe ihn« (S. 88). Dass jedoch keine sexuelle Beziehung gemeint ist, macht der Satz »Wir sind Brüder« (S. 89) deutlich. Dass er nicht die Formulierung »Wir sind wie Brüder« verwendet, obwohl das korrekt wäre, sondern »Wir sind Brüder«, zeigt, wie stark Bäumer die Verbundenheit empfindet.

    Die Szene, in der Bäumer sich schlafen legt und seinen Freund nur noch im Dämmerzustand wahrnimmt, macht außerdem deutlich, dass Bäumer traurig ist und eine große Sehnsucht nach Geborgenheit hat, die Kat zum Teil stillt. Das wird deutlich an der Formulierung: »Kat steht vor mir, sein riesiger gebückter Schatten fällt über mich wie eine Heimat« (S. 88).

  • Untersuche, welche stilistischen Mittel im folgenden Textabschnitt verwendet werden, und stelle eine Vermutung an, welche Wirkung Remarque damit erzeugen wollte: Granaten, Gasschwaden und Tankflottillen – Zerstampfen, Zerfressen, Tod. Ruhr, Grippe, Typhus – Würgen, Verbrennen, Tod. Graben, Lazarett, Massengrab – mehr Möglichkeiten gibt es nicht. (S. 249)

    Der Textabschnitt enthält mehrere Alliterationen: Granaten, Gasschwaden; Zerstampfen, Zerfressen; mehr Möglichkeiten. In der ersten und zweiten Zeile gibt es eine Epipher (gleiches Satzende): Tod, Tod. Außerdem gibt es in jeder Zeile einen Gedankenstrich, der den »Satz« in zwei Teile teilt. Bis zum ersten Teil der letzten Zeile bestehen diese Abschnitte aus je drei Elementen. Bis hier werden zudem nur Substantive und ein »und« verwendet, keine Verben. Erst der letzte Teil ist ein vollständiger Satz.

    Durch die sprachlichen Mittel (hauptsächlich lautliche Wiederholungen) wirkt dieser Teil eher wie ein Ausschnitt aus einem Gedicht als aus einem Roman. Auch die Dichte, die durch das Aneinanderreihen von Substantiven entsteht, ähnelt dem poetischen Ausdruck von Lyrik.

    Die Wörter, die verwendet werden, sind alle negativ behaftet und drücken Zerstörung oder Krankheit aus. Es wirkt hier so, als wenn der Erzähler die Erlebnisse auf engstem Raum möglichst eindrucksvoll wiedergeben möchte.

    Es kann sein, dass Remarque durch das Aneinanderreihen von Substantiven der Zerstörung das Ausmaß der Vernichtung durch Kampfpanzer und andere Waffen klanglich zum Ausdruck bringen wollte. In der ersten Zeile werden Waffen genannt, in der zweiten Krankheiten, in der dritten die Orte, an denen Soldaten landen können. Dadurch wirken die Zeilen wie eine Kurzfassung des gesamten Romans oder sogar des Krieges allgemein.

  • Diskutiere die Aussage, dass »Im Westen nichts Neues« ein authentischer Erlebnisbericht ist.

    Dadurch dass Remarque selbst als junger Soldat im Ersten Weltkrieg gekämpft hat und er auch mit anderen Soldaten über ihre Erlebnisse gesprochen hat, kann man davon sprechen, dass der Text ein Bild des Krieges präsentiert, das sehr nah an der Wirklichkeit ist. Auch dass viele Zeitgenossen sich in den Schilderungen wiedergefunden haben und bestätigten, dass sie Ähnliches erlebt hatten, spricht dafür, von einer authentischen Darstellung auszugehen.

    Man darf aber Paul Bäumer nicht mit Erich Maria Remarque gleichsetzen. Es handelt sich um ein literarisches Werk und fiktive Handlungen. Remarque und der Propyläen Verlag, in dem das Buch erschienen ist, stellten es nach dem Erscheinen des Romans zunächst so dar, als handle es sich um einen authentischen Bericht eines einfachen Soldaten. Dies gehörte zur Vermarktungsstrategie und hatte auch politische Gründe. In diesem Sinne ist der Roman nicht als »authentischer Erlebnisbericht« zu verstehen. In dem Sinne, dass ein realistisches Bild einer historischen Situation literarisch dargestellt wird, kann man jedoch von Authentizität ausgehen.

  • Erkläre, wie es dazu gekommen ist, dass Paul Bäumer und seine Klassenkameraden sich freiwillig zum Dienst an der Front gemeldet haben.

    In den Erinnerungen des Ich-Erzählers hat der Lehrer Kantorek die Schüler im Unterricht dafür begeistert, sich freiwillig für die Front zu melden, obwohl sie erst später eingezogen worden wären. Da keiner der Schüler aus Pauls Klasse etwas äußert, das darauf schließen lässt, dass er sich aus Überzeugung gemeldet hat, ist davon auszugehen, dass sie vor allem nicht als feige gelten wollten. Im ersten Kapitel heißt es, dass einer aus der Klasse, Joseph Behm, nicht mitmachen wollte. Bäumer meint, er konnte sich nicht ausschließen, weil er sich sonst »unmöglich« (S. 16) gemacht und als »feige« (ebd.) gegolten hätte.

    Außerdem sagt Bäumer, dass zu dieser Zeit, als sie die Entscheidung getroffen haben, der Lehrer für sie noch eine Autoritätsperson (vgl. S. 17) war, der sie vertraut haben. Man kann also sagen, dass sich die Jungen aus Gruppenzwang, Scham und Gehorsam freiwillig gemeldet haben.

