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Maria Stuart

Aufbau des Werkes

Das Stück ist in fünf Akte und insgesamt 52 Auftritte geteilt (pro Akt sind es 8, 9, 8, 12, 15 Auftritte).

Kriterium für den Aktwechsel ist der Schauplatzwechsel und gegebenenfalls der Tageswechsel, Kriterium für die Markierung eines neuen Auftritts ist die Änderung der Figurenkonstellation auf der Bühne, also der Auf- oder Abtritt einer wichtigeren Figur (nicht etwa nur eines Dieners).

Tageswechsel gibt es zwischen den Akten II und III sowie zwischen den Akten IV und V.

Wesentlich werden zwei Schauplätze etabliert: das Gefängnis Marias auf Schloss Fotheringhay (in den Akten I, III und V) und der Londoner Hof (in den Akten II und IV).

Allerdings gibt es an zwei Stellen Schauplatzwechsel innerhalb eines Aktes (ab IV/5 und ab V/11). Während im vierten Akt nur von einem Vorzimmer zum Zimmer der Königin gewechselt wird, betrifft der Wechsel im fünften Akt die bisher für den Aktwechsel maßgeblich gewesene Unterscheidung zwischen Fotheringhay und London. Beide Schauplatzwechsel innerhalb eines Aktes werden dadurch in Zusammenhang gebracht, dass der Schauplatz ab V/11 ausdrücklich derselbe ist wie ab IV/5.

Der Schauplatz in Fotheringhay erfährt im dritten Akt eine bedeutende Erweiterung: Der Schlosspark ist im Stück der einzige Schauplatz in freier Natur. In London kommt es zu einer solchen Binnendifferenzierung nicht. Für den zweiten Akt heißt es einfach: »Der Palast zu Westminster« (vor V. 1077), im vierten Akt gibt es, wie gesagt, die Unterscheidung von Vorzimmer und Zimmer der Königin.

Der erste Akt umfasst 1076 Verse, der zweite 995, der dritte 567, der vierte 707, der fünfte 648 Verse.

Die Dynamiken der Akte sind unterschiedlich.

Im ersten Akt ist die Rahmung der Anwesenheit Marias auf der Bühne durch zwei Auftritte ohne sie auffällig, zu Beginn und zum Ende des Akts also. Der Akt hat seinen Höhepunkt in dem Streitgespräch zwischen Maria und Burleigh, also gegen Ende.

Im zweiten Akt gibt es eine Bewegung von der größten höfischen Öffentlichkeit hin zu geheimen Zwiegesprächen der Höflinge untereinander. Der Schnitt liegt hier nach der vierten Szene, wenn Elisabeth in II/5 Mortimer heimlich, ohne das Wissen Burleighs etwa, den Auftrag zur Ermordung Marias erteilt.

Im dritten Akt scheitern nacheinander beide Pläne zur Befreiung Marias. Dem ersten Plan, der Versöhnung im Gespräch, ist der Akt bis III/5 gewidmet, ab III/6 geht es um den zweiten Plan einer gewaltsamen Befreiung und eines Attentats auf Elisabeth. Gewichtiger ist sicherlich die Begegnung der beiden Königinnen, aktionsreicher und dynamischer aber die zweite Hälfte.

Im vierten Akt setzt der Selbstmord Mortimers eine durch den Schauplatzwechsel hervorgehobene Zäsur. Bis dahin drängte die Handlung ohne Pause vorwärts, danach gibt es durch das Zögern Elisabeths eine Verlangsamung. Ihr Entscheidungsmonolog bildet den Höhepunkt des Akts, darauf folgt noch das Nachspiel um die Übergabe des unterzeichneten Hinrichtungsbefehls.

Der fünfte Akt findet in der Vorbereitung von Marias Hinrichtung noch einmal zu beträchtlicher Breite und Ausführlichkeit zurück. Die weit kürzere Partie in London bildet dagegen einen deutlichen Kontrast.

Monologe sprechen Mortimer (II/6), Elisabeth (IV/10) und Leicester (IV/4 und V/11). Besonders wichtig ist der Entscheidungsmonolog Elisabeths. Leicesters zweiter Monolog im fünften Akt hat vor allem die Aufgabe, das Geschehen der Enthauptung, dessen akustischer Zeuge Leicester wird, zu vermitteln.

Die symmetrische Anlage des Stückes, wie sie aus dem Gesagten bereits deutlich wurde, ist immer gelobt worden. Die äußeren Akte I und V gehören Maria, die inneren Akte II und IV Elisabeth, der dritte Akt ist der Begegnung beider Kontrahentinnen vorbehalten.

Deutlich wird auch die Übereinstimmung der Anlage der Handlung mit der Abfolge der Akte. Der erste Akt dient der Einführung in die Handlungszusammenhänge und der Etablierung der für die Urteilsvollstreckung wichtigsten Voraussetzung – der Verkündung des Urteils selbst (Exposition). Im zweiten Akt werden die Pläne der einen und der anderen Partei der Ausführung nähergebracht – mit einem Vorteil, wie es scheint, auf Marias Seite (steigende Handlung). Im dritten Akt scheitern beide Pläne zur Befreiung Marias – der Handlungsausgang steht damit fest (Peripetie). Im vierten Akt sind die Konsequenzen zu ziehen, Eile und Zögerlichkeit stehen dabei nebeneinander (Retardation). Der fünfte Akt bringt die Katastrophe, die von Maria erfolgreich umgedeutet wird, und die desaströsen Folgen der Katastrophe für die eigentlich siegreiche Partei.

Veröffentlicht am 18. April 2023. Zuletzt aktualisiert am 18. April 2023.