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Unter der Drachenwand

Inhaltsangabe

Im Dezember 1943 wird der junge österreichische Soldat Veit Kolbe an der Ostfront schwer verwundet. Nach kurzem Lazarettaufenthalt im Saarland verbringt er seinen Genesungsurlaub am Mondsee im Salzburger Land, unterhalb des Drachenwand-Bergmassivs. Durch Vermittlung seines Onkels Johann, des Ortspolizisten in Mondsee, erhält er ein Zimmer bei der Quartierfrau Trude Dohm, einer überzeugten Nationalsozialistin, die mit dem SS-Mann Max Dohm verheiratet ist. Veit ignoriert sie weitgehend und richtet sich so gut wie möglich vor Ort ein. Eine Belastung sind seine häufigen Panikattacken als Folge der Kriegserlebnisse.
Veit freundet sich mit Trudes Bruder an, der eine Gärtnerei betreibt und aufgrund einiger in Brasilien verbrachter Jahre »der Brasilianer« genannt wird. Der erklärte Regimegegner ist aufgrund seiner Haltung mit seiner Schwester zerstritten. Veit lernt auch die sympathische Darmstädterin Margot Neff kennen, die mit ihrer kleinen Tochter Lilo das Nachbarzimmer bewohnt. Ihr Mann stammt aus der Gegend und ist als Soldat an der Front.

Zeitgleich mit Veits Aufenthalt befindet sich im nahegelegenen Schwarzindien eine Gruppe junger Mädchen aus Wien auf Kinderlandverschickung. Veit versucht anfangs, ihre Betreuerin, die Lehrerin Margarete Bildstein, näher kennenzulernen. Sie weist seine Annäherungsversuche jedoch kühl zurück. Als eines der von Margarete beaufsichtigten Mädchen, die 13-jährige Nanni Schaller, spurlos verschwindet, erkennt Veit seinen Onkel als kalten Opportunisten: Statt Nannis verzweifelte Mutter zu unterstützen, zeigt sich der Postenkommandant passiv und gleichgültig. Erst Wochen später wird die Leiche der im Gebirge verunglückten Nanni gefunden.
Der Brasilianer wird verhaftet, weil er öffentlich Kritik an Joseph Goebbels übt. Während seiner Haftzeit kümmern sich Margot und Veit um seine Gärtnerei. Dabei kommen sie einander näher und werden ein Paar. Allen Schrecken des Krieges und allen Anfeindungen im Dorf zum Trotz genießen sie ihre gemeinsame Zeit, auch wenn Veits erneute Einberufung droht. Als der inzwischen aus der Haft entlassene Brasilianer durch einen Streit mit seinem Schwager erneut in Schwierigkeiten gerät, flieht er und versteckt sich in der Nähe des Lagers Schwarzindien. Veit rettet ihn in einer gewagten Aktion vor der Verhaftung, indem er seinen Onkel erschießt. Der Brasilianer, den man für den Täter hält, kann fliehen. Veit bleibt unbehelligt, wird aber gegen Kriegsende noch einmal eingezogen. In der Nachbemerkung erfährt man, dass er den Krieg überlebt und nach Kriegsende die inzwischen geschiedene Margot heiratet, mit der er ein Leben lang zusammenbleibt.

Die Schilderung dieser Ereignisse aus der Sicht Veit Kolbes wird flankiert und unterbrochen von den Briefen dreier anderer Personen: Margots Mutter Lore Neff, die in Briefen an ihre Tochter immer wieder von den dramatischen Ereignissen im bombardierten Darmstadt berichtet; Nannis Cousin Kurt Ritler, der in Briefen an Nanni seine schwärmerische Verliebtheit für sie ausdrückt, aber auch den Alltag im Krieg schildert; Oskar Meyer, ein Wiener Jude, der seine Cousine Jeanette brieflich über die Stationen seiner Flucht auf dem Laufenden hält.

Während Lore Neff und Kurt Ritler über die Adressaten ihrer Briefe, Margot Neff und Nanni Schaller, unmittelbar mit dem Erzählstrang um Veit verbunden sind, gibt es keine offensichtliche Verbindung der Handlungsebene um Oskar Meyer mit den Ereignissen am Mondsee. Unabhängig von den Geschehnissen dort erfährt man aus seinen Briefen, wie er mit seiner Familie zunächst aus Wien nach Budapest flieht, nach dem Einmarsch der Deutschen in Ungarn weiter nach Rumänien will und sich schließlich zu einem Arbeitsdienst meldet, nachdem seine Frau Wally und sein Sohn Georg deportiert wurden. Erst in der Nachbemerkung wird ihr endgültiges Schicksal mitgeteilt: Wally und Georg werden in Auschwitz ermordet, Oskar stirbt auf einem Transport ins KZ Mauthausen. Eine rein äußerliche Verbindung zwischen Oskar und Veit wird nur an einer einzigen Stelle im Roman hergestellt: Veit erblickt im Vorbeigehen Männer, die im Arbeitsdienst Gräben ausheben. Einer von ihnen ist, so kann man als Leser schließen, Oskar.

Veröffentlicht am 28. Juli 2022. Zuletzt aktualisiert am 27. September 2022.