  • Am Ende des Romans heißt es, dass Bäumer, als er gefallen war, mit einem gefassten und beinahe zufriedenen Gesichtsausdruck gefunden wurde. Was könnte das über ihn aussagen?

    Dass Bäumers Gesichtsausdruck im Tod Zufriedenheit ausdrückt, kann bedeuten, dass er in seinem letzten Moment Erlösung empfunden hat. Er hat alle Freunde verloren, war mehrmals schwer verletzt und fühlte sich von seiner Familie entfremdet. Über seine Mutter wusste er, dass sie todkrank oder sogar zu diesem Zeitpunkt schon tot war. Das heißt, dass es für ihn nichts mehr gab, was sein Leben noch lebenswert gemacht hätte.

    Man erfährt nicht, woran er genau gestorben ist, nur dass er nicht lange gelitten hat. Da im Heeresbericht steht, dass es ein ruhiger Tag war und nichts Besonderes vorgefallen sei, ist es auch denkbar, dass Bäumer sich bewusst für den Tod entschieden hat, zum Beispiel indem er sich ungeschützt aus der Deckung begeben hat.

  • Beschreibe aus der Perspektive von Unteroffizier Himmelstoß, was du über die jungen Rekruten (bei der Ausbildung in der Kaserne vor ihrem Fronteinsatz) denkst.

    Diese aufmüpfigen Kerle, werden schon noch lernen, was Zucht und Disziplin ist. Ganz bestimmt lasse ich mir von denen nicht auf der Nase herumtanzen. Halten sich wohl für besonders schlau. Denken wohl, ich merke es nicht, wie sie mich verhöhnen. Aber wir werden ja sehen, wer hier am längeren Hebel sitzt. Ich habe es immerhin zum Unteroffizier gebracht, und natürlich werde ich es auch noch zum Feldwebel bringen oder zum Oberleutnant. Oberleutnant Himmelstoß. Das ist es. Aber daraus wird natürlich nichts, wenn ich hier die Sitten einreißen lasse. Ich werde diese Jungen schleifen, bis sie mir aus der Hand fressen. Diesen Lümmel Tjaden werde ich mir als nächsten vorknöpfen. Ihn und diesen anderen disziplinlosen Schwächling. Da fällt mir schon was ein, um ihnen das Bettnässen auszutreiben. Wir sind hier schließlich beim Militär! Und Unteroffizier Himmelstoß, bald Feldwebel Himmelstoß, General Himmelstoß, wird jetzt mal so richtig für Ordnung sorgen.

  • Ist »Im Westen nichts Neues« aus deiner Sicht ein pazifistischer Roman? Begründe deine Meinung und nenne auch ein gegenteiliges Argument, das nicht deiner Meinung entspricht, aber nachvollziehbar begründet werden kann.

    Man kann den Roman als pazifistisch bezeichnen, da die Grausamkeit und Zerstörungskraft des Ersten Weltkrieges anschaulich und realitätsnah dargestellt werden und da die Protagonisten den Krieg als sinnlos bezeichnen, ohne dass diese Meinung von anderer Seite relativiert wird. Zudem wird das Thema des Desertierens nicht negativ dargestellt, was zu dieser Zeit unüblich war.

    Bäumers Idee, man müsse die ganze Welt an Kemmerichs Bett vorbeiführen, um das ganze Elend zu zeigen, das der Krieg anrichtet, oder seine Äußerung »Erst das Lazarett zeigt, was Krieg ist« (S. 233) können als pazifistische Äußerungen verstanden werden. Auch wenn in literarischen Texten die Aussagen der Figuren nicht mit der Haltung des Autors verwechselt werden darf, kann der Roman so gelesen werden, dass dies nicht nur eine Meinungsäußerung im Roman ist, sondern auch eine Botschaft an den Leser. Diese Deutung stützen auch Aussagen Remarques selbst, der Krieg allgemein als brutal und ein Werkzeug von Machtlust bezeichnet hat.

    Ein Argument, das man anbringen kann, um zu widerlegen, dass es sich um einen pazifistischen Roman handelt, ist die Behauptung des Ich-Erzählers, dass der Krieg Kameradschaft und ein Zusammengehörigkeitsgefühl hervorbringe (vgl. S. 29), was an einigen Stellen des Romans idealisiert wird. Dadurch kann der Eindruck entstehen, dass es sich um einen Abenteuerroman handelt, in dem sich etwas Positives wie Kameradschaft erst durch die widrigen Umstände entwickelt.

  • Nenne zwei Gründe dafür, warum einige Soldaten, die auch im Ersten Weltkrieg gekämpft haben, Remarques Darstellung ablehnten.

    Ein Grund dafür, dass Soldaten, die selbst an der Front gekämpft haben, von Remarques Darstellung empört waren, ist, dass in »Im Westen nichts Neues« Soldaten nicht verherrlicht, sondern als gewöhnliche Menschen dargestellt werden. Dadurch konnten ehemalige Soldaten sich in ihrer Ehre angegriffen fühlen, wenn sie zuvor ein Bild von sich selbst als tapferen Helden hatten.

    Ein anderer Grund für die Ablehnung der Darstellung ist, dass der Krieg in dem Roman als sinnlos bezeichnet wird. Für viele ehemalige Soldaten, die selbst verwundet oder seelisch traumatisiert wurden und Verluste durch den Krieg erlitten haben, war der Gedanke, dass dies alles ohne Sinn geschehen sein soll, unerträglich. Für sie wurde ihr Welt- und Selbstbild durch eine Sichtweise wie die im Roman zerstört.

Veröffentlicht am 2. April 2023. Zuletzt aktualisiert am 2. April 2023.