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Auerhaus

Sprache und Stil

Die Geschichte wird durchgehend aus der Perspektive eines Ich-Erzählers mit Namen Höppner erzählt, der als einer der Hauptprotagonisten direkt in die Geschehnisse involviert ist. Dadurch ist er nicht allwissend, sondern seine Sichtweise ist begrenzt, was auch darin begründet ist, dass er erst ca. 18 Jahre alt ist.  

Höppner nimmt eine subjektive Erzählhaltung ein und lässt die Lesenden an seinen Gedankengängen und Gefühlen zu den Ereignissen unmittelbar teilhaben. Dabei bleibt die Geschichte immer direkt an seinen Denkhorizont gebunden. Bei seinen Kommentaren und Beobachtungen zu Personen und Ereignissen handelt es sich aus diesem Grund oftmals nur um seine eigenen Vermutungen. Häufig haben seine Äußerungen einen sarkastisch-ironischen Ton. Dabei berichtet Höppner in einer Jugendsprache, deren Stil durch die 80er-Jahre geprägt ist. 

Es finden sich viele umgangssprachliche Wörter und spezielle Bezeichnungen sowie eigene Wortkreationen von Höppner im Text, womit es dem Autor gelingt, den Lesenden das typische Lebensgefühl der 80er-Jahre zu vermitteln. Höppner hat die Eigenart, immer wieder eigene Begriffe zu kreieren, wie zum Beispiel »Klauprofessor« (S. 85), »Einskommabisschen« (S. 95), »Zentralverriegelungsaxelmistschwein« (S. 126), »Kartoffelsackbehinderter« (S. 135), »Spezial-Spezial-Schwachmat« (S.163), »Irgendwastion. Dingsistik. Dingsorium« (S. 189), »Streberhund« (S. 175), »Hühnerkacketarnung« (S. 179) und »Hausfrauenzweitwagenknacker« (S. 194). 

Eine andere Besonderheit ist, dass Höppner für einzelne Personen, die für ihn Autoritäten darstellen, spezielle Namen erfindet: »F2M2« (S. 11) für den Freund der Mutter, »Doktor Turnschuh« (S. 19) für den Deutschlehrer oder »Riesenstreichholz« (S.152) für den Arzt bei der Musterungskommission.

Die häufige Anwendung und Wiederholung von Wörtern wie »egal«, »irgendwie« oder »jedenfalls« ist ein weiteres Kennzeichen der Jugendsprache. Damit wird ausgedrückt, dass die Gedankengänge sich entweder überschlagen und dann gestoppt werden oder auch häufig von Jugendlichen nicht zu Ende gedacht werden.

Beim Satzbau setzt der Autor als bevorzugtes Stilmittel überwiegend kurze Sätze ein. Häufig sind diese unvollständig und bestehen nur aus den notwendigen Teilen wie Subjekt, Prädikat und Objekt. Oftmals sind es sogar nur einzelne Worte, die aneinandergereiht werden, um deren Bedeutung herauszustellen. 

Kurze Fragen, die häufig nur aus einem Wort bestehen, wie zum Beispiel »Und?«, womit Höppner seinen Freund Frieder zum Gespräch auffordert, finden sich an verschiedenen Stellen im Text verteilt. Durch diesen Stil gelingt es dem Autor, den Lesenden das Gefühl zu vermitteln, unmittelbar in die Welt der Jugendlichen abzutauchen, bei deren Gesprächen dabei sein zu können und sich sogar wie Teilnehmende zu fühlen.

In Bezug auf die Erzähltechnik verwendet der Autor verschiedene Elemente, und zwar den epischen Bericht, die Kommentare und Gedankengänge des Ich-Erzählers Höppner, einzelne Teile aus einem Zeitungsbericht sowie die direkte und indirekte Rede. 

Immer wieder wird im Roman an einigen Stellen der Bericht des realen Geschehens durch das Abdriften Höppners in eine Welt seiner eigenen Fantasien und Vorstellungen durchbrochen.Hier nimmt er die Lesenden mit in seine eigenen Gedankenwelten hinein und lässt dadurch einen tiefen inneren Blick in seine Person zu. Das bewirkt, dass sich die Lesenden intensiv in die Figur Höppner hineinversetzen und mit ihr mitdenken und -fühlen können.       

Im umgekehrten Fall baut Höppner eine größtmögliche Distanz zum Geschehen auf, indem er die Rolle eines Regisseurs einnimmt, der seinen Schauspielern Regieanweisungen gibt. Er verwendet verschiedene Begriffe aus der Regiearbeit, wie »der Abspann« (S. 203) und die »Stimme aus dem Off« (S.205). Die Lesenden fühlen sich hier wie Zuschauende, die den weiteren Verlauf der Geschichte aus einer entsprechenden Entfernung miterleben. 

Am deutlichsten wird dies in den geschilderten Szenen der Musterungskommission. Höppner fühlt sich hier als Mensch nicht wahrgenommen und behandelt, sondern ist nur eine Nummer von vielen. Dieses Gefühl der Anonymität spiegelt sich auch auf der sprachlichen Ebene wider, indem Höppner die Personen nicht bei ihrem Namen nennt, sondern ihnen Ziffern gibt, wie zum Beispiel »Eins« oder »Zwei« oder sie verdinglicht, wie »der Anzug« oder »der Braungraue« (S.152).

Veröffentlicht am 10. Februar 2023. Zuletzt aktualisiert am 10. Februar 2023.