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Der große Gatsby

Kapitel 6

Zusammenfassung

Es kursieren weiterhin Gerüchte über Gatsby – ein Reporter reist sogar zu Gatsbys Villa, in der Hoffnung, ihn zu interviewen. Nachdem Nick die Wahrheit über Gatsbys frühes Leben erfahren hat, unterbricht er seine Erzählung, um Gatsbys persönliche Geschichte wiederzugeben. Sie wird nun weder so erzählt, wie sie sich anhand der vielen Gerüchte darstellt, noch so, wie sie von Gatsby behauptet worden ist, sondern so, wie sie wirklich passiert ist.

Gatsby wurde als James Gatz auf einer Farm in North Dakota geboren, und obwohl er das College in Minnesota besuchte, brach er es nach zwei Wochen ab, weil er die erniedrigende Hausmeisterarbeit verabscheute, mit der er sein Studium finanzierte. Im nächsten Sommer arbeitete er am Lake Superior, fischte Lachse und grub nach Muscheln. Eines Tages sah er eine Jacht, die Dan Cody, einem reichen Kupfermogul, gehörte, und ruderte hinaus, um ihn vor einem drohenden Sturm zu warnen. Der dankbare Cody nahm den jungen Gatz, der seinen Namen als Jay Gatsby angab, als seinen persönlichen Assistenten mit auf seine Jacht.

Als er mit Cody zur Barbary-Küste und zu den Westindischen Inseln reiste, verliebte sich Gatsby in Reichtum und Luxus. Cody war ein starker Trinker, und eine von Gatsbys Aufgaben war es, sich während seiner Alkoholexzesse um ihn zu kümmern. Dies vermittelte Gatsby einen gesunden Respekt vor den Gefahren des Alkohols und überzeugte ihn davon, nicht selbst zum Trinker zu werden. Als Cody starb, hinterließ er Gatsby 25.000 Dollar, aber ein Rechtsstreit hinderte Gatsby daran, sein Erbe in Anspruch zu nehmen. Er widmete sich daraufhin dem Ziel, ein wohlhabender und erfolgreicher Mann zu werden.

Nach ihrem Wiedersehen in seinem Haus sieht Nick für mehrere Wochen weder Gatsby noch Daisy. Als er eines Nachmittags in Gatsbys Haus vorbeikommt, erschrickt er, dort Tom Buchanan anzutreffen. Tom ist mit Mr. und Mrs. Sloane, mit denen er einen Ausritt gemacht hat, in Gatsbys Haus auf einen Drink eingekehrt. Gatsby wirkt nervös und aufgeregt und erzählt Tom, dass er Daisy kenne. Er lädt Tom und die Sloanes ein, zum Abendessen zu bleiben, aber sie lehnen ab. Aus Höflichkeit laden sie Gatsby ein, mit ihnen zu speisen, und er nimmt an, ohne die Unaufrichtigkeit der Einladung zu bemerken. Tom verachtet Gatsbys Mangel an gesellschaftlicher Anmut und kritisiert Daisys Angewohnheit, Gatsbys Haus allein zu besuchen. Er ist misstrauisch, aber er hat noch nichts von der Liebe zwischen Gatsby und Daisy mitbekommen.

Am folgenden Samstagabend gehen Tom und Daisy zu einer von Gatsbys Partys. Tom hat zwar kein Interesse an der Party, aber seine Abneigung gegen Gatsby veranlasst ihn, ein Auge auf Daisy zu werfen. Gatsbys Party gefällt Nick dieses Mal viel weniger gut; er findet das Gelage bedrückend und merkt, dass auch Daisy sich nicht so richtig amüsiert. Tom verärgert sie, indem er ihr erzählt, dass Gatsbys Vermögen aus dem Alkoholschmuggel stamme. Sie entgegnet wütend, dass Gatsbys Reichtum aus einer Drogeriekette stamme, die er besitzt.

Gatsby sucht Nick auf, nachdem Tom und Daisy die Party verlassen haben; er ist unglücklich, weil Daisy die Party nicht gefallen hat. Gatsby möchte, dass alles wieder so ist wie vor seiner Abreise aus Louisville. Er wünscht sich, dass Daisy Tom verlässt, damit er mit ihr zusammen sein kann. Nick erinnert Gatsby daran, dass er die Vergangenheit nicht wiederherstellen könne. Gatsby widerspricht Nick und glaubt, dass er mit seinem Reichtum alles erreichen könne, wenn es um Daisy geht. Nick denkt darüber nach, wie Gatsby Daisy zum ersten Mal geküsst hat. Er denkt an den Zeitpunkt, zu dem sein Traum von Daisy zur dominierenden Kraft in seinem Leben geworden war.

Analyse

Ein wichtiges Motiv in diesem Kapitel ist die soziale Klasse, die Gatsby seit jungen Jahren so wichtig ist. »Über ein Jahr lang hatte er sich am Südufer des Lake Superior als Muschelsucher und Lachsfischer durchgeschlagen oder mit jeder anderen Tätigkeit, die ihm ein Bett und eine Mahlzeit verschaffte« (S. 122), doch »sein Herz war in ständigem unbändigem Aufruhr« (S. 123).

Seine Zeit am College, während der er als Hausmeister arbeitete, empfand er als Demütigung, und »Nacht für Nacht webte er weiter am Stoff seiner Wunschbilder« (S. 123). Diese Bemühungen, seinen Lebensunterhalt zu verdienen, stehen dem Wunsch gegenüber, etwas Größeres aus sich zu machen, das endlich in greifbarere Nähe rückt, als er Dan Cody kennenlernt. Cody steht für alles, was Gatsby erreichen will. Der junge Gatsby, der sich seiner Armut bewusst ist, entwickelt eine starke Besessenheit von Reichtum und Status. Sein neuer Name soll für den Wandel stehen, den er vollzieht, und für das Ablegen seiner alten Identität. »Sein Namenswechsel von James Gatz zu Jay Gatsby, und das Maskenspiel, das er betreibt« (Zapf 262) zeigt die enormen Grenzüberschreitungen an, die er für seine Ziele vornimmt.

Daisy ist, wie Dan Cody, ein weiteres Puzzlestück auf Gatsbys Weg zu einem anderen, besseren Leben: Für sie sind Reichtum und Luxus eine Selbstverständlichkeit, sie ist so geboren und aufgewachsen und sieht nichts Ungewöhnliches mehr darin. In diesem Kapitel wird deutlich, dass Gatsbys am besten realisierter Traum seine neue Identität ist, die aber stets mit Lügen verknüpft ist. Und dennoch wird ihm verziehen, allen voran von Nick. »Es ist die grenzüberschreitende Energie seines Wünschens, die dessen Inhaltsleere übersteigt und Gatsby ›besser‹ macht als andere. Es ist die Kraft von Gatsbys Illusion, die ihn, den geschmack- und traditionslosen Außenseiter […] zu einer Figur macht, in der sich selbst der betuliche Nick wiedererkennt« (Zapf 267-8).

Darüber hinaus wird klar, dass Gatsbys Vorstellung von Daisy selbst ein bloßer Traum ist. Er verschließt die Augen vor der Realität, dass sie niemals ihre eigene Klasse und Herkunft verlassen würde, um mit ihm zusammen zu sein, und spinnt stattdessen ein perfektes Bild von ihr, das weder der Realität entspricht, noch dessen Anspruch die echte Daisy je gerecht werden könnte.

Veröffentlicht am 10. August 2023. Zuletzt aktualisiert am 10. August 2023.