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Im Westen nichts Neues

Kapitel 11

Zusammenfassung

Es ist Sommer 1918, den Bäumer als den härtesten bisher beschreibt. Er spricht von Resignation und Anpassung an die Situation. Er wiederholt die früheren Überlegungen, dass die Fronterlebnisse die Soldaten zum einen abstumpfen lassen, um das Grauen zu ertragen, zum anderen den Kameradschaftssinn stärken.

Die Soldaten leiden unter Hunger und der Ruhr und haben keine Hoffnung mehr auf ein Ende des Krieges, obwohl es bereits Gerüchte über ein baldiges Ende gibt. Sie beschweren sich über die Stabsärzte, die auch schwer Versehrten noch Kriegsverwendungsfähigkeit bescheinigen.

Oberflächlichkeit und Konzentration auf die Daseinserhaltung stehen im Vordergrund. Trotz der äußerlichen Verhärtung gibt es noch Momente von Sehnsucht, die Bäumer als gefährlich bezeichnet. So ist Detering, nachdem er am Weg einen blühenden Kirschbaum gesehen hat, aus Heimweh nach seinem eigenen Obstgarten mit Kirschen desertiert. Er wird gefasst und kommt vor ein Kriegsgericht.

Viele erleiden einen »Frontkoller« (S. 245) wie ein Soldat, der sich ins Maschinengewehrfeuer begibt, um einen verletzten Hund von seinem Leid zu erlösen und dabei selbst erschossen wird.

Als Müller von einer Kugel getroffen wird, übernimmt Bäumer die Stiefel, die Müller von Kemmerich hat. Es ist bereits ausgemacht, dass Tjaden sie bekommt, wenn Bäumer vor ihm stirbt.

Kompanieführer Bertinck und Leer werden getötet, Kat erhält einen Schienbeinschuss und stirbt, während Bäumer ihn zu den Sanitätern trägt, weil er unterwegs am Kopf getroffen wird.

Analyse

Im elften Kapitel werden mehrere Gedanken, die Bäumer vorher schon ausgeführt hat, erneut aufgegriffen. So beschreibt er noch einmal die Abstumpfung durch das allgegenwärtige Grauen und die Kameradschaft als einzigen verlässlichen Wert: »Das Leben […] hat in uns den Kameradschaftssinn geweckt, damit wir dem Abgrund der Verlassenheit entgehen […]« (S. 241).

Ereignisse, die zu Beginn noch detailliert beschrieben wurden, werden nun in einer beiläufigen Aussage zusammengefasst: »Unser Leben wechselt zwischen Front und Baracken« (S. 239).

Die Unterschiede zwischen den jungen Soldaten aus dem Bildungsbürgertum (wie Bäumer, Kropp, Leer) und den Handwerkern und Bauern (wie Tjaden, Detering), die in früheren Episoden hervorgehoben wurden, werden jetzt als nichtig beschrieben: »Die Unterschiede, die Bildung und Erziehung schufen, sind fast verwischt und kaum noch zu erkennen.« (ebd.) Hierzu verwendet Bäumer das Bild von den Soldaten als Münzen: »Es ist, als ob wir früher einmal Geldstücke verschiedener Länder gewesen wären: man hat sie eingeschmolzen, und alle haben jetzt denselben Prägestempel« (S. 239). Dies unterstreicht auch seine Wahrnehmung, nicht in erster Linie eine Einzelperson zu sein, sondern vielmehr zu einer ganzen Generation zu gehören, die durch den Krieg »für alles verdorben« (S. 80) ist.

Bäumer verwendet in diesem Kapitel den Ausdruck »Buschneger[…]« (S. 241), der heute als rassistisch gilt, zur Zeit der Entstehung des Buches (1920er-Jahre) in der Literatur jedoch noch gebräuchlich war. Auch die Vorstellung von Schwarzen als Primitiven ist abwertend, entspricht aber dem damaligen Weltbild und zeigt nicht zwangsläufig eine persönliche rassistische Haltung Bäumers.

Eine Besonderheit in diesem Kapitel ist die Formulierung:

    Granaten, Gasschwaden und Tankflottillen – Zerstampfen, Zerfressen, Tod.
    Ruhr, Grippe, Typhus – Würgen, Verbrennen, Tod.
    Graben, Lazarett, Massengrab – mehr Möglichkeiten gibt es nicht. (S. 249)

Diese Aneinanderreihung steht im Kontrast zu der sonst so wortreichen Schilderung und wirkt daher wie eine eindringliche Zusammenfassung des Geschehens aus der Sicht der Soldaten, die sich dem Geschehen hilflos ausgeliefert sehen.

Veröffentlicht am 2. April 2023. Zuletzt aktualisiert am 2. April 2023.