Skip to main content

Der Trafikant

Figuren

Figurenkonstellation

Der Trafikant – Figurenkonstellation
  • Franz Huchtel

    Franz Huchel ist der Protagonist in »Der Trafikant«. Er wurde am 07. August 1920 im Salzkammergut in Österreich geboren und ist demnach zu Beginn der Erzählung 17 Jahre alt.

    Franz wächst ohne Vater in bescheidenen, aber behüteten Verhältnissen auf. Seine Mutter hat nicht viel Geld, kann ihnen jedoch durch die finanzielle Unterstützung eines Liebhabers verbesserte Lebensumstände bereiten. Franz hat eine sehr enge Bindung zu seiner Mutter und seiner Heimat. Diese hat er zuvor nur für kurze Ausflüge verlassen, wodurch er in Wien mit Heimweh zu kämpfen hat und an einigen Stellen orientierungslos wirkt.

    Seine Mutter scheint ihn in vielerlei Hinsicht verschont zu haben, so musste Franz nie arbeiten und konnte in den Tag hinein leben. Ebenfalls wird er als sehr sensibel und zart dargestellt. Auch die Mutter sieht in ihm keinen Arbeiter, wodurch sie entscheidet, ihn in die Trafik nach Wien zu schicken. In Wien macht Franz einen Wandel durch, der dem Älterwerden, der ersten Liebe sowie den politischen Entwicklungen geschuldet ist.

    Zunehmend wächst seine Entschlossenheit sowie sein Mut und er wandelt sich von einer eher passiven zu einer aktiven Persönlichkeit. Er bezieht sowohl in moralischer als auch in politischer Hinsicht Stellung. Deutlich wird, dass er insbesondere in die Fußstapfen von Otto Trsnjek tritt, was seine Ansichten betrifft. Er bewundert sowohl ihn als auch Sigmund Freud, sieht die beiden Männer als Vorbilder und Orientierung. Sie nehmen den Platz der fehlenden Vaterfigur ein und tragen nicht unerheblich zu Franz' Entwicklung bei.

    Ein wichtiges persönliches Ereignis für Franz ist darüber hinaus das Treffen auf die erste Liebe. Durch die Gefühle, die er für Anezka entwickelt, kommt er mit vielen neuen Seiten in sich in Kontakt und wächst über sich hinaus. Der Roman endet mit seiner Verhaftung, in Folge seines aktiv geleisteten Widerstandes gegen das NS-Regime.

  • Franz' Mutter

    Franz' Mutter tritt nur zu Beginn des Romans persönlich auf, bleibt jedoch durch das ganze Werk hinweg mit Hilfe von Postkarten und Briefen präsent. In diesen wird deutlich, dass sie für Franz eine wichtige Bezugsperson darstellt und beide eine sehr enge Bindung zueinander pflegen. Diese könnte durch eine fehlende Vaterfigur sowie weitere Geschwister intensiviert worden sein.

    Darüber hinaus wird Franz' Mutter als attraktive Frau Anfang 40 beschrieben. Es wird deutlich, dass sie in der Vergangenheit verschiedene Liebhaber hatte. Zu Beginn des Romans pflegte sie eine lockere Verbindung zu Alois Preininger, dessen überraschender Tod geschildert wird. Diese Liebschaft ermöglichte ihr ein finanzielles Auskommen. Franz' Mutter erscheint zwar als fürsorgliche Person, tritt aber trotzdem nicht als sensibel oder schwächlich auf. Sie nimmt die Situation selbst in die Hand, beweist Handlungskompetenz und schickt ihren Sohn als Lehrling in die Trafik von Otto Trsnjek.

  • Otto Trsnjek

    Otto Trsnjek ist ein ehemaliger Liebhaber von Franz' Mutter und der Besitzer der Trafik in Wien, in welcher Franz von nun an lernen und arbeiten wird. Trsnjek tritt als Kriegsveteran auf, der sein Bein im 1. Weltkrieg verloren hat. Zu Beginn zeigt er sich leicht distanziert, baut jedoch mit der Zeit eine enge Bindung zu Franz auf.

