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Narziß und Goldmund

Die Erzählung »Narziß und Goldmund« von 1930 ist eines von Hermann Hesses erfolgreichsten Werken und wurde in 30 Sprachen übersetzt. Im Mittelpunkt steht die Freundschaft zweier gegensätzlicher Männer.

Narziß und Goldmund
Hermann Hesse
Narziß und Goldmund

Werkdaten

Titel
Narziß und Goldmund
Gattung/Textsorte
Erscheinungsjahr
1930
Originalsprache
Deutsch

Inhaltsangabe

Das Prosawerk »Narziß und Goldmund« von Hermann Hesse wurde 1930 im S. Fischer Verlag erstveröffentlicht. Sein Autor bezeichnete es als Erzählung. Nach Form und Umfang kann es aber auch als Roman klassifiziert werden. Zu Hesses Lebzeiten war es das erfolgreichste Buch des Autors. Es wurde in 30 Sprachen übersetzt.

Erzählt wird die Geschichte der Freundschaft zweier gegensätzlicher Männer. Narziß ist asketischer Mönch und Denker, Goldmund Künstler und Weltmensch. Die Handlung ist im Mittelalter der Spätgotik angesiedelt. Sie umspannt einen Zeitraum von rund 40 Jahren. Die einsame Geistigkeit des Narziß und sein Leben im Kloster werden nur am Anfang und Schluss der Erzählung geschildert. Der deutliche Schwerpunkt liegt auf Goldmunds Abenteuern und Liebeserlebnissen außerhalb der Klostermauern.

Erste Begegnung von Narziß und Goldmund

Kloster Mariabronn ist ein bedeutendes geistliches Zentrum im Süden des deutschen Reiches. Hier wurden schon Generationen von Schülern unterrichtet. Ein Zögling des Abtes Daniel, Narziß, ragt durch besondere geistige und charakterliche Fähigkeiten heraus. Er hat vor Kurzem das Noviziat angetreten und ist bereits selbst als Lehrer tätig.

Ein neuer Schüler namens Goldmund wird von seinem Vater ins Kloster gebracht. Goldmund ist ohne Mutter und Geschwister aufgewachsen. Der fantasievolle, warmherzige Junge bewundert seinen nur wenige Jahre älteren Lehrer Narziß glühend. Er lernt angestrengt, um seine Anerkennung zu finden. Auch Narziß interessiert sich für Goldmund, zeigt seine Zuneigung jedoch nicht. In strenger Selbstbefragung unterwirft er seine Gefühle einer inneren Zensur. Goldmund ist ihm im Hinblick auf Logik und Abstraktionsfähigkeit unterlegen. Doch er erkennt in ihm Fähigkeiten, die ihm fehlen: die Gabe, menschliche Nähe herzustellen, Offenherzigkeit, Vertrauen ins Leben und Kreativität.

Goldmund will das Kloster verlassen

Bei einem verbotenen nächtlichen Ausflug ins Dorf wird Goldmund von einem Mädchen geküsst. Dies löst in ihm den Wunsch aus, weltliches Leben und Frauenliebe kennenzulernen. Was Narziß schon lange weiß, erkennt er nun selbst: Er ist nicht für das Klosterleben bestimmt. In einer ernsten Unterredung mit Goldmund äußert Narziß, dass er den Lebensweg des Künstlers für ihn voraussehe. Er spricht mit ihm auch über das verdrängte Bild seiner früh verlorenen Mutter. Das Gespräch wühlt Goldmund so sehr auf, dass er zusammenbricht und erkrankt.

Kurz nach seiner Genesung wird er bei einem Ausflug von Lise, einer Frau aus dem Fahrenden Volk, behutsam verführt. Während Narziß sich immer strengeren Exerzitien unterwirft, kann Goldmund es nicht mehr erwarten, das Kloster zu verlassen. Bei seinem Abschied aus Mariabronn bekennen Narziß und Goldmund einander ihre Zuneigung und versichern sich ihrer Freundschaft.
Goldmunds Aufbruch in die Welt

Goldmund trifft sich ein zweites Mal mit Lise. Er hofft, dass sie sich ihm auf seiner Wanderschaft anschließt. Lise kehrt jedoch zu ihrem Mann zurück, obwohl sie von ihm geschlagen wird. Nach einigen Tagen im Wald gelangt Goldmund in ein Dorf. Hier macht er neue Liebeserfahrungen mit einer Bäuerin. Er spürt, dass er eine starke Anziehung auf Frauen ausübt und genießt bald zahlreiche sexuelle Abenteuer. Dabei ist er kein dämonischer Verführer, sondern ein neugieriger, empfindsamer Liebhaber. Er ist empfänglich für die unterschiedlichsten Reize junger und erfahrener, schöner und unscheinbarer Frauen. Niemals behandelt er eine seiner Geliebten schlecht.

