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Effi Briest

Kapitel 21-24

Zusammenfassung

Effis Krankheit verschlimmert sich, sodass der Arzt ihr zu langen Spaziergängen rät. Sie beobachtet, wie Roswitha sich dem Kutscher Kruse annähert und warnt ihre Angestellte, da Kruse verheiratet ist. Roswitha weiß dies und berichtet Effi von ihrer schlechten Erfahrung mit der außerehelichen Liebe. Als sie noch jünger war, wurde sie unverheiratet schwanger, woraufhin ihre Eltern sie verstoßen haben, nachdem der Vater sie mit einer glühenden Stange schlagen wollte. Sie bekam das Baby in einer nahegelegenen Scheune, wo fremde Leute sie mehr tot als lebendig auffanden. Das Kind wurde ihr weggenommen und Roswitha ist sicher, dass es zum Sterben zurückgelassen wurde. Roswitha bekam die Chance, als Amme zu arbeiten und war froh, dass sie immerhin eine Arbeit hatte. Über die neue Anstellung bei Effi freut sie sich ganz besonders.
Als Innstetten aus Berlin heimkehrt, ist er erstaunt über Effis Wandlung seit ihrer Ankunft in Kessin – er bemerkt, dass Effi nicht mehr das Mädchen ist, welches er geheiratet hat und sagt, sie sei zur Frau geworden. Außerdem eröffnet er seiner Frau, dass er zum Ministerialrat gewählt wurde und dass Effi mit ihm nach Berlin ziehen werde. Diese reagiert so freudig, dass Innstetten misstrauisch wird. Effi behebt ihren Fehler, indem sie ihre Euphorie auf den Spuk schiebt, den sie so hinter sich lassen kann.

Innstetten verkündet, dass er nun verstehe, dass das Kessiner Haus zu klein für ihre Familie ist und verspricht ihr eine größere Wohnung in Berlin. Durch einen Brief erfährt Effi, dass auch ihre Mutter aufgrund einer Augenkrankheit in Berlin verweilt und ihr Hilfe bei der Suche nach einer geeigneten Wohnung anbietet. Effi verabschiedet sich von Gieshübler, dem einzigen Menschen in Kessin, den sie wirklich geschätzt hat. Sie schreibt überdies einen Abschiedsbrief an Crampas und nimmt die Schuld für ihr Verhältnis auf sich. Als sie gemeinsam mit ihrem Mann, ihrer Tochter und Roswitha auf dem Segelschiff steht, sieht sie Crampas in vorderster Reihe am Hafen stehen. Er winkt ihr zum Abschied zu und wirkt dabei ernst und verändert.

In Berlin wird Effi von Luise von Briest und ihrem Vetter empfangen und freut sich über das Wiedersehen. Die Familie verbringt einige schöne Tage gemeinsam und sie begeben sich auf die Wohnungssuche. Effi entscheidet sich für eine schöne Wohnung in der Keithstraße, die ihr gut gefällt, auch wenn sie nicht ganz trocken ist. Ihre Mutter warnt sie, dass dies wegen ihres Rheumatismus problematisch sein könnte, doch Effi winkt ab und beruft sich darauf, dass sie dann nach Hohen-Cremmen zurückkehren kann. Als sie zurück nach Kessin reisen soll, täuscht sie große Schmerzen vor. Der Arzt Dr. Rummschüttel durchschaut die junge Frau, attestiert ihr die Krankheit aber dennoch, weil er darauf vertraut, dass sie einen guten Grund für ihre Täuschung haben wird.

Innstetten trifft in Berlin ein und lobt sie für die schöne Einrichtung der Wohnung. Effi ist traurig über die Abreise ihrer Mutter, ist jedoch einigermaßen erfreut über Johannas Ankunft in Berlin. Innstetten berichtet ihr, dass Johanna das Bild des Chinesen, welches an einer Stuhllehne im oberen Saal klebte, mit nach Berlin gebracht hat, und Effi fühlt sich von dem Spuk verfolgt.
Effi und ihr Mann machen Urlaub auf Rügen, wo Effi ein Dorf mit dem Namen »Crampas« entdeckt. Daraufhin möchte Effi schnellstmöglich weiterreisen. Das Ehepaar verbringt anschließend einige gute Tage in Kopenhagen. Anschließend reist Effi zu ihren Eltern nach Hohen-Cremmen weiter. Luise von Briest und Herr von Briest sorgen sich um ihre Tochter. Sie haben das Gefühl, dass Effi sich ihren Eltern immer noch näher fühlt als ihrem Mann und ihrer Tochter. Effis Vater ist um die Ehe seiner Tochter äußerst besorgt, doch Luise erklärt, dass Effi erzählt habe, dass es ihr nun besser mit Innstetten gehe.
Effi denkt an Crampas und bemerkt, dass sie zwar schuldig an der Affäre ist, die Schuld aber nicht auf ihr lastet. Stattdessen leidet sie unter Scham und der Angst davor, dass ihre Affäre noch nachträglich entdeckt werden könnte.

