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Transit

Kapitel 2

Zusammenfassung

Abschnitt I–II
Die fünfköpfige Gruppe begibt sich auf die Reise in den Süden durch ein vom Krieg gezeichnetes Land. Da der Ich-Erzähler ohne Dokumente reist, kommt es in einer Gaststätte zu einer kritischen Situation. Ein Beamter fordert die Gruppe auf, sich auszuweisen. Der Franzose Marcel kommt dem Ich-Erzähler zu Hilfe und reicht ihm unter dem Tisch seine eigenen, schon kontrollierten Dokumente, sodass er sich ausweisen kann.

Gemeinsam beschließt die Gruppe, in das Dorf zu gehen, in dem die schwangere Yvonne mit ihrem Mann einen Bauernhof betreibt.

Nach einer Woche kommen sie auf dem Bauernhof an, wo noch halbwegs ein normales Leben stattfindet. Yvonne besorgt dem Ich-Erzähler mithilfe ihres Mannes einen Flüchtlingsschein, der von einem Mann mit dem Namen Seidler zurückgegeben wurde. Der Ich-Erzähler hat jetzt eine neue Identität, denn er nimmt den Namen dieser Person an. Des Weiteren besitzt er nun eine legale Aufenthaltsgenehmigung.

Seine französischen Gefährten schmieden nun Pläne, bei welchen Verwandten sie unterkommen können, nur er hat kein Ziel. Er fühlt sich einsam und vermisst seine Bekannten und Freunde aus dem Lager. Yvonne schlägt ihm vor, vorerst zu ihrem Vetter Georg nach Marseille zu gehen. Der Ich-Erzähler nimmt das Angebot an.

Abschnitt III–IV
Der Ich-Erzähler macht sich auf den Weg nach Marseille. Da er auf keinen Fall riskieren will, dort am Bahnhof von Kontrolleuren aufgegriffen zu werden, fährt er über Umwege in die Stadt hinein. Endlich in Marseille angekommen, überkommt ihn inmitten einer Geräuschkulisse, die aus einem Gemisch verschiedener Sprachen und aus Gesprächen über Visen und Transit besteht, eine Art Leichtigkeit. Beim Anblick des Meeres spürt er sogar ein tiefes Glücksgefühl.

Er begibt sich zur Wohnung von Georg Binnet und trifft hier nur auf seine Freundin Claudine und ihren Sohn. Sie heißt ihn nicht willkommen und bittet ihn auch nicht herein. Enttäuscht über ihr abweisendes Verhalten verfliegt seine anfänglich glückliche Stimmung.

Da sich die Suche nach einem Hotel schwierig gestaltet, weil die meisten Herbergen durch Geflüchtete überfüllt sind, begibt sich der Ich-Erzähler in ein Café. Schnell bekommt er durch einen alten Mann Gesellschaft, der früher einmal Kapellmeister in Prag war und jetzt nach Venezuela ausreisen möchte, da er in Caracas eine Stelle in einer Kapelle in Aussicht hat. Dieser führt ihm die Schwierigkeiten eines Emigrationsprozesses vor Augen, da dazu zahlreiche Dokumente benötigt werden.

Die Belehrung erscheint dem Ich-Erzähler zuerst nicht wichtig zu sein, da er persönlich gar kein Interesse an einer Ausreise hat. Er horcht jedoch auf, als die Rede auf einen jungen Mann kommt, dessen Ausreise letztendlich noch an einem Hafenstempel gescheitert ist, den er nicht bekam. Ihm fehlte ein Entlassungspapier aus einem deutschen Lager.

Bei seinem Aufbruch, um erneut ein Zimmer zu suchen, vergisst er beinahe den Koffer Weidels, den er immer noch mit sich führt. Er findet eine Bleibe, in die er sich erschöpft zurückziehen kann. Das Hotel ist mit Spaniern überfüllt und unter dem Sprachenwirrwarr und Lärm hört der Ich-Erzähler plötzlich eine leise Melodie, die ihn an seine Heimat erinnert.

