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Effi Briest

Kapitel 1-4

Zusammenfassung

Die Szene spielt in Effis Elternhaus auf Hohen-Cremmen, einem fiktiven Ort in Brandenburg. Die junge Effi geht im Garten mit ihrer Mutter der Handarbeit nach, als ihre Freundinnen Bertha, Hertha und Hulda eintreffen. Als die Mutter die Mädchen allein lässt, erzählt Effi ihnen, dass sie heute Besuch vom Baron von Innstetten erwarten. Dieser ist ein alter Freund ihrer Mutter und lebt im Ort Kessin in Hinterpommern. Effi erzählt die tragische Liebesgeschichte der beiden, die sich jung kennenlernten und verliebten. Doch Geert von Innstetten hatte ihrer Mutter nichts zu bieten, wohingegen ihr Vater bereits Ritterschaftsrat war und Hohen-Cremmen besaß. So nahm sie seinen Heiratsantrag an und wurde Frau von Briest. Geert von Innstetten verließ die Stadt und das Militär und begann ein Jurastudium. Heute besucht er seine ehemalige Freundin in Hohen-Cremmen. Ihren Mann stört dies nicht.

Effi und ihre Freundinnen versenken einige Stachelbeerschalen im See und machen sich einen Spaß daraus, indem sie eine Trauerzeremonie gestalten. Effi erklärt, dass so in anderen Ländern auch früher Frauen ertränkt wurden, die ihren Männern untreu waren. Ihre Freundinnen nehmen diese Geschichte nicht ernst, Effi hingegen schon.

Die Freundinnen spielen weiter, bis Frau von Briest Effi hereinbittet, um den Besuch zu begrüßen. Die Mutter erklärt, dass der Baron um ihre Hand angehalten hat und Effi den Antrag annehmen sollte, da Baron von Innstetten eine gute Partie für sie sei. Der Mann sei zwar älter, habe aber auch schon so viel erreicht, dass Effi ihre Mutter somit überholen würde.

Effi willigt in die Verlobung ein und ist vorerst zufrieden. Sie berichtet ihren Freundinnen von dem Ereignis und erzählt, dass sie und Geert von Innstetten sich auch schon beim Vornamen nennen. Die Mädchen zweifeln, ob diese kurzfristige Entscheidung richtig war und stellen fest, dass Effi ganz anders spreche als zuvor. Innstetten reist schnell wieder ab, schreibt Effi jedoch täglich einen Brief. Diese freut sich darüber, dass er sich so häufig meldet und nur einmal wöchentlich eine kurze Antwort erwartet. Gemeinsam mit ihrer Mutter reist Effi nach Berlin, um Einkäufe für ihre bevorstehende Reise zu Baron Innstetten zu erledigen. Hier verbringen sie viel Zeit mit ihrem Vetter Dagobert.

Effi und Frau von Briest kehren nach Hohen-Cremmen zurück. Dort erzählt Effis Vater ihnen bei ihrem Empfang, dass er einen der Hausangestellten, den Hausinspektor Pink, wegen eines Ehebruchs entlassen musste.

Anfang August beginnt Effi, sich mehr mit ihrer Zukunft zu beschäftigen. Sie fürchtet sich vor ihrem Umzug nach Kessin in Hinterpommern und stellt sich vor, es handle sich um einen beinahe sibirischen Ort, an dem Kälte und Schnee niemals aufhören. Ihre Mutter ist bemüht, sie zu beruhigen, doch Effi hält an ihrer Vorstellung fest.

Sie erhält einen weiteren Brief von Innstetten und öffnet diesen erst, nachdem die Mutter sie dazu gedrängt hat. Als sie während des Lesens kaum eine Gefühlsregung zeigt, fragt ihre Mutter sie, ob sie ihren Verlobten denn überhaupt liebe. Effi antwortet, dass sie jeden liebe, der gut zu ihr ist. Sie gesteht ihrer Mutter außerdem, dass sie sich vor Innstetten und seinen Prinzipien fürchtet.

Analyse

Der Roman beginnt mit einer ausführlichen Beschreibung des Guts Hohen-Cremmen, auf dem die Protagonistin lebt und aufgewachsen ist. In dieser friedlichen Idylle verbringt Effi Zeit mit ihrer Mutter, die hin und wieder von ihrer Handarbeit aufblickt, ohne sich anmerken zu lassen, »wie entzückend sie ihr eigenes Kind finde, zu welcher Regung mütterlichen Stolzes sie voll berechtigt war.« (S. 8) Fontane zeichnet ein harmonisches Bild von Effis Elternhaus, welches die ruhige Kindheit erahnen lässt, die das Mädchen dort bis zum Einsetzen der Handlung genießen durfte. Durch die Idylle wird der Unterschied zu Effis späterem Leben in Kessin deutlich, sodass der Leser besser nachvollziehen kann, was der jungen Frau dort fehlt. Während Hohen-Cremmen für das gesellschaftliche Leben mit Familie und Freunden steht, wird der Ort Kessin als Ödnis dargestellt, in dem Effi ein sehr zurückgezogenes Leben führt.

