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Effi Briest

Kapitel 5-8

Zusammenfassung

Nach dem erfolgreichen Polterabend und der Hochzeit verlassen Effi und Innstetten Hohen-Cremmen und begeben sich auf Hochzeitsreise. Herr und Frau von Briest hingegen sind sich am Tag nach der Hochzeit unsicher, ob Effi in der Ehe glücklich wird. Effis Vater hinterfragt, ob sie Innstetten denn auch liebe. Luise Briest beruhigt ihren Mann zwar in dieser Hinsicht, bezweifelt aber ihrerseits, ob Effis vergnügungslustiger Charakter zu der Karrieresucht Innstettens passt.
Effi sendet ihren Eltern Briefe von der Hochzeitsreise, die ihre Zweifel untermauern. Effi sehnt sich nach ihrem Zuhause und der Natur, während ihr Mann sich an den Kunstgalerien erfreut, die sie auf ihrer Reise besichtigen.

Nach der Hochzeitsreise verbringt das neue Ehepaar Innstetten noch eine Weile in Berlin bei Effis Vetter Dagobert, ehe sie weiter nach Kessin reisen. Effi ist sehr aufgeregt und empfindet die neue Umgebung gleichermaßen spannend und exotisch wie auch beängstigend. Vor allem an den Bewohnern der Stadt ist Effi sehr interessiert – besonders an denjenigen mit außergewöhnlicher Herkunft. So berichtet Geert ihr, dass in Kessin sogar einmal ein Chinese gelebt habe, der neben dem Kirchhof begraben wurde. Effi findet den Gedanken an einen Chinesen gruselig, verlangt aber trotzdem, mehr über die Kessiner Menschen zu erfahren.
Bald erreichen sie das Fachwerkhaus des Barons, dessen Hausangestellte die beiden in Empfang nehmen. Hier trifft Effi zum ersten Mal auf das Hausmädchen Johanna, die Köchin Christel und den Hund Rollo. Der Baron zeigt ihr einen Teil des Hauses, welches Effi ebenfalls unheimlich findet. Dennoch findet sie Gefallen an ihrem Zimmer, welches mit zahlreichen exotischen Einrichtungsgegenständen ausgestattet ist.

Am nächsten Morgen schläft Effi lange aus, da sie in der Nacht länger wach war. Sie erzählt Johanna, dass sie im Stockwerk über ihrem seltsame Geräusche gehört habe, als würde dort jemand tanzen. Johanna führt dies auf die langen Gardinen im oberen Stockwerk zurück, die während des Lüftens über den Boden gleiten. Effi und Geert frühstücken gemeinsam und sie berichtet ihm von ihren nächtlichen Ängsten und bittet darum, die Gardinen zu kürzen. Ihr Mann stimmt dem Vorschlag zwar zu, sieht jedoch keine Notwendigkeit, die Änderungen möglichst bald durchführen zu lassen.

Später am Tag zeigt Innstetten seiner Frau das restliche Haus sowie das Anwesen. Der Saal im oberen Stockwerk enttäuscht Effi, da er stumpf und ungepflegt ist. Nur ein Stuhl irritiert sie, auf dem ein kleines Bild eines Chinesen klebt. Innstetten weiß auch nicht, wer das Bild dort angebracht hat. Effi schlägt vor, den Saal in zwei Fremdenzimmer umzuwandeln, in dem sie ihre Eltern zu Besuch einquartieren könnten. Innstetten zeigt sich zunächst einverstanden, lehnt die Idee jedoch schließlich ab, da man ihre Eltern auch auf dem Landratsamt unterbringen könne, wo sie mehr Ruhe haben.
Später erhält Effi Besuch vom Apotheker Gieshübler, der ihr sehr sympathisch ist.

Analyse

Auffällig ist der Zeitsprung, mit dem das fünfte Kapitel beginnt. Obwohl die Hochzeit ein wichtiges und prägendes Erlebnis in Effis Leben darstellt, wird diese von Theodor Fontane komplett ausgespart. Der Erzähler berichtet in aller Kürze: »Auch der Hochzeitstag selbst war gut verlaufen.« (S. 33) Die Hochzeit wirkt somit wie ein rein bürokratisches Ereignis, über das kein ausführlicher Bericht notwendig wäre. Diese Darstellung einer Hochzeit steht im Gegensatz zu Effis Vorstellungen der perfekten Ehe, von der sie sich vor allem auch Liebe verspricht. Eine Hochzeit aus Liebe wäre hingegen kein Ereignis, welches so unwichtig anmutet, dass es in der Erzählung übergangen wird.

Stattdessen berichtet der Erzähler von einem Gespräch zwischen Herrn und Frau von Briest, die sich über die Ehe ihrer Tochter unterhalten. Vor allem Effis Vater ist in Sorge, da er seine Tochter als »sonderbar, halb wie ein Kind und dann wieder sehr selbstbewusst« (S. 35) empfunden hat. Hier zeigt sich Briests gutmütiger Charakter, da ihm offensichtlich mehr am Glück seines Kindes als an dessen gesellschaftlichem Stand gelegen hätte. Ein Brief von Effi, der ihre Hochzeitsreise beschreibt, bestätigt seine Sorge, da diese sich über die Kunstgalerien langweilt, die ihr Mann besichtigen will. (Vgl. S. 34f.) »Dem Naturkind Effi steht der Kunstfex Innstetten gegenüber.« (Grawe 63) Hier zeigt sich die Gegensätzlichkeit des neuen Ehepaares. Während Effi natürlich, intuitiv, gefühlsbetont und liebesbedürftig ist, zeigt ihr Mann sich künstlich, gesellschaftlich und streng an Regeln orientiert. (Vgl. Ebd. 64) Dies charakterisiert die Protagonisten und kann zudem als weitere Vorausdeutung für die spätere Katastrophe betrachtet werden, da Effis Natürlichkeit in Innstettens künstlicher Umgebung nicht überleben kann.

Die Unterhaltung zwischen Herrn und Frau von Briest gibt weiterhin Aufschluss über ihre eigene Ehe. So bemerkt Herr von Briest: »Überhaupt hättest du besser zu Innstetten gepasst als Effi. Schade, nun ist es zu spät.« (S. 35) Erneut zeigt sich Briest nicht eifersüchtig, sondern völlig neutral gegenüber Innstetten, der, »wenn auch ironisch, mit Effis Mutter verbunden« wird. (Grawe 63) Hieran wird deutlich, dass es sich auch bei der Ehe der Briests – obwohl die Eheleute gut miteinander auskommen – nur um eine Vernunftehe handelt.

Auf der Reise nach Kessin kommt zum ersten Mal der Chinese zur Sprache, der als eines der wichtigsten Motive des Romans betrachtet werden kann, da er in insgesamt 24 der 36 Kapitel des Werks thematisiert wird. (Vgl. Grawe 112) Nachdem Innstetten Effi von dem Chinesen berichtet hat und erwähnt, dass dieser womöglich trotz seines Todes noch in Kessin verweilt, glaubt diese an einen Spuk, der sie auch in ihrer ersten Nacht im Hause Innstetten verfolgt. So stellt Effi fest: »Ein Chinese, find ich, hat immer was Gruseliges.« (S. 42) Dass sie sich auch nachts in ihrem Zimmer vor dem Spuk fürchtet, zeigt zweierlei: Die junge Frau fühlt sich in ihrer neuen Umgebung nicht wohl und vertraut auch ihrem Ehemann nicht genug, um ihn in ihrer Angst aufzuwecken.

Veröffentlicht am 30. November 2023. Zuletzt aktualisiert am 30. November 2023.