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Narziß und Goldmund

Figuren

Figurenkonstellation

Narziß und Goldmund – Figurenkonstellation
  • Goldmund

    Goldmund wird in jungem Alter von seinem Vater auf die Klosterschule in Mariabronn geschickt. Er wird als ein »hübscher« und »zärtlicher« Junge beschrieben (S. 13). Mit seinem freundlichen und sanften Wesen gefällt er den Bewohnern des Klosters sofort, dem Abt, den Lehrern, dem Pförtner und dem Müller – Goldmund hat ein sehr einnehmendes, warmes Wesen. In das Klosterleben passt Goldmund dennoch nicht so richtig hinein, er kann im Unterricht kaum mithalten, schläft ständig ein und ist überfordert. Das liegt, wie er später mit Narziß gemeinsam herausfindet, daran, dass Goldmund eigentlich ein »Träumer« und eine »kindliche Seele« ist und nicht in die intellektuelle, disziplinierte Welt des Klosters gehört (S. 17).

    Goldmund ist ein Beseelter, der in die Welt der Sinne und Leidenschaften gehört. Zu Anfang weigert sich Goldmund, die Lehren von Narziß zu akzeptieren, erkennt jedoch nach und nach deren Wahrheitsgehalt. Insbesondere, als sein älterer Freund ihm dazu rät, die verdrängten Erinnerungen an seine Mutter hervorzurufen, wird ein Wandel in ihm ausgelöst. Goldmund stellt fest, dass er einen großen und essentiellen Teil seiner Persönlichkeit bislang unterdrückt hat. Damit er sich vollständig fühlen kann, muss er diesen Teil von sich ausleben. Er verlässt also, nachdem Narziß ihm dazu geraten hat, das Kloster.

    Der Roman entwickelt sich daraufhin zu einer Art Bildungsreise für Goldmund, wenngleich einer eher weniger traditionellen. Goldmund lernt, seine bislang unterdrückte sinnliche und träumerische Seite zu akzeptieren. Zunächst tut er das mit voller Begeisterung, indem er durch die Wälder streift und ein erotisches Abenteuer nach dem nächsten erlebt. Allmählich aber frustriert ihn die Unstetigkeit seines Lebens und das Wissen, dass alle seine Taten vergänglich sind. Damit entsteht der große Zwiespalt, den Goldmund bis zum Ende der Geschichte zu lösen versuchen wird: Er will einerseits das Leben in vollen Zügen genießen und es auskosten, andererseits der Vergänglichkeit seines Daseins entgegenwirken. Der einzige Weg, das zu erreichen, scheint ihm die Kunst. Mit der Kunst kann er die Vergänglichkeit des Lebens in etwas Permanentes verwandeln; mit der Kunst kann er versuchen, die tiefen Geheimnisse des Lebens zu ergründen und dem Göttlichen ein wenig näher zu kommen.

    Auch nachdem Goldmund die Kunst für sich entdeckt hat, bleibt er jedoch zwiegespalten zwischen der bürgerlichen, sesshaften Lebensform und seiner vagabundischen und freien. Immer wieder überdenkt und revidiert er seine Existenz. Der Roman beschreibt damit Goldmunds langen Weg zu sich selbst, der nie gänzlich abgeschlossen scheint.

  • Narziß

    Narziß wird als »Wunderknabe« und »schöner Jüngling« bezeichnet (S. 7), der mit seiner Schönheit, dem tadellosen Benehmen und seiner exzellenten Bildung im Kloster Mariabronn einen hohen Bekanntheitsgrad erlangt hat. Von manchen wird er bewundert, von anderen beneidet. Er ist überzeugt, dass er für ein Leben im Kloster bestimmt ist, und dass er einmal Mönch oder Abt werden wird. Seine Überzeugung rührt vor allem daher, dass er glaubt, in einer derartigen Rolle seine Talente am besten zur Geltung bringen zu können. Als sein größtes Talent sieht er die Gabe, in Menschen ihre wahre Bestimmung zu erkennen. Narziß’ einziger großer Makel scheint ein gelegentlicher Hochmut zu sein und die Weigerung, seine Mitmenschen zu nah an sich heranzulassen.

    Narziß steht in völligem Kontrast zu Goldmund, aber sie haben auch etwas gemeinsam: Sie sind beide außergewöhnliche Menschen, die sich von den anderen unterscheiden, sie beide scheinen vom Schicksal eine besondere Aufgabe bekommen zu haben. Narziss glaubt auch, seine Aufgabe zu erkennen (die Karriere im Kloster) und will Goldmund dabei helfen, seine eigene Bestimmung zu erkennen.

    Dazu nimmt er den jüngeren Goldmund gewissermaßen unter seine Fittiche und es entsteht schon bald eine tiefe Freundschaft zwischen ihnen, die vor allem auf langen Gesprächen und Debatten basiert. Narziß fungiert allerdings auch als eine Art Lehrer für Goldmund, indem er ihm dabei hilft, seine wahre Natur zu entdecken. Das tut er insbesondere, indem er Goldmund die Unterschiede zwischen ihnen beiden aufzeigt: Während Goldmund ein Träumer ist, ist Narziß ein Denker und Intellektueller. Während Goldmund in der Welt der Sinne lebt, lebt Narziß in der Welt der Idee. Darum wird er in der Forschung gelegentlich als eine Art Psychotherapeut interpretiert, der nach der Methode Carl Jungs arbeitet (Lubich, 189f). Er heilt seinen Patienten Goldmund dadurch, dass er ihn dazu bringt, die Erinnerungen an seine Mutter zuzulassen. Die Beziehung eines Individuums zu seiner Mutter spielt eine essenzielle Rolle in Jungs Theorien (ebd.).