»Der Grundton dieser Kapitel ist der einer Idylle auf brüchigem Grund und die schicksalsträchtigen Zeichen, die der Leser aber erst aus der Kenntnis des ganzen Romans vollständig zu deuten weiß, häufen sich.« (Grawe 53)

Eines dieser Zeichen ist Effis Geschichte von den Frauen in Konstantinopel, die für ihre Untreue ertränkt wurden. Als ihre Freundin sich wundert, dass man diese Art von Geschichten doch schnell vergesse, antwortet Effi: »Ich nicht. Ich behalte so was.« (S. 14) Hierbei handelt es sich um eine Vorausdeutung auf Effis späteres Schicksal. Die Thematik des Ehebruchs wird erstmals in den Roman eingeführt – mit einem deutlichen Hinweis darauf, dass Frauen, die sich dieser Tat schuldig machen, hart bestraft werden. Da Effi sich darüber bewusst ist, ist zudem klar, dass ihre spätere Handlung nicht damit zu rechtfertigen ist, dass sie die Tragweite ihres Vergehens nicht richtig einschätzen konnte. Auch wenn das Ertränken der Ehebrecherinnen zu einer anderen Zeit und an einem anderen Ort stattfand, steht es dennoch sinnbildlich für die Strafe, die auch Effi später erhält. So wird sie zwar nicht ertränkt werden, doch als Ehebrecherin droht ihr zumindest der gesellschaftliche Tod.
Ein weiterer Verweis auf die Thematik des Ehebruchs findet sich darin, dass Effis Vater beiläufig berichtet, dass er einen seiner Hausangestellten entlassen musste, da dieser eine Affäre mit der Gärtnersfrau gehabt habe. (Vgl. S. 23) Der Mann wird als »ungewöhnlich tüchtig« beschrieben und Briest bedauert die Entlassung. Hier wird zweierlei deutlich: Zum einen, dass die gute Arbeitsweise des Mannes und sein sonstiger Charakter weniger wichtig genommen werden als der Ehebruch, und zum anderen, dass Briest so nicht aus eigener Motivation handelt. Er befolgt die gesellschaftlichen Konventionen, die die Entlassung des Mannes vorgeben.

Die ersten Kapitel behandeln maßgeblich Effis überstürzte Verlobung mit dem Baron Geert von Innstetten. Diese scheint zunächst eine Idee ihrer Mutter zu sein, die Innstetten einst selbst geliebt hat, sich jedoch aus Vernunftgründen für Herrn von Briest entschieden hat. An einem Gespräch mit ihrer Tochter wird deutlich, dass Luise ihre einstigen Gefühle für Innstetten auf ihre Tochter projiziert:

    Du hast ihn vorgestern gesehen, und ich glaube, er hat dir auch gut gefallen. Er ist freilich älter als du, was alles in allem ein Glück ist, dazu ein Mann von Charakter, von Stellung und guten Sitten, und wenn du nicht »nein« sagst, was ich mir von meiner klugen Effi kaum denken kann, so stehst du mit zwanzig Jahren da, wo andere mit vierzig stehen. Du wirst deine Mama weit überholen. (S. 17)

Effi wird von ihrer Mutter völlig überrumpelt und nahezu zu der Verlobung gedrängt. Die Option, den Antrag abzulehnen, nennt Luise zwar, relativiert ihn jedoch selbst durch den Verweis auf Effis Intelligenz. Mit der Aussage, dass Effi der Mann auch gefallen habe, projiziert sie ihre eigenen Gefühle auf ihre Tochter. Zudem wird deutlich, dass Luise – die zunächst nicht einmal hinterfragt, ob Effi Innstetten auch heiraten möchte – nur an der gesellschaftlichen Stellung ihres Kindes interessiert ist, die sich so verbessern ließe.
In einem späteren Gespräch erklärt Effi ihrer Mutter ihre Vorstellungen bezüglich der Ehe und äußert auch Zweifel: »Er ist so lieb und gut gegen mich und so nachsichtig, aber … ich fürchte mich vor ihm.« (S. 32) Die Reaktion ihrer Mutter bleibt aus. Hier zeigt sich ein weiteres Mal Luises mangelnde Fürsorge bezüglich der echten Interessen und Bedenken ihrer Tochter.

Veröffentlicht am 30. November 2023. Zuletzt aktualisiert am 30. November 2023.