    Die Arbeit in der Trafik und die dortigen Waren sind seine Leidenschaft. Seine Identität definiert er maßgeblich über seinen Beruf als Trafikant. Franz versucht er vor diesem Hintergrund die Welt der Trafik und ihre Waren nahezubringen. Trsnjek wird als sehr reflektiert und gebildet, auch im politischen Kontext, dargestellt. Er teilt das nationalsozialistische Gedankengut nicht und vertritt dahingehend deutlich seine Meinung. Aus diesen Gründen wird er schließlich von der Gestapo verhaftet. Franz wird mit einigem zeitlichen Abstand über Trsnjeks Tod informiert.

  • Anezka

    Anezka tritt als 20-jährige Böhmin auf (heutiges Tschechien). Franz begegnet ihr erstmals auf dem Wiener Prater und verliebt sich auf den ersten Blick in sie. Anezka kennzeichnet ein deutlicher Akzent sowie eine Zahnlücke, die Franz als sehr attraktiv wahrnimmt. Im Laufe des Romans kristallisiert sich heraus, dass Anezka ohne behördliche Genehmigung in Wien lebt. Franz findet sie gemeinsam mit 30 anderen Frauen in einem baufälligen Haus lebend.

    Darüber hinaus findet er im weiteren Verlauf der Handlung heraus, dass Anezka als erotische Tänzerin im Varieté arbeitet. Weiteres Geld verdient sie mit Tätigkeiten als Haushaltshilfe, Köchin und Kindermädchen. Die Beziehung zwischen ihr und Franz ist sehr unausgeglichen, das Verliebtsein erscheint weitestgehend einseitig. Franz stürzt sich mit Naivität in seine ersten großen Gefühle, während Anezka abweisend erscheint. In kleinen Momenten öffnet sie sich mit Worten, lässt Nähe jedoch meist nur auf körperlicher Ebene zu. Sie gibt nichts über sich preis, verschwindet plötzlich oder meldet sich lange nicht. Auffällig ist, dass Anezka im weiteren Verlauf des Romans eine Beziehung mit einem SS-Mann eingeht, möglicherweise aus einem Sicherheitsbedürfnis heraus, während Franz Widerstand gegen das Regime übt.

  • Sigmund Freud

    Professor Sigmund Freud ist die einzige Romanfigur in »Der Trafikant« mit einem historisch realen Vorbild. Vor diesem Hintergrund wird seine Lebenssituation als Jude im Wien des Jahres 1938 dargestellt. Freuds Wohnsitz in der Berggasse 19 sowie seine familiären Verhältnisse mit Tochter und Ehefrau werden realitätsgetreu aufgegriffen.

    Bekannt wurde Sigmund Freud als Begründer der Psychoanalyse. Bereits zur damaligen Zeit galt er als berühmt und berüchtigt. Im Roman vorherrschend ist die Sicht des Protagonisten Franz Huchel, welcher große Bewunderung für den Professor empfindet. Insbesondere die krankheits- und altersbedingte Schwäche Freuds findet Raum und fällt Franz immer wieder ins Auge. Der Professor zeigt sich häufig resigniert und stur, entwickelt jedoch Sympathie für den jungen Protagonisten.

    Die Zigarren, welche Franz dem Professor bei seinen Besuchen mitbringt, symbolisieren ihre wachsende Beziehung. Die von Franz verfassten Traumnotizen, welche eine wichtige Rolle innerhalb des Romans einnehmen, basieren auf der von Sigmund Freud praktizierten Traumdeutung. Er erteilt Franz den Ratschlag, seine Träume regelmäßig zu verschriftlichen. Franz nimmt den Rat Freuds in vielerlei Hinsicht in Anspruch und profitiert sowohl von der Weisheit eines alten Mannes als auch dem Wissen eines Psychoanalytikers.

    Oft verliert Freud sich jedoch in metaphorischen Floskeln, die Franz nur bedingt weiterhelfen. Freuds Präsenz innerhalb des Romans endet mit seiner Flucht nach London. Der Professor verlässt seine Heimatstadt schweren Herzens und blickt ohne Hoffnung in die Zukunft.

Veröffentlicht am 13. Juni 2023. Zuletzt aktualisiert am 13. Juni 2023.