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Der große Gatsby

Kapitel 2

Zusammenfassung

Nick beschreibt einen trostlosen Ort zwischen West Egg und New York City, wo die Asche der Stadt abgeladen wird – er nennt den Ort das Tal der Asche. Die Asche bedeckt dort alles, auch die Menschen, die dort leben. Über diesem düsteren »Tal der Asche« starren zwei riesige, gespenstische Augen von einer Werbetafel für die nicht mehr existierende Praxis eines Augenarztes namens Doktor T. J. Eckleburg, die über alles im Tal der Asche zu wachen scheinen.

Als Tom und Nick eines Tages mit dem Zug von Long Island in die Stadt fahren, steigt Tom an einer Haltestelle im Tal der Asche aus und fordert Nick auf mitzukommen. Tom führt Nick zur Autowerkstatt von George Wilson, mit dem Tom über den Verkauf seines Autos diskutiert. Nick erfährt, dass Toms Geliebte Wilsons Frau Myrtle ist.

Wilson sieht zwar gut aus, ist aber abgekämpft und leblos und hat Asche im Haar, während Myrtle auf Nick zwar hässlich, dafür aber lebendig und vor Vitalität pulsierend wirkt. Nick hält Myrtle für üppig und kurvig, findet aber, sie sei eine der Frauen, die ihre Kurven mit Sinnlichkeit in Szene zu setzen wissen. Myrtle fordert ihren Ehemann dazu auf, ein paar Stühle für ihre Kunden zu holen. Währenddessen flüstert Tom Myrtle zu, dass sie sich in Kürze am Bahnhof treffen.

Tom und Myrtle wollen in das Apartment, das die beiden für ihre Affäre nutzen, und überreden Nick, mit ihnen zu kommen. Myrtle verspricht ihm, ihre Schwester Catherine einzuladen, die laut Leuten, die es wissen müssen – so Myrtle – hübsch anzusehen ist. Außerdem wollen sie noch andere Gäste einladen, und so taucht Myrtles Schwester Catherine bald darauf auf, ebenso wie ein weiteres Paar. Alle sind sehr betrunken, auch Nick. Er sagt, es sei erst das zweite Mal, dass er betrunken ist.

Bald dreht sich das Gesprächsthema um Nicks Nachbarn Gatsby. Catherine sagt, sie habe Angst vor Gatsby, weil sie gehört habe, dass er ein Verwandter des deutschen Kaisers Wilhelm sei, und alle sind sich einig, dass Gatsby in irgendwelche zwielichtigen Geschäfte verwickelt sei.

Myrtle wird immer betrunkener und lauter. Bald stehen sich Myrtle und Tom gegenüber, und Myrtle fängt an, über Daisy zu reden. Tom ermahnt Myrtle, Daisys Namen nicht zu nennen, aber sie verspottet ihn, indem sie ihren Namen immer wieder laut ausruft. Mit einer schnellen Handbewegung schlägt er Myrtle ins Gesicht und bricht ihr die Nase. Nach diesem Vorfall wird die Zusammenkunft beendet und Nick fährt mit dem Zug zu seinem Haus zurück.

Analyse

Die Schauplätze im Roman sind hauptsächlich das East Egg und West Egg, aber zum Teil auch New York City, und vor allem Gatsbys Anwesen – allesamt Orte, die puren Luxus und Reichtum ausstrahlen. In starkem Kontrast dazu steht das Tal der Asche, »wo Asche die Form von Häusern und Schloten und Rauchsäulen annimmt und schließlich, mit übernatürlicher Anstrengung, auch die Form aschgrauer Menschen, die sich wie schon zerfallende Schatten durch die pudrige Luft bewegen« (S. 33). Das Tal beherbergt nicht nur die Werkstatt des armen Wilson, sondern bedeckt auch alles und jeden in seiner Nähe mit einer Schicht von Asche.

Dieser bemitleidenswerte Ort könnte den moralischen Verfall inmitten der Reichen und Schönen symbolisieren. Sie scheinen die Einzigen zu sein, die diese Staubdecke aufgrund ihres Reichtums von ihrer näheren Umgebung fernhalten können, was die armen Bewohner des Tals nicht schaffen. Wo das Tal der Asche unter seiner Staubschicht wie gelähmt erscheint, stellt die pulsierende und vor Vitalität strotzende Stadt New York einen starken Kontrast dazu dar. Sie ist laut, schrill, glitzernd und fasziniert Nick ebenso sehr, wie sie ihn zugleich abstößt.

New York ist auch der Ort, wo Tom und Myrtle ein Apartment haben, um ihre Affäre auszuleben. Tom hält sich in Wilsons Werkstatt diskret zurück – etwas, das für seinen Charakter ganz und gar untypisch scheint –, zeigt sich aber außerhalb des Tales der Asche ohne Scham offen mit ihr und lädt Menschen aus seinem Bekanntenkreis zu ihnen ins Apartment ein. Selbst Nick, der zu Beginn des Romans mit seinen hohen moralischen Ansprüchen prahlt, äußert sich nicht zu Toms öffentlicher Zurschaustellung seiner Affäre.

Während Tom im gesamten Buch in keinem besonders guten Licht dargestellt wird, entpuppt er sich gerade in diesem Kapitel als gewalttätiger Tyrann, der auch nicht davor zurückschreckt, Frauen gegenüber handgreiflich zu werden. Um seine Autorität über Myrtle zu bewahren, bricht er ihr mit »einer kurzen geschickten Bewegung seiner flachen Hand« (S. 49) die Nase. Gleichzeitig könnte man sein Handeln auch als Verteidigung von Daisys Ehre und somit als Zurschaustellung seiner Liebe zu ihr deuten, denn schließlich ging es bei seinem Streit mit Myrtle um seine Ehefrau. Toms Verhalten zeigt hier ganz klar seine Doppelmoral – er verteidigt an dieser Stelle ihre Ehre, die er selbst durch sein Fremdgehen bereits seit ihrer Eheschließung mit Füßen tritt.

Veröffentlicht am 10. August 2023. Zuletzt aktualisiert am 10. August 2023.