Analyse

Der Ich-Erzähler flüchtet weiter in »das unbesetzte Frankreich« (S. 38), wobei das Leben damals für die Geflüchteten hier keineswegs als sicher gelten konnte. Die sogenannte Vichy-Regierung, die in dieser Zone etabliert wurde, galt als Handlanger der deutschen Besatzungsmacht und spielte ihr durch Kollaboration in die Hände. In der Zeit von 1940–1944 kam es durch Verrat und Denunziation zu Verhaftungen und Deportationen von Juden und politisch Andersdenkenden (S. 67). Die Autorin verweist damit auf die bis heute sehr umstrittene Rolle Frankreichs im Zweiten Weltkrieg, indem sie ihren Ich-Erzähler berichten lässt, wie gefährlich, »das unsichtbare, fast geheimnisvolle Übel, diese Gerüchte, diese Bestechungen, dieser Schwindel« (S. 41) sind.

Als er auf seinem Fluchtweg eine Zwischenstation bei seiner Ex-Freundin Yvonne macht, kommt er in den Besitz eines Flüchtlingsscheins, der auf den Namen Seidel ausgestellt ist. Hier beginnt nun das Spiel seiner wechselnden Identitäten, denn von nun an bedient er sich jetzt zeitweise des Namens, wenn es ihm von Vorteil ist (S. 42).

Den Ich-Erzähler überrollt bei Ankunft in der Hafenstadt Marseille ein unendliches Glücksgefühl: »das einzige wirkliche Glück, das jedem Menschen in jeder Sekunde zugänglich ist: das Glück, zu leben.« (S. 45) Sein Ankommen verwendet die Autorin für eine kurze Rückblende auf die Erzählgegenwart ihres Hauptprotagonisten und unterbricht damit kurz den Handlungsablauf seiner Erzählung: »Ich kam glücklich am Alten Hafen an – zu der gleichen Stunde wie heute.« (S. 45) Er blickt kurz auf das Vergangene zurück und stellt fest, dass er damals bei Ankunft als junger, abenteuerlustiger Mann noch nicht ahnen konnte, welche Veränderungen in seinem Leben noch auf ihn zukommen würden.

Seine »Ankunftsfreude« (S. 47) verfliegt sofort, als er Georg Binnet aufsucht, dessen Frau Claudine ihn nicht willkommen heißt. So begibt er sich in ein Café, wo er auf einen alten Kapellmeister trifft, der ihn darüber aufklärt, wie wichtig es ist, sich die notwendigen Ausreisedokumente zu beschaffen, insbesondere das Transit. Hier liefert die Autorin den Lesenden eine klare Definition des Begriffes, den sie als Buchtitel für ihr Werk gewählt hat: »Ein Transit – das ist die Erlaubnis, ein Land zu durchfahren, wenn es feststeht, dass man nicht bleiben will.« (S. 50)

Dass dieser Begriff im Roman jedoch eine doppelte Bedeutung hat, wird in der folgenden Äußerung des Ich-Erzählers deutlich: »Alles war auf der Flucht, alles war nur vorübergehend, aber wir wussten noch nicht, ob dieser Zustand bis morgen dauern würde oder noch ein paar Wochen oder Jahre oder gar unser ganzes Leben.« (S. 41) Zum einen steht »Transit« für ein Dokument, das man unbedingt für die Durchfahrt der »Zwischenländer« (S. 50) braucht. Zum anderen verdeutlicht das Zitat, dass es im religiösen Sinne um die Zeitspanne menschlichen Lebens zwischen Geburt und Tod geht, bei der niemand weiß, wie lange sie dauert.

Das Ziel des Ich-Erzählers ist es jedoch nicht, ins Exil zu gehen: »Ich hab nur den einen Wunsch: eine Zeitlang hier in Ruhe zu bleiben.« (S. 52) Anzunehmen ist, dass er des Fremdseins müde ist. Er möchte das Gefühl der Heimatlosigkeit nicht mehr spüren. In der Nacht hört er beim Einschlafen »ein kleines einfaches Lied« (S. 54), was ihn an seine Heimat erinnert, sodass er beruhigt einschlafen kann.

Veröffentlicht am 9. Mai 2023. Zuletzt aktualisiert am 9. Mai 2023.