Unerfüllte Liebe zu Lydia

Als der Winter naht, wird Goldmund von einem Ritter als Hauslehrer seiner Töchter Lydia und Julie eingestellt. Er verliebt sich heftig in Lydia, die ältere der beiden. Sie erwidert seine Gefühle, gibt sich ihm aber nicht hin, weil sie keine gemeinsame Zukunft sieht. Beide leiden an dieser unmöglichen Liebe, die durch die Angst vor Lydias Vater überschattet ist. Auch die pubertären Gefühle der jüngeren Julie und ihre Eifersucht sind eine Bedrohung. Als der Ritter Verdacht schöpft, muss Goldmund fliehen – zum richtigen Zeitpunkt, denn mittlerweile empfindet er die körperliche Entsagung als lächerlich.

Goldmund tötet Bruder Viktor

Wieder unterwegs, lernt Goldmund einen älteren Vaganten kennen, der sich Bruder Viktor nennt. Viktor ist originell und voller Geschichten. Auf seiner Wanderschaft hat er viele Kämpfe ausgefochten und zu überleben gelernt. Das hat ihn gerissen und schlau im Umgang mit den sesshaften Menschen gemacht. Er weiß, wie man lügt und betrügt. Eines Nachts bemerkt Goldmund im Halbschlaf, dass Viktor ihn bestehlen will. Als er sich wehrt, wird er von Viktor gewürgt. Er ersticht ihn in Notwehr. Die Schuld lastet schwer auf ihm. Wie getrieben irrt er weiter und hält dabei innere Zwiesprache mit Narziß. Zwei Jahre nach seinem Aufbruch aus dem Kloster meint er, bereits alles erlebt zu haben. Er sehnt sich nach Veränderung und Neuanfang.

Berufung zum Künstler

In einem Kloster findet Goldmund Obdach und legt nach langer Zeit wieder die Beichte ab. Der Anblick einer hier aufgestellten, meisterlich gestalteten Mutter-Gottes-Figur löst bei ihm tiefe Bewunderung aus. Er beschließt, den Schöpfer des Werks in der nahe gelegenen Reichsstadt aufzusuchen und bei ihm in die Lehre zu gehen. Meister Niklaus ist hoch angesehen und residiert in einem prächtigen Stadthaus. Er fordert Goldmund auf, eine Zeichnung anzufertigen und das Motiv selbst zu wählen. Goldmund zeichnet Narziß. Niklaus erkennt Goldmunds Talent in dem Entwurf und bietet ihm an, bei ihm zu bleiben – nicht als offizieller Lehrling, sondern ohne Vertrag und Verpflichtung.

Für Goldmund beginnt eine neue Lebensphase. Sie ist geprägt von harter Arbeit in Niklaus‘ Werkstatt, aber auch von den Erfahrungen der abwechslungsreichen Stadt. Ungewöhnlich ist für ihn die Begegnung mit Niklaus‘ hochmütiger und spröder Tochter Lisbeth, die sich nicht für ihn interessiert. Goldmunds wichtigstes Werk wird eine Johannes-Figur, an der er unentwegt arbeitet. Gesicht und Haltung seines Freundes Narziß dienen ihm als Vorlage. Während er als Künstler heranreift, entsteht in ihm ein Lebensziel. Er will eines Tages das Bild der Urmutter Eva gestalten, ein weltliches Pendant zu den Madonnen seines Meisters. In dieser Gestalt sollen alle irdische Lust und aller menschlicher Schmerz zu einem weiblichen Urbild zusammenfließen. Goldmunds inneres Bild dieser Figur wird dabei auch von der Erinnerung an seine eigene Mutter gespeist.

