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Transit

Kapitel 3

Zusammenfassung

Abschnitt I
Der Ich-Erzähler schreibt einen Brief an Yvonne und bittet sie, ihm noch nachträglich die notwendigen Papiere zu besorgen, die er für seinen Aufenthalt in Marseille benötigt. Danach schließt er sich einer Gruppe spanischer Frauen und Kinder aus dem Hotel an, die zum mexikanischen Konsulat ziehen. Er möchte noch einmal versuchen, dem Konsul die Dokumente Weidels auszuhändigen.

Dort angekommen, wