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Aus dem Leben eines Taugenichts

Prüfungsfragen

  • Welche Art von Erzähler etabliert Eichendorff in seiner Novelle »Aus dem Leben eines Taugenichts«?

    Der Erzähler ist Teil der erzählten Welt (autodiegetischer Erzähler) und er ist selbst die Hauptfigur seiner Erzählung. Wenn er von seinen früheren Abenteuern berichtet, benutzt er die erste Person Singular. Es gibt keine Angaben zur Erzählsituation oder zum Medium der Erzählung (mündlich/schriftlich). Kein Adressat wird angesprochen.

  • Gibt es Beschränkungen im Hinblick darauf, welche Informationen Eingang in die Erzählung finden (Fokalisierung)?

    Die Erzählung ist konsequent intern fokalisiert. Eingang in die Erzählung finden also nur die Informationen, die dem Protagonisten zum jeweiligen Zeitpunkt der Handlung zur Verfügung stehen. Seine fast über den gesamten Handlungszeitraum bestehenden Irrtümer werden somit für den Leser reproduziert.

  • Gibt es Anachronien (Rückblenden/Vorausschauen)?

    Prolepsen (Vorausschauen) gibt es keine, Analepsen (Rückblenden) wenige. Am Schluss der Erzählung bedarf es zur Aufklärung des Protagonisten zwei Analepsen: Die Erzählung Leonhards über seine und Floras Liebesgeschichte und Flucht, sowie die Angaben, die Aurelie in dem Gartenhaus über den letzten Sommer in Rom, über ihr Erscheinen auf dem Balkon und über Graf Leonhard macht. Diese beiden Passagen sind für die Erzählung konstitutiv.

    Davon abgesehen gibt es kürzere analeptische Elemente. Eine der wenigen externen Analepsen (Rückgriff auf ein Ereignis vor Beginn der eigentlichen Erzählung) findet sich im dritten Kapitel, wenn der Taugenichts davon erzählt, wie seine verstorbene Mutter »von wilden Wäldern und martialischen Räubern erzählte« (496). Ansonsten gibt es kürzere Erwähnungen von Situationen aus seiner ersten Zeit auf dem Schloss bei Wien.

  • Gibt es Auslassungen?

    Zwischen dem achten und dem neunten Kapitel findet sich die einzige große Auslassung. Sie betrifft die Rückreise des Taugenichts von Rom nach Österreich, die wahrscheinlich mehrere Monate gedauert hat. Denn Aurelie spricht am Ende der Erzählung – wo es wieder Sommer ist – von ihrem Rom-Aufenthalt im letzten Sommer. Herbst und Winter können so eigentlich nur bei der Rückreise untergebracht werden.

  • Wie sind die Aufenthalte mit Blick auf das Verhältnis von Erzählzeit und erzählter Zeit gestaltet?

    Bei dem ersten Aufenthalt auf dem Schloss bei Wien gibt es eine szenisch gestaltete Ankunft und eine szenisch gestaltete Abreise, der ein längerer szenischer Zusammenhang vorausgeht (ab der Blumenbestellung). Dazwischen wechseln raffende, meist iterative, und szenische, singulative Passagen.

    Bei dem Aufenthalt auf dem Bergschloss sind Ankunft und Abreise szenisch gestaltet, jeweils mit bedeutendem, szenischem Nach- und Vorlauf (der erste Spaziergang im Garten, die Ankunft der Post). Dazwischen liegen raffende, weitgehend iterative Passagen.

    Der römische Aufenthalt ist beinahe vollständig szenisch gestaltet.

    Das zehnte Kapitel kann durchgängig als szenisch gestaltete Ankunft gewertet werden – ein eigentlicher Aufenthalt beginnt hier noch nicht.

  • Welche Funktion haben die eingeschobenen Gedichte in dem Werk?

    Das erste Lied, das der Taugenichts auf der Landstraße singt, charakterisiert seine Haltung, sein Ethos und macht die beiden Damen im Wagen auf ihn aufmerksam. Das zweite Lied, das er singt, charakterisiert seine (an Minne-Konzepte angelehnte) Liebe zu Aurelie und macht Rosette auf ihn aufmerksam.

    Auffällig ist, dass Lieder öfter mehrfach vorkommen, einmal vollständig, und einmal nur anzitiert (so die beiden genannten). Die Lieder dienen außerdem mehrfach als Erkennungszeichen (so etwa, wenn Flora bei seiner Rückkehr auf das Schloss das Lied singt, das sie schon auf dem Wirtshausbalkon in Italien gesungen hatte).

  • Charakterisieren Sie die eingeschobenen Gedichte!

    Es handelt sich durchweg um romantische Lyrik, die einen volksliedhaften Ton zu treffen sucht: Dabei werden vierhebige Verse, alternierende Metren und vierversige Strophen favorisiert. Undenkbar wären im Munde des Taugenichts komplexere lyrische Formen: Sonette, antikisierende Metren, Oden u.ä.

  • Wie wird Rom in »Aus dem Leben eines Taugenichts« dargestellt?

    In Rom gibt es ein Tor; es gibt den Garten mit dem Gartenhäuschen, dem Gartentor und einem Platz mit einem Springbrunnen davor; dann gibt es das Haus, in dessen oberstem Stockwerk der Maler sein Atelier und seine Wohnung hat. Außerhalb Roms gibt es das Wirtshaus mit der Gartenlaube. Unbestimmt sind die Straßen und Gassen, auf denen der Taugenichts sich verirrt. Prägnant geschildert wird die Mittagsruhe.

    Auffällig ist also das Fehlen bekannter Gebäude und Plätze: keine Erwähnung des Kolosseums, des Petersdoms, des Pantheons, des Trevi-Brunnens, ja selbst der Tiber kommt nicht vor und keine einzige Kirche. Antike Überreste finden sich merkwürdigerweise nur außerhalb Roms auf der Heide, die der Taugenichts durchquert.

  • Welche Figurenkonstellation ist typisch für die Erzählung?

    Typisch ist das Auftreten von mitunter schwer zu unterscheidenden Paaren. Das sind die zwei Damen in dem Reisewagen (1.-2. Kapitel), die beiden vermeintlichen Maler Leonhard und Guido (3.-4. Kapitel) und die beiden römischen Maler (7.-8. Kapitel).

    Ohne dominierendes Figurenpaar bleiben also die Kapitel 5 und 6 (der Aufenthalt auf dem Bergschloss) und 9 und 10 (die Rückkehr). Im neunten Kapitel gibt es immerhin die Prager Studenten: Diese sind aber zu dritt und spielen für die Handlung nur eine untergeordnete Rolle.

  • Wie gestaltet Eichendorff die Proportionen der zehn Kapitel in »Aus dem Leben eines Taugenichts«?

    Es gibt ein normales Maß von um die 10 Seiten je Kapitel (in der verwendeten Ausgabe), das jeweils in den ersten und letzten Kapiteln der Erzählung gehalten wird. Signifikante Abweichungen gibt es in den kürzeren Kapiteln um die Mitte der Erzählung. Das kürzeste Kapitel ist Kapitel 5 mit etwa der Hälfte des normalen Maßes.

Veröffentlicht am 26. September 2023. Zuletzt aktualisiert am 26. September 2023.