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Effi Briest

Aufbau des Werkes

Theodor Fontanes Roman »Effi Briest« gliedert sich in 36 Kapitel, die zumeist noch in Unterabschnitte gegliedert sind. Die Handlung verläuft über einen Zeitraum von rund 12,5 Jahren und beginnt mit Effi Briests Verlobungstag. Der Tod Effis bildet den Schluss der Handlung.

    Unter Berücksichtigung des äußeren Geschehensablaufs und der Stadien der psychischen Verfassung der Hauptfigur läßt sich eine Aufteilung des Romans in mehrere Abschnitte vornehmen. Die entscheidenden Schwerpunkte des epischen Vorgangs werden durch die unterschiedliche Raffungsintensität des erzählten Geschehens, das breite Herausbilden von Wendepunkten und durch exemplarische Stationen innerhalb des Handlungsverlaufs und ihrer bevorzugten Präsentation verdeutlicht. (Hamann 14)

Der erste dieser Abschnitte umfasst die ersten fünf Kapitel des Romans und stellt Effis Leben in ihrem Elternhaus in Hohen-Cremmen dar. Der Erzähler zeichnet hier das Bild eines »noch kindhaften und ungestümen Mädchen, in dem die normativen Vorstellungen von einer jungen Dame aus der Welt des Adels kaum ihre Entsprechung finden.« (Ebd. 15) Zugleich wird so die zweite Hauptperson, der Baron von Innstetten, indirekt durch ein Gespräch zwischen Effi und ihren Freundinnen charakterisiert.
Um die Romanabschnitte voneinander zu trennen, nutzt Fontane entscheidende Wendungen im Geschehen, die die aktuelle Handlung beenden und sich für den Leser erst später als relevant herausstellen.

    Die pointierte Stellung von für den epischen Vorgang relevanten Akzenten am Schluß von Kapiteln oder Abschnitten als ein bewußt eingesetztes formales Element kommt besonders bei dem für Fontane so wesentlichen Zuruf ›Effi, komm‹ zum Tragen. (Hamann 18)

Dieser Zuruf an Effi wiederholt sich später, in Kapitel 34, als Herr von Briest entscheidet, seine Tochter wieder nach Hause zu holen. (Vgl. Ebd.)
Der zweite Romanabschnitt umfasst die Kapitel sechs bis vierzehn und behandelt Effis Eheleben. Hier findet ein Ortswechsel statt, da Effi nach ihrer Hochzeit zu ihrem Ehemann nach Kessin zieht. (Vgl. Grawe 49) Als zentrale Ereignisse des Abschnitts können »Effis Ankunft in Kessin und ihre Erlebnisse um und mit dem Chinesen angesehen werden.« (Hamann 19)
Der dritte Abschnitt spielt ebenfalls in Kessin und thematisiert Effis Ehebruch. Dieser beginnt kurz nach der Geburt von Effis und Innstettens Tochter Annie und endet mit Effis Umzug nach Berlin – Crampas winkt ihr zum Abschied zu. Dieser Abschnitt umfasst die Kapitel 15 bis 22.
Nachfolgend bilden die Kapitel 23 bis 31 den vierten Abschnitt. (Vgl. Grawe 49) Auch hier findet ein Ortswechsel statt – Effis weiteres Eheleben nach der Trennung von Crampas findet in Berlin statt. Der Abschnitt thematisiert zunächst Effis glückliche Zeit in Berlin, anschließend ihre beginnende Krankheit und die Zeit in Kur und schließlich auch die Aufdeckung ihres Ehebruchs und das Duell zwischen Innstetten und Crampas. Schließlich endet der Abschnitt mit einem Brief von Luise von Innstetten, die ihrer Tochter die Heimkehr versagt.
Abschließend umfasst der fünfte Abschnitt die Kapitel 32 bis 36, deren Themenschwerpunkt Effis Leben nach ihrer Scheidung und dem sozialen Fall ist. (Vgl. ebd.) Die Handlung wird zunächst weiterhin in Berlin verortet, bis Effi aufgrund ihrer tödlichen Krankheit zurück nach Hohen-Cremmen gerufen wird. Zu Beginn des Abschnitts gibt es einen Zeitsprung von drei Jahren, die Effi bereits isoliert in Berlin lebt.

Die Geschichte wird somit in chronologischer Reihenfolge von einem auktorialen Erzähler erzählt (s. auch Abschnitt »Sprache und Stil«).

Der Autor bedient sich zudem Vorausdeutungen, »die dem Werk eine Begründung des tragischen Geschehens verleihen und zugleich die Einheit und die Konsistenz steigern.« (Hamann 79) Bereits im ersten Kapitel des Romans bereitet Fontane alle wichtigen Themen in der Exposition sowie den Charakteren vor. »Die in die Figuren gelegten zukunftsweisenden Vorausdeutungen dienen dem Geschehen zur Entfaltung eines sich in schicksalhafter Notwendigkeit vollziehenden Vorgangs.« (Ebd.)
Ein Beispiel für eine solche Vorausdeutung ist Effis Ankündigung einer »Liebesgeschichte mit Held und Heldin und zuletzt mit Entsagung«. (S. 10) Zudem stellt sie klar, eine Liebesgeschichte mit Entsagung sei nie schlimm. (Vgl. Ebd.)

    Dies ist gleichsam eine durch Effi selbst ausgesprochene Wertung des eigenen in Schuld und frühem Tod endenden Geschicks; ›schlimm‹ gerade deshalb, weil sie eben der Crampasschen Versuchung nicht entsagt. (Hamann 80)

Ein weiteres Beispiel findet sich, als die Mädchen in einer gespielten Trauerzeremonie die Stachelbeerschalen versenken und Effi erwähnt, dass so in Konstantinopel einst Frauen wegen Untreue ertränkt wurden. (Vgl. S. 13f.) Huldas Einschub, solche Erzählungen vergesse man wieder, weist Effi mit der Aussage »Ich nicht. Ich behalte so was.« (S. 14) von sich. Dies ist eine Vorausdeutung auf Effis Untreue und beweist zudem ihr Bewusstsein für die schwere Verwerflichkeit des Ehebruchs und die daraus resultierenden Konsequenzen.
»Untreue und Tod – auf dieses Geschehen ist der Leser im ersten Kapitel vorbereitet, seine Erwartungshaltung läßt das sich anschließende Geschehen folgerichtig fast zwanghaft vor ihm ablaufen.« (Hamann 81)

Veröffentlicht am 4. Dezember 2023. Zuletzt aktualisiert am 4. Dezember 2023.