Goldmund enttäuscht Meister Niklaus

Goldmund hat die Figur des Johannes fertiggestellt. Sie findet die höchste Anerkennung seines Meisters. Bei einem feierlichen Essen macht Niklaus ihm ein Angebot: Er werde sich bei der Zunft dafür einsetzen, dass Goldmund auch ohne die vorgeschriebene Lehr- und Gesellenzeit den Meisterbrief erhalte. Außerdem bietet er ihm die Hand seiner Tochter an, deren Einverständnis er bereits hat. Er will Goldmund zu seinem Nachfolger in der Werkstatt einsetzen. Goldmund ist gerührt und beschämt, lehnt das Angebot aber ab. Schon länger hadert er mit der Existenz eines sesshaften Künstlers und will nun, nach Vollendung des Johannes, weiterziehen. Seine Antwort kränkt und erzürnt Niklaus aufs Äußerste. Ohne Abschied wirft er Goldmund aus seinem Haus.

Die Pest

Goldmund nimmt erneut für viele Jahre die Wanderschaft auf. Er erlebt vor allem im Winter Hunger, Kampf und Entbehrung. Eine Zeit lang schließt sich ihm der junge Robert an. Die Pest beherrscht inzwischen das Land. In einer menschenleeren Stadt treffen Goldmund und Robert auf die Überlebende Lene. Zu dritt bauen sie eine Hütte im Wald, in der sie zusammen leben und ein paar Tiere halten. Lene und Goldmund sind ein Paar, Robert ist ihr Freund und Gehilfe. Für kurze Zeit entfliehen die Drei so den Schrecken der Pest. Eines Tages versucht ein Fremder im Wald, Lene zu vergewaltigen. Goldmund tötet ihn. Kurz darauf wird Lene krank. Sie ist von der Pest infiziert. Robert läuft aus Angst vor Ansteckung davon. Goldmund bleibt bei Lene und pflegt sie bis zu ihrem Tod. Danach zündet er ihren Leichnam und die Hütte an und zieht weiter.

Unterwegs findet Goldmund nur Grauen und Schrecken. Noch schlimmer als Siechtum und Tod ist das bestialische Wüten der Überlebenden. Die rasende Angst entmenschlicht sie. Sie plündern und morden, suchen Sündenböcke und finden sie in den Juden. Goldmund lernt die schöne Jüdin Rebekka kennen, die ihren Vater betrauert. Er wurde vom Mob gelyncht. Als Goldmund um die Verzweifelte wirbt, trifft ihn ihre Verachtung. Voller Scham erkennt er sein unmögliches Verhalten. Er setzt seinen Weg fort, um noch einmal Meister Niklaus zu sehen. Wieder in dessen Stadt erfährt er jedoch, dass auch Niklaus inzwischen tot ist. Seine Tochter Lisbeth hat die Pest überlebt. Sie ist gebrochen und verhärmt.

Agnes – Das Bild der Urmutter

Aufgrund der Pest ist die Stadt einem kaiserlichen Statthalter unterstellt, der Notgesetze erlassen und die öffentliche Ordnung wieder herstellen soll. Durch Zufall begegnet Goldmund Agnes, der Geliebten des Statthalters. Inmitten von Tod und Verzweiflung wird sein Lebenswille durch den Anblick der stolzen blonden Schönheit wieder geweckt. Sie gleicht dem Bild der Urmutter, das er in sich trägt. Noch einmal erlebt er alle Gefahren und Glücksmomente der Leidenschaft. Er will Agnes erobern und sucht die Nähe der ihm anscheinend ebenbürtigen Frau. Schließlich fordert sie ihn auf, sie heimlich im Schloss zu besuchen. Der Statthalter habe eine Abordnung von Geistlichen zu Gast und sei den ganzen Abend über beschäftigt. Goldmund gelangt ins Schloss und verbringt mit Agnes die erfüllteste, herrlichste Liebesnacht seines Lebens.

