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Effi Briest

Kapitel 25-28

Zusammenfassung

Effi und ihr Mann feiern ihren zweiten Hochzeitstag in Berlin. Hier nehmen sie viel häufiger am gesellschaftlichen Leben teil als in Kessin. Ein Zeitsprung versetzt die Handlung sieben Jahre in die Zukunft. Effis Mutter ist in Sorge, da ihre Tochter immer noch keinen Sohn – und damit einen Erben – zur Welt gebracht hat. Effis Gesundheitszustand verschlechtert sich, sie leidet häufiger an katarrhalischen Affektionen. Dr. Rummschüttel verschreibt ihr deshalb eine Kur, die Effi zunächst in Schwabach und dann in Ems abhalten soll.

Effi, die zum Zeitpunkt der Handlung mittlerweile 25 Jahre alt ist, befindet sich bereits seit fünf Wochen in Kur. Dort lernt sie die Geheimrätin Zwicker kennen, die ihr schnell zu einer Vertrauten wird. Unterdessen kümmern sich Johanna und Roswitha um Annie, die mittlerweile zur Schule geht und die beiden Hausmädchen sehr schätzt. Bei einem Spiel auf der Treppe schlägt das Mädchen sich den Kopf an und die beiden Frauen versuchen, sie zu versorgen. Auf der Suche nach Verbandsmaterial brechen sie einen Nähtisch auf und finden dort einen Stapel Briefe, der mit einem roten Seidenfaden umwickelt wurde. Innstetten sieht die Briefe ebenfalls, kümmert sich jedoch zuerst um Annie.

Dr. Rummschüttel untersucht das Mädchen und verordnet ihr Ruhe, nachdem er sichergestellt hat, dass sie gut verarztet wurde. Nachdem Rummschüttel gegangen ist, widmet sich Innstetten den Briefen und erfährt so von der Affäre zwischen seiner Frau und Major Crampas. Annie und Johanna wundern sich über Innstettens düstere Miene, während dieser den Ministerialrat Wüllersdorf darum bittet, Crampas eine Aufforderung zum Duell zu überbringen. Wüllersdorf ist bemüht, Innstetten die Idee auszureden und hinterfragt mehrfach, ob die Affäre von vor sechs Jahren nicht als verjährt gelten könnte. Innstetten erklärt, dass er keine Rachegefühle hegt und seine Frau immer noch liebt. Die vergangene Zeit hilft ihm dabei, den Fehltritt hinzunehmen, doch er hält es aufgrund der gesellschaftlichen Konventionen dennoch für notwendig, das Duell durchzuführen.

Innstetten reist zurück nach Kessin und trifft dort Wüllersdorf wieder. Dieser berichtet, dass er sich mit Crampas auf eine Stelle zwischen den Dünen geeinigt habe, dass Innstetten aber dennoch bedenken müsse, dass er das Duell auch verlieren könne. Innstetten sieht keine Möglichkeit, das Duell abzusagen. Crampas habe auf die Duellaufforderung schockiert reagiert, sei dann jedoch in Akzeptanz und wehmütige Resignation verfallen. Wüllersdorf hatte das Gefühl, dass Crampas bewusst war, dass er das Duell nicht gewinnen würde. Die beiden Männer treffen am vereinbarten Ort aufeinander, Schüsse fallen und Crampas stürzt zu Boden. Er versucht, Innstetten noch etwas zu sagen, verstirbt jedoch, bevor er den Satz beenden kann. Im Augenblick seines Todes ist sein Blick von Schmerz und Freundlichkeit erfüllt.

Analyse

Effis Leben in Berlin wird zunehmend geselliger, obwohl Innstetten weiterhin primär um sein Amt und seine gesellschaftliche Stellung statt um seine Frau bemüht ist. Sein Wille »auf das stille Leben, das er in seiner landrätlichen Stellung geführt, ein gesellschaftlich angeregteres folgen zu lassen« (S. 203) zeigt sein Bemühen seiner Ehefrau gegenüber, die sich in sozialer Hinsicht zunehmend besser fühlt. Dennoch deutet Fontane an, dass die Ehe der Innstettens auch weiterhin nicht vollständig genesen ist. Dies wird durch Effis Unfruchtbarkeit dargestellt, da sie nach Annie kein Kind mehr empfängt. (Vgl. Grawe 86)

Dass Effi ihre Vergangenheit nicht vollständig loslassen kann, zeigen auch Crampas’ Briefe, die sie weiterhin versteckt aufbewahrt, statt sie für ihren Neuanfang zu vernichten. Das Aufbewahren der Briefe kann als typisch für Effis Charakter betrachtet werden, da diese bereits als Jugendliche gerne mit der Gefahr spielte. Während sie in ihrer Kindheit im elterlichen Garten schaukelt, wartet, ob die Schaukel bricht, und dennoch erwartet, dass ihr schon nichts Schlimmes geschehen werde, wendet sie dasselbe Vorgehen nun in Berlin an, indem sie Crampas’ Briefe behält und hofft, dass sie niemand finden wird. Letztlich sind es Johanna und Effis engste Vertraute Roswitha, die die Briefe auf der Suche nach Verbandsmaterial finden und aus ihrem Versteck holen. »Effis alte Schuld wird durch das Blut ihrer eigenen Tochter entdeckt, die mehr und mehr zur Tochter ihres Vaters und damit zur Inkarnation preußischer Züge heranwächst.« (Ebd. 87)

Ein Gespräch zeigt Innstetten als »eher unsicheren, keineswegs fanatischen Mann, der den rigorosen moralischen Forderungen der Gesellschaft aus objektiven Gründen Genüge tun möchte und nicht etwa aus persönlicher Unversöhnlichkeit spricht und handelt.« (Ebd.)
Innstetten nimmt Effi ihren Ehebruch nicht auf persönlicher Ebene übel, die für ein Ehepaar aus heutiger Sicht das weitaus größere Problem darstellen würde. Er sieht allein seine Ehre verletzt und erhebt die Tat zu einem gesellschaftlichen Problem, welches er durch ein Duell beseitigen muss. Er erwägt nicht, seiner Frau aus Liebe zu ihr und aus Einsicht für seine eigene emotionale und körperliche Abwesenheit zu verzeihen und bietet ihr auch keine Möglichkeit, das Problem mit ihm persönlich zu klären, ehe er es durch die Duellaufforderung öffentlich macht. (Vgl. Ebd.) Damit agiert Innstetten als typischer Vertreter seiner Zeit, für den das gesellschaftliche Gesetz weit über der Liebe steht. Erst nach dem Duell ist er bereit, sein Handeln zu reflektieren und setzt sich mit der Frage der Verjährung eines Ehebruchs auseinander. (Vgl. Ebd.) Dies geschieht vor allem wegen Crampas’ Reaktion, der Innstetten im Moment seines Ablebens eine Frage stellen wollte, die wohl »eine Effi betreffende Bitte zum Ausdruck bringen« sollte. (Müller-Salget 92) Innstetten leidet fortan unter diesem Tod ohne Abschluss und dem Blick des Sterbenden und erkennt, dass die Einhaltung jeder gesellschaftlicher Konvention – so interpretiert er auch Crampas’ Blick – »unnötige Prinzipienreiterei« ist. (Ebd.)

Veröffentlicht am 30. November 2023. Zuletzt aktualisiert am 30. November 2023.