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Effi Briest

Kapitel 33-36

Zusammenfassung

Innstetten stimmt dem Treffen von Annie und Effi zu. Als sie in Effis Wohnung erscheint, freut diese sich überschwänglich und bemüht sich um ein Gespräch mit ihrer Tochter, doch diese wirkt zurückgezogen und steif und antwortet auf Effis Fragen nur ausweichend. Sie erwähnt, dass Johanna vor dem Haus auf sie warte und dass sie sie nicht zu lange warten lassen möchte. Nachdem sie auf Effis Vorschläge bezüglich weiterer Treffen stets dieselbe Phrase entgegnet, geleitet Effi ihre Tochter hinaus. Sie bricht unter ihrem Leid zusammen, beschuldigt Innstetten, das Kind dressiert zu haben und behauptet, sie hasse ihn und auch das Kind. Sie leidet unter ihren Schuldgefühlen für ihre Vergangenheit und liegt am Boden, als Roswitha sie findet.

Nach diesem Zwischenfall verschlechtert sich Effis Gesundheitszustand zusehends. Dr. Rummschüttel bittet ihre Eltern in einem Brief, Effi wieder in Hohen-Cremmen aufzunehmen, da er vermutet, dass nur ihre Heimat und die Liebe der Eltern ihr noch helfen könne. Die Eltern diskutieren dies, willigen auf Herrn von Briests Wunsch jedoch ein. Nach einigen Monaten geht es Effi besser – vor allem ihre seelischen Qualen lassen nach. Effi lebt in ihrem Elternhaus wieder auf und Roswitha sowie ihre Eltern umsorgen sie. Ihr körperlicher Zustand verschlechtert sich jedoch weiter. In einem Gespräch mit Pastor Niemeyer erklärt sie, dass sie nicht mehr dieselbe Effi sei wie früher und fragt ihn, ob sie trotz ihrer Vergehen in den Himmel komme. Der Pastor verspricht ihr dies.

Durch eine Erkältung verschlimmert sich Effis Krankheit – eine weitere Kur, die ihr vom Arzt vorgeschlagen wird, lehnt sie ab. Sie hilft sich mit Spaziergängen weiter. Innstetten ist währenddessen zum Ministerialdirektor aufgestiegen. Seine Freude über die Karriere bleibt aus, da er sein Leben als verpfuscht betrachtet. Roswitha bittet ihn per Brief darum, Effi den Hund Rollo zu überlassen, der ihr bereits in Kessin ein treuer Gefährte war. Sie wünscht sich dessen Beistand auch nun.

Effi freut sich sehr über Rollos Eintreffen in Hohen-Cremmen und verbringt ihren letzten Sommer mit dem treuen Tier, welches ihr nicht von der Seite weicht. Effi verbringt so noch eine letzte glückliche Zeit in Hohen-Cremmen. Sie bittet ihre Mutter darum, Innstetten mitzuteilen, dass sie die gesamte Schuld auf sich nehme und ihm Crampas’ Tod verzeiht. Das Sterben macht ihr keine Angst. Nach ihrem Tod im September wird Effi auf dem Hof des Gutshauses begraben. Auf ihren letzten Wunsch hin, steht auf der Grabplatte nicht ihr Ehename, sondern »Effi Briest«. Die Eltern sprechen darüber, ob sie eine Mitschuld am Tod ihrer Tochter haben, kommen jedoch zu keinem Schluss.

Analyse

Auch Innstetten beweist guten Willen, indem er einem Treffen zwischen Effi und Annie zustimmt, obwohl dieser Kontakt für Effi ebenfalls verboten ist. Innstettens Zustimmen ließe sich als Reue interpretieren, die ihn nach dem Duell immer noch plagt – hierzu passt auch seine spätere Einwilligung, Effi für ihre letzte Zeit seinen Hund Rollo zu überlassen, in dem sie bereits in Kessin einen treuen Gefährten und Beschützer gefunden hat. Effi jedoch gewinnt in Bezug auf ihre Tochter den gegenteiligen Eindruck und unterstellt Innstetten eine Grausamkeit, da sie vermutet, dass dieser Annie absichtlich so erzogen hat, dass sie sich allen Vorschriften und Wünschen der Gesellschaft sowie ihres Vaters fügt. Effi äußert ihren Hass in einem Gefühlsausbruch, der Aufschluss über ihre psychische Verfassung gibt. Nach Jahren der Isolation ist von dem fröhlichen, lebhaften Mädchen, welches Innstetten aus Hohen-Cremmen geholt hat, nichts mehr übrig. Effi hat durch die Affäre und der Aufbewahrung der Briefe als Beweismittel leichtsinnig mit der Gefahr gespielt und dabei alles verloren. Schließlich stellt sie jedoch fest, dass sie selbst die größte Schuld hat und erleidet einen weiteren Zusammenbruch.