Als er sie am darauffolgenden Abend wieder aufsucht, wird er von den Wächtern des Statthalters entdeckt. Es gelingt ihm, sich als Dieb auszugeben, um Agnes zu schützen. Man droht ihm die Todesstrafe an und wirft ihn ins Gefängnis. Goldmund durchlebt eine verzweifelte Nacht voller Todesangst. Keineswegs ist er bereit, seinem Ende gelassen entgegenzusehen. Stattdessen schmiedet er einen Plan. Er will den Geistlichen überwältigen, der ihm am folgenden Morgen die Beichte abnehmen soll. In dessen Habit will er aus dem Kerker fliehen.

Wiederbegegnung mit Narziß

Am anderen Morgen betritt der Geistliche die Zelle. Goldmund erkennt tief erschüttert, dass es sein alter Freund und verehrter Lehrer Narziß ist. Von ihm erfährt er, dass er begnadigt wurde. Narziß ist gekommen, um ihn abzuholen und mit ins Kloster Mariabronn zu nehmen. Während des Ritts nach Mariabronn erzählen die beiden sich alles, was sie in den vielen Jahren ihrer Trennung erlebt haben. Sie tauschen sich aus und sind einander näher denn je. Narziß ist seit einem Jahr Abt von Mariabronn und trägt jetzt den Namen Johannes.

Zurück im Kloster

Für Goldmund ist das Erlebnis wie eine Heimkehr. Er ist glücklich, dass Narziß ihn als Künstler anerkennt. Endlich fühlt er sich ihm ebenbürtig. So kann er das Angebot, sich auf dem Klostergelände eine Werkstatt einzurichten, freudig annehmen. Sein erstes Werk wird eine Empore für das Refektorium. Der junge Erich geht ihm als Adept zur Hand. Viel deutlicher als in seiner Jugend empfindet Goldmund nun die Schönheit der Klosteranlage und den Wert ihrer Kunstwerke. Intensive Arbeit und tiefe Gespräche mit Narziß erfüllen seinen Lebensabend. Er fertigt eine Madonna mit den Zügen seiner Jugendliebe Lydia an.

Nachdem er das Werk vollendet hat, möchte er noch einmal das Kloster verlassen. Nach seinem Fortgang erwartet Narziß mit großer Sehnsucht seine Rückkehr und erkennt, wie viel Macht sein Freund über ihn hat. Einige Wochen später kehrt Goldmund schwerkrank zurück. Niemand erfährt ganz genau, was er während seiner Abwesenheit erlebt hat. Sicher ist nur, dass ihm weltlicher Lebensgenuss nichts mehr geben kann.

Goldmunds Sterben

Goldmund sieht nun gelassen und voller Frieden seinem nahen Tod entgegen. Narziß zeigt ihm endlich seine tiefe Zuneigung und vertraut ihm an, wie sehr die Liebe seinem strengen und disziplinierten Leben gefehlt habe. Auch Goldmund bekennt seine innigen Gefühle für Narziß. Sein Ziel, ein Bild der Urmutter Eva zu erschaffen, hat er ohne Resignation aufgegeben. Er hat erkannt, dass es ungeformt bleiben soll. Doch er hofft darauf, der Gestalt der Urmutter im Tod zu begegnen. Seine letzte Frage an Narziß lautet, wie der Freund ohne Mutter sterben wolle. Tief bewegt begleitet Narziß den Freund bis zu dessen Tod am Sterbebett.

Verfilmung von »Narziß und Goldmund«

Der österreichische Regisseur und Drehbuchautor Stefan Ruzowitzky (Oscar 2008 für »Die Fälscher« als bester fremdsprachiger Film) arbeitet zurzeit an einer Verfilmung von »Narziß und Goldmund«. Gedreht wurde u. a. auf der niederösterreichischen Burg Hardegg. Der Film soll am 2. Januar 2020 in den deutschen Kinos anlaufen. In den Hauptrollen werden Jannis Niewöhner (Narziß) und Sabrin Tambea (Goldmund) zu sehen sein.

Veröffentlicht am 25. September 2019. Zuletzt aktualisiert am 27. September 2022.

Autor des Werkes

Schriftsteller
Hermann Hesse (1877–1962) ist der meistgelesene deutschsprachige Autor des 20. Jahrhunderts. Seine Werke gehören zur Weltliteratur. Berühmt wurde Hesse durch Prosadichtungen wie »Siddharta« oder »Der Steppenwolf«; auch seine zahlreichen Aphorismen und Gedichtzyklen fanden ein breites Publikum. 19…

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