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Narziß und Goldmund

Rezeption und Kritik

Nach seiner Veröffentlichung im Jahre 1930 erfreute sich »Narziß und Goldmund« großer Beliebtheit bei der Leserschaft. Vor allem wurde gelobt, dass der Roman zwar zeitlos, trotzdem aber sehr aktuell sei (Herforth, 109). Hesses Zeitgenosse Thomas Mann beispielsweise urteilte folgendermaßen: 

    »[Narziß und Goldmund] setzt mit großer sprachlicher Schönheit ein und scheint in einer mittelalterlichen Zeitlosigkeit zu schweben, die dem poetischen Bedürfnis dieses der rohen Aktualität widerstrebenden Geistes entspricht, ohne darum seine schmerzliche Fühlung mit den Problemen der Gegenwart zu verleugnen.« (ebd, 109f.)

Im Jahre 1962, also 32 Jahre nach Erstveröffentlichung, waren bereits fast eine Viertel Million Exemplare verkauft worden, und in dieser Angabe sind nur die Einzeleditionen des Romans von Fischer und Suhrkamp enthalten (Field, 110). Denn nebenher wurden noch zahlreiche weitere Ausgaben, Sondereditionen und Übersetzungen, veröffentlicht, wie beispielsweise von der Büchergilde Gutenberg. Damit verkaufte sich »Narziß und Goldmund« mehr als doppelt so häufig wie jeder andere Roman Hesses. (ebd.)

Von manchen Lesern und Literaturwissenschaftlern wird dieses Werk Hesses allerdings mit deutlich größerer Skepsis betrachtet. Vor allem werden dem Roman Trivialität und Romantisierung vorgeworfen (Herforth, 109). Der Schriftsteller und Historiker Eckart Kleßmann kritisierte »Narziß und Goldmund« als »Buch ohne Geheimnisse«, das schablonenhaft und trivial sei und sich abgenutzter Sprache bediene (ebd, 112): 

    Dieser Roman, in dem so schulmeisterlich penetrant von Sinnlichkeit geredet wird, ist ein Buch ohne Gerüche. Was immer in dieser Welt des Mittelalters – beredet, nicht gestaltet – vor sich geht: Jeder Duft, jeder Gestank ist aus den Seiten hinausdesodoriert. (ebd, 112f.)

Hesse hatte es generell im Laufe des letzten Jahrhunderts nicht immer leicht bei seinen Lesern. Während er direkt nach dem Zweiten Weltkrieg sehr geschätzt wurde, sah man ihn in den darauffolgenden Jahrzehnten deutlich kritischer, als altmodisch und zu unreflektiert (Cornils, 7). Seine Werke bezeichneten manche Kritiker als »[n]arzißtische Selbstdarstellungen«, in welchen die Protagonisten die Leserschaft auf einen Pfad der Selbsterkenntnis führen sollen (ebd.). Insbesondere auf ein Werk wie »Narziß und Goldmund«, das im Mittelalter angesiedelt und von ausgiebigen inneren Monologen, Erkenntnissen und therapeutisch anmutenden Gesprächen zwischen den Protagonisten geprägt ist, lassen sich derartige Kritikpunkte leicht anwenden. Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass das Buch es nicht schafft, zu gleichem Maße auf seine beiden Protagonisten einzugehen, indem Goldmund der Vorzug gegeben wird (Field, 117f). 

Trotz harscher Kritik und fluktuierender Popularität Hesses: Heutzutage gilt »Narziß und Goldmund« als einer der beliebtesten Romane Hesses und wurde sogar von Stefan Ruzowitzky verfilmt (2019). 

Veröffentlicht am 3. Oktober 2023. Zuletzt aktualisiert am 3. Oktober 2023.