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Der große Gatsby

Rezeption und Kritik

»Der große Gatsby« war Fitzgeralds dritter Roman, den er bewusst mit dem Ziel schrieb, etwas Künstlerischeres und Kreativeres als seine beiden vorherigen Bücher zu schreiben, durch die er bereits als Bestsellerautor berühmt geworden war. Dies war typisch für die Autorinnen und Autoren der Literaturbewegung der Moderne: Sie wollten Vorreiter sein und avantgardistisch arbeiten, ausbrechen aus den wegbereitenden Rahmen. Seine Kurzgeschichten vermarktete Fitzgerald in populären Zeitschriften wie dem Ladies Home Journal und der Saturday Evening Post (Zapf 262).

Obwohl Fitzgerald selbst sehr von seinem Werk überzeugt war (»I think my novel is about the best American novel ever written«, so der Autor in einem Brief an Maxwell Perkins (Zapf 262)), hielten viele Kritiker den Großen Gatsby nicht für so gut wie Fitzgeralds frühere Romane, insbesondere sein Debüt, »Diesseits des Paradieses« (engl. Originaltitel »This Side of Paradise«), und das Werk erhielt in seinem Publikationsjahr 1925 eine Reihe sehr unterschiedlicher Kritiken. Während Fitzgerald einerseits private Lobesbriefe von einigen Schriftstellern, die er bewunderte, wie zum Beispiel T. S. Eliot, Willa Cather und Edith Wharton erhielt, waren seine öffentlichen Kritiken bestenfalls gemischt.

Das Spektrum seiner Rezeption kann in zwei kontrastierenden Bewertungen zusammengefasst werden: Die New York World erklärte den Großen Gatsby zu einem Blindgänger (»dud« im englischen Original), wogegen die Chicago Daily Tribune schrieb, der Roman würde beweisen, dass es sich bei Fitzgerald um einen richtigen Autor handele (Tredell 77).

Einige seiner Leser*innen fanden, dass »Der große Gatsby« erwachsener daherkam als Fitzgeralds ersten beiden Romane. William Curtis zum Beispiel schrieb in Town and Country, dass der Fitzgerald, den er nach den ersten beiden Romanen nun im »Großen Gatsby« wiederfand, ihm vorkam wie ein hoffnungsvolles Kind, das nun endlich erwachsen geworden ist, eine Einschätzung, der auch Gretchen Moult in der Detroit Free Press zustimmte (Tredell 77).

Besonders viele Parallelen wurden gezogen zwischen Fitzgerald und Henry James: So wurde »Der große Gatsby« zum Beispiel mit James’ Buch »Das Durchdrehen der Schraube« (»The Turn of the Screw«) aufgrund seiner Kürze und Weigerung, entscheidende Unklarheiten zu beseitigen, verglichen, oder mit James’ Roman »Daisy Miller«, da, laut Carl van Hechten, beide Romane über eine billige Persönlichkeit als Hauptperson verfügen, die durch ihren leidenschaftlichen Idealismus verklärt und pathetisch anziehend wirkt (Tredell 78). Auch weitere Autoren zogen den Vergleich mit James. T. S. Eliot zum Beispiel schrieb in einem Brief an Fitzgerald, er habe seinen Roman dreimal gelesen und er habe ihn fasziniert. Gleichzeitig fand Eliot, Fitzgeralds Werk sei ein herausragendes Buch und der erste Schritt, den die amerikanische Literatur seit Henry James gemacht habe (Tredell 79).

Eine experimentierfreudige Schriftstellerin der Moderne, Gertrude Stein, zog einen Vergleich zwischen Fitzgerald und einem berühmten Autor des neunzehnten Jahrhunderts, William Makepeace Thackeray, weil sie fand, dass Fitzgerald die Gegenwart genauso konstruierte wie der viktorianische Autor es in seinen Romanen, zum Beispiel in »Vanity Fair«, tat. Obwohl diese Aussage als Kritik an Fitzgerald verstanden werden konnte, da sie Fitzgerald altbacken und langweilig aussehen ließ, verstand Fitzgerald – als großer Bewunderer Thackerays – sie als Kompliment (Tredell 78).

»Der große Gatsby« wurde am 10. April 1925 von Scribner’s in New York herausgebracht, mit einer Druckzahl von fast 21.000 Kopien. Im Laufe des zwanzigsten Jahrhunderts stieg die Zahl der Verkäufe immer weiter an, da der Roman auch immer mehr im akademischen Umfeld gelesen wurde und Fernseh- und Filmadaptionen dazukamen. Die erste Filmadaption kam bereits ein Jahr nach der Veröffentlichung des Romans heraus, im Jahr 1926. Es handelte sich dabei um einen Stummfilm unter der Regie von Herbert Brenon. Die wohl bekannteste Adaption der heutigen Zeit ist die Verfilmung aus dem Jahr 2013 mit Leonardo DiCaprio in der Rolle des Jay Gatsby.  

Im Jahr 1957 lag der jährliche Verkauf des Romans noch bei 12.000 Exemplaren jährlich, 1960 waren es schon 100.000, und gegen Ende der 60er-Jahre waren es bereits 300.000 – auf diesem Niveau blieb der Verkauf bestehen (Tredell 90). Heutzutage gilt »Der große Gatsby« als einer der größten amerikanischen Romane, wenn nicht sogar der größte aller Zeiten (Nowlin 9). 

Veröffentlicht am 10. August 2023. Zuletzt aktualisiert am 10. August 2023.