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Im Westen nichts Neues

Kapitel 4

Zusammenfassung

Die Kompanie muss an die Front zum Schanzen (Anlegen von Schützengräben). Sie werden im Dunkeln von Lastwagen an die Front gebracht. Je näher sie der Front kommen, desto angespannter wird die Stimmung. Bäumer beschreibt die Veränderung der Soldaten, die in ihren Gesichtern zu erkennen ist und sich als physisches Empfinden bemerkbar macht. Zudem stellt er die Front als einen Strudel dar, in den der Soldat hineingezogen wird, und die Erde als schützendes Element. Die lebensbedrohliche Situation an der Front wecke die Instinkte und mache die Soldaten zu »Menschentiere[n]« (S. 53).

Die Soldaten beginnen mit dem Bau der Schanzen, indem sie Eisenpfähle in den Boden rammen. Als sie fertig sind, müssen sie den Rest der Nacht auf die Lastwagen warten, die sie wieder abholen. Dabei hören und sehen sie die Geschütze in der Nähe. Ein junger Rekrut gerät in Panik und sucht bei Bäumer Schutz. Dieser gibt sich lässig und beruhigt den Jüngeren, der sich vor Angst in die Hose gemacht hat. Bäumer meint, das sei vielen schon passiert, er solle einfach seine Unterhose hinter den Busch werfen.

Die Kompanie bekommt mit, dass der Beschuss zwar abnimmt, dass aber das Schreien, das aus der Nähe zu hören ist, nicht aufhört. Es stellt sich heraus, dass es keine Menschen, sondern verwundete Pferde sind, die schreien. Detering, der Bauer ist, hat Mitleid mit den Tieren und ärgert sich darüber, dass die Soldaten, zu denen die Tiere gehören, sie nicht erschießen. Kat hält Detering davon ab, selbst zu den Pferden zu gehen und sie zu erschießen. Detering sagt, es sei eine Gemeinheit, dass Tiere im Krieg sein müssen. Erst als die anderen Soldaten ihre verletzten Pferde erschossen haben, hört das Schreien auf.

Auf dem Rückweg zu den Lastwagen gerät die Truppe unter Beschuss. Sie sucht Schutz auf einem nahegelegenen Friedhof. Durch die Einschläge ist die Erde aufgerissen und Bäumer findet Deckung unter einem Toten im Sarg. Die Nachricht verbreitet sich, dass ein Gasangriff stattfindet und alle ihre Gasmasken aufsetzen sollen. Kat, Kropp und Bäumer versuchen, einen Kameraden zu retten, dessen Arm von einem hochgeschleuderten Sarg eingequetscht wurde.

Nachdem die Einschläge aufgehört haben und das Gas im Wind verflogen ist, machen sich die Soldaten über den Friedhof, auf dem Särge und Leichen verstreut liegen, auf den Weg. Dabei finden Kat und Bäumer den jungen Rekruten, der zuvor bei Bäumer Schutz gesucht hatte. Er ist so schwer verwundet, dass sie zunächst den Entschluss fassen, ihn zu erschießen, um ihm weiteres Leid zu ersparen, tun es dann aber doch nicht und holen eine Bahre, um ihn mit zurückzunehmen. Die Soldaten erreichen die Lastwagen und fahren bei starkem Regen erschöpft zurück ins Barackenlager.

Analyse

In diesem Kapitel steht der Bericht der Erlebnisse im Vordergrund. Dabei fällt besonders der Kontrast zwischen drastischen, eindringlichen Beschreibungen und poetischer Sprache auf. Bäumer beschreibt die Fahrt an die Front zum Schanzen wie einen Weg von einer Zone in eine andere: Vor der Abfahrt im Barackenlager fühlen sich die Soldaten sicher: »Es ist ein warmer Abend, und die Dämmerung erscheint uns wie ein Tuch, unter dessen Schutz wir uns wohlfühlen« (S. 49). Auch auf dem Lastwagen ist die Stimmung noch ausgelassen, obwohl die Fahrt unbequem ist und die Gefahr besteht, auf den ausgefahrenen Straßen »voller Löcher« (S. 49) vom Wagen zu fallen und sich zu verletzen. Die Soldaten scherzen und denken darüber nach, wie sie sich die Gänse, die sie vom Wagen aus sehen, als Nahrung beschaffen können.

Als der Wagen jedoch in einen Bereich kommt, der diesig ist von »Geschützrauch« (S. 50) und »Pulverqualm« (ebd.), verändern sich die Gesichter der Soldaten. Sie sind in Sorge, da die Front eine lebensbedrohliche Situation für sie ist, in der sich ihre Empfindungen stark verändern.

Bäumer beschreibt an zwei Stellen mit ähnlichem Wortlaut die Wirkung, die die Fahrt an die Front für sie hat: »Wir fahren ab und sind mürrische oder gutgelaunte Soldaten; – dann kommen die ersten Geschützstände, und jedes Wort unserer Gespräche hat einen veränderten Klang. –« (S. 51) und »Wir fahren ab als mürrische oder gutgelaunte Soldaten, – wir kommen in die Zone, wo die Front beginnt, und sind Menschentiere geworden« (S. 53).

Die Wiederholung bekräftigt die Bedeutung der Veränderung und der unterschiedlichen Sphären. Dieser Kontrast wird auch sprachlich dargestellt. Teile des Kapitels sind in einem poetischen Stil geschrieben und enthalten bildliche Sprache, indem beispielsweise die Nacht als »Tuch« (S. 49) beschrieben wird, die Front als »Strudel« (S. 52), die Erde als »Freund« (ebd.), »Bruder« (ebd.) und »Mutter« (ebd.). Wie im vorigen Kapitel wird auch hier eine poetische Ansprache gehalten, diesmal an die Erde: »[…] Erde, du gabst uns im Kampf des Grauens, im Aufspritzen der Vernichtung, im Todesbrüllen der Explosionen die ungeheure Widerwelle gewonnenen Lebens! […]« (ebd.) Dem gegenüber steht eine klare, nüchterne Sprache, mit der die Ereignisse beschrieben werden: »Kat und ich gehen daran, den verwundeten Arm [eines Kameraden] frei zu machen. Der Sargdeckel ist lose und geborsten, wir können ihn leicht abreißen, den Toten werfen wir hinaus, er sackt nach unten, dann versuchen wir, den unteren Teil zu lockern.« (S. 65)

Veröffentlicht am 2. April 2023. Zuletzt aktualisiert am 2. April 2023.