    Auch Narziß’ Leben wendet sich unter dem Einfluss seines ehemaligen Schülers zum Besseren. Früher wollte er keine Gefühle zulassen, weil er fürchtete, diese könnten seine Disziplin und Keuschheit gefährden. Goldmund aber lehrt ihn, dass sich Gefühle sehr wohl mit einem disziplinierten und keuschen Leben vereinbaren lassen, ja sogar notwendig sind. In dem Roman durchläuft also auch Narziß eine innere Entwicklung. Zu Anfang ist er distanziert und gelegentlich hochmütig, am Ende der Handlung ist er in der Lage, Gefühle zuzulassen und kann Goldmund sogar seine Liebe gestehen. Darüber hinaus erkennt er, dass Kunst und Wissenschaft gleichwertig sind und dass beide näher zum Göttlichen und zur Wahrheit führen können.

  • Andere Figuren

    Wie in anderen Werken Hesses auch, kreist die Erzählung hauptsächlich um zwei Figuren, die sehr gegensätzlich sind und deren Entscheidungen und Interaktionen den Großteil der Handlung bestimmen. In »Narziß und Goldmund« tritt zwar noch eine ganze Reihe weiterer Figuren auf, diese werden jedoch nicht allzu eingehend charakterisiert und spielen nur in wenigen Kapiteln eine Rolle. Ihr Charakter und Hintergrund sind weniger wichtig als der Effekt, den sie auf Goldmund oder Narziß haben.

  • Abt Daniel

    Er ist der Abt des Klosters Mariabronn und der Mentor des jungen Narziß. Aufgrund seiner Demut, Güte und Weisheit wird er von vielen bewundert und geschätzt. Nur die Gelehrten des Klosters blicken ein wenig herablassend auf ihn, da er nicht sonderlich gebildet ist. Narziß und Goldmund schauen beide sehr zu ihm auf.

  • Pater Anselm

    Er ist Mönch im Kloster Mariabronn. Aufgrund seiner Kenntnisse der Heilkunst pflegt er Goldmund, als dieser ohnmächtig auf die Krankenstation gebracht wird. Er ist sehr fürsorglich und baut eine enge Bindung zu seinem neuen Schützling auf.

  • Lydia

    Sie ist die Tochter eines eher gebildeten Ritters, bei dem Goldmund mehrere Monate lang lebt und arbeitet. Goldmund verführt Lydia, und in den Monaten, in denen er am Hof des Ritters verweilt, beginnt er sogar, sich in sie zu verlieben. Bliebe er jedoch, müsste er sesshaft werden. Lydia symbolisiert damit Sesshaftigkeit und Bürgerlichkeit – einen Lebensstil, dem Goldmund sich vehement verweigert.

  • Viktor

    Viktor verbringt wie Goldmund sein Leben auf Wanderschaft, geht dabei jedoch deutlich anders vor. Er ist betrügerisch und manipuliert die Leute, auf die er trifft. Er nutzt die Gutmütigkeit der Dorfbewohner bewusst aus und kann sofort einschätzen, wer von ihnen viel Geld besitzt und wessen Haus ihm eine komfortable Unterkunft bieten könnte. Goldmund schätzt diese Fähigkeiten Viktors nicht und sieht sie als abschreckendes Beispiel: So soll sein Leben später einmal nicht aussehen.

  • Meister Niklaus

    Meister Niklaus ist der Schöpfer der Madonna, die Goldmund so fasziniert, und lebt als zurückgezogener Künstler in einem kleinen Dorf. Er hat eine Tochter und eine Angestellte, und ansonsten meidet er den Kontakt zu den Dorfbewohnern, die folglich sehr wenig über ihn und seine Arbeit wissen. Robert: Ein Junge, dem Goldmund auf seinen Reisen begegnet. Auch er verbringt sein Leben als Wanderer. Er hatte sich einst ein Jahr auf Pilgerreise begeben, war jedoch nach Rückkehr von seiner Familie nicht sonderlich warmherzig wieder begrüßt worden. Daher entschied er sich dazu, sofort wieder eine Wanderschaft anzutreten und nicht nach Hause zurückzukehren.

  • Rebekka

    Ein jüdisches Mädchen, deren Familie im Zuge der überall stattfindenden Judenverfolgungen getötet wurde, und die sich nun rächen will. Sie tritt überaus entschlossen auf. Goldmunds Liebe erwidert sie nicht, sondern schätzt ihn, den Christen, wenig.

  • Erich

    Sohn des Schmieds und Goldmunds neuer Gehilfe in seiner Werkstatt.

  • Agnes

    Sie ist die Geliebte eines Statthalters und scheint Goldmund die schönste Frau, die er je gesehen hat. Sie wirkt auf ihn kühl, hochmütig und stolz. Agnes symbolisiert für Goldmund Sinnlichkeit und Leidenschaft, sie erweckt seine mütterliche Seite. Deshalb erkennt er in ihr auch das Gesicht seiner eigenen Mutter.

Veröffentlicht am 3. Oktober 2023. Zuletzt aktualisiert am 3. Oktober 2023.