    Das letzte Jahr von Effis Leben zieht [...] schnell am Leser vorüber und ist deutlich als eine Heimkehr gestaltet, die auf den Anfang des Romans zurückverweist. Nicht nur kehrt sie nach Hohen-Cremmen zurück; mit dem Ruf ihrer Freundinnen am Fenster während der Verlobung wird sie im Telegramm des Vaters auch zurückgerufen und schließlich unter der Sonnenuhr im Gartenrondell begraben, das mit seinen Blumen die symbolische Folie ihrer Persönlichkeit abgab. (Grawe 88f.)

Hier zeigt sich zunächst eine subtile Entwicklung des Charakters von Herrn von Briest, der sich im gesamten Handlungsverlauf den Wünschen seiner Frau und der Gesellschaft fügt und somit indirekt an Effis Verlobung und damit auch an ihrem Unglück beteiligt ist. Dieser erfährt von der schlimmen Krankheit seiner Tochter und wagt es endlich, sich über seine Frau und die gesellschaftlichen Konventionen zu stellen, um seine Tochter für ihre letzte Lebenszeit zurück in ihre Heimat zu holen.

In Hohen-Cremmen verbessert sich Effis Geisteszustand, doch sie ist dennoch durch ihre Schuld gebrochen. Die Malerei gibt sie hier wieder auf. »Da sie stattdessen entzückt in die Natur blickt, ist auch dies ein Aspekt ihrer Heimkehr, und zwar aus der Kunst in die Natur.« (Ebd. 89) Effi wird zwar nicht mehr zu dem Charakter, der Hohen-Cremmen nach der Hochzeit verlassen hat, findet aber in einigen Aspekten wieder zurück zu sich selbst. Dass sie nicht plant, vollständig zu genesen, zeigt sich an ihrer Ablehnung einer erneuten Kur. Effi hat Frieden mit ihrem Schicksal geschlossen und sieht im Tod keine Gefahr, sondern eine Erlösung von ihrem seelischen und körperlichen Leiden.

    Fontane hat Wert darauf gelegt, Effis Dahinsiechen auf zwei Ebenen zu begründen. Auf der physischen ist es das Akutwerden eines Lungenleidens [...] und ein Nervenleiden [...] auf der seelischen die Folge ihrer Zerstörung durch die Konventionen der Zeit, die sie als Opfer fordern. (Ebd.)

Die Zusicherung des Pastors, dass Effi in den Himmel kommen werde, lässt sich als reine Nächstenliebe für die Sterbende oder als Antwort auf die Schuldfrage erklären, sodass Effi den Ehebruch zwar begangen hat, jedoch nicht allein dafür verantwortlich gemacht und bestraft werden kann. Dies kann als subtiler Hinweis darauf gedeutet werden, dass Fontane die Schuld vielmehr bei der Gesellschaft und in gewissem Rahmen auch bei Innstetten und Effis Eltern sucht.

Am Ende wird Effi im Elternhaus begraben und auf ihren Wunsch hin lassen die Eltern ihre Grabplatte mit dem Namen »Effi Briest« anfertigen. Die Rückkehr zum Mädchennamen kann als letzte Rückkehr in eine Heimat betrachtet werden, die Effi freiwillig – ohne den Einfluss ihrer Mutter und der Gesellschaft – nie verlassen hätte. Abschließend diskutieren Luise und Herr von Briest darüber, ob sie eine Mitschuld an Effis Tod haben. Herr von Briest ist bemüht, das Thema schnell abzuhaken, sodass die Frage offen bleibt. Hiermit wird diese von Fontane an den Leser übergeben.

Veröffentlicht am 30. November 2023. Zuletzt aktualisiert am 30. November 2023.