Analyse

Effi erfährt die tragische Geschichte ihres Kindermädchens Roswitha, die bereits für ein unerlaubtes Verhältnis mit einem Mann büßen musste, und dabei ihre Familie und das aus der Beziehung entstandene Kind verlor. Roswitha ist als Parallel- und Kontrastfigur Effis konstruiert, da sie sich – genau wie ihre neue Herrin – einer verbotenen Affäre schuldig macht, anders als Effi im Verlauf der Handlung aber nicht an den Folgen ihrer Tat zugrunde geht. (Vgl. Müller-Salget 92)
Roswitha scheint Effis Schicksal im Vorhinein zu ahnen, denn nachdem sie berichtet, dass ihre Familie sie verstoßen hat und sie bei der Geburt ihres Kindes beinahe gestorben wäre, betet sie für Effi: »Ach, gnädigste Frau, die heil’ge Mutter Gottes bewahre Sie vor diesem Elend.« (S. 163) Auffällig ist nicht allein, dass Roswitha sich offensichtlich Sorgen um ihre verheiratete Herrin macht und somit ahnt, dass Effi womöglich ein ähnliches Schicksal ereilen wird. Auch Effis Reaktion ist interessant:

    Effi fuhr auf und sah Roswitha mit großen Augen an. Aber sie war doch mehr erschrocken als empört. »Was du nur sprichst! Ich bin ja doch eine verheiratete Frau. So was darfst du nicht sagen, das ist ungehörig, das passt sich nicht.« (S. 163)

Effis körperliche Reaktion sowie der Verweis, dass sie erschrocken statt empört ist, zeigen ihr schlechtes Gewissen. Sie fühlt sich von Roswitha ertappt und bemüht sich, ihr eine Erklärung zu geben, die ihre Hausangestellte nicht noch misstrauischer werden lässt. Schließlich wechselt sie zügig das Thema und lässt Roswitha ihre Geschichte weitererzählen.

Als Innstetten von einer seiner Reisen heimkehrt, bemerkt auch er eine Veränderung an seiner Frau. Er macht ihr ein Kompliment und stellt fest: »Du hattest so was von einem verwöhnten Kind, mit einem Mal siehst du aus wie eine Frau.« (S. 165) Effi freut sich zwar über seine netten Worte, glaubt ihm jedoch aufgrund seiner sonst fehlenden Aufmerksamkeit für sie nicht. Innstettens freundliche Komplimente sind als erster Wendepunkt ihrer Beziehung zu sehen, die sich in der Zeit in Berlin verbessern wird. Er erkennt, dass Effi kein Kind mehr ist und behandelt sie angemessener, sodass sich die Ehe der Innstettens doch verbessern kann.
Dennoch wird er misstrauisch, als Effi sich über den bevorstehenden Umzug zu euphorisch freut. Er wird wütend und glaubt bereits seit mehreren Wochen, dass Effi etwas vor ihm verschweigt. Seine Frau kann ihn beruhigen, indem sie ihre Erleichterung auf den Spuk schiebt, den sie in Kessin zurücklassen wird. Dass Innstetten sich sofort beruhigt und nicht weiter nachhakt, zeigt, wie sehr er seine Frau bislang vernachlässigt hat. Er entschuldigt sich bei Effi – ein weiteres Zeichen dafür, dass sich ihre Beziehung zueinander durch seine Erkenntnis über ihr Erwachsenwerden verbessert.

Vor ihrem Umzug schreibt Effi einen Brief an den Major. Als sie das Schiff betritt, welches sie nach Berlin bringt, winkt Crampas ihr mit ernster Miene aus der ersten Reihe am Hafen zu. Sein stummer, ernster Abschied weist darauf hin, dass er doch ernste Gefühle für Effi gehabt hat und ihren Fortgang ehrlich bedauert. Effi hingegen verspürt vor allem Erleichterung, da sie den Umzug als Chance betrachtet, ihre Ehe zu retten. In ihrem Blick zu Crampas liegt »etwas Bittendes« (S. 175), was als Bitte um sein Stillschweigen und seine Verzeihung für ihren unpersönlichen Abschied betrachtet werden kann. Sie zeigt ihm mit diesem Blick, dass sie sich die Chance auf den Neuanfang mit ihrer Familie ehrlich wünscht.

In Berlin angekommen, wirkt Effi weitaus glücklicher als zu ihrer Zeit in Kessin. Dennoch bleibt weiterhin merklich, dass sie ihre Vergangenheit nicht gänzlich loslassen kann. So verfolgt sie zum einen der Chinese – in Form eines Bildes in Johannas Portemonnaie – nach Berlin. Und auch ihre Affäre verfolgt sie, da sie während eines Urlaubs mit Innstetten ein Dorf namens »Crampas« entdeckt. Diese Zeichen deuten darauf hin, dass es Effi zwar deutlich besser geht, sie die Ängste und Fehler ihrer Vergangenheit jedoch nicht durch den Umzug vergessen und ungeschehen machen kann. Dennoch stellt sie fest, dass sie zwar schuldig an den Geschehnissen ist, sich jedoch nicht schlecht fühlt. Dies kann als indirekte Schuldabweisung verstanden werden, da Effi zwar weiß, dass ihre Taten falsch waren, doch so unter ihren Lebensumständen – herbeigeführt durch Innstetten, ihre Eltern, die Gesellschaft – gelitten hat, dass sie keinen anderen Ausweg wusste.

Trotz ihrer Freude im neuen Heim kann sie außerdem ihre gefühlte Heimat Hohen-Cremmen nicht loslassen. Als ihre Mutter Effis Wohnung im Hinblick auf ihre Gesundheit kritisiert, entgegnet Effi, dass sie im Fall einer Krankheit immer noch Hohen-Cremmen habe. Dies zeigt, dass sie immer noch nicht vollständig in ihrem neuen Zuhause sowie ihrer Rolle als Baronin angekommen ist, da ihr das Elternhaus nach wie vor der wichtigste Zufluchtsort ist. Effi wächst niemals vollständig aus ihrer Rolle als Tochter hinaus.

Veröffentlicht am 30. November 2023. Zuletzt aktualisiert am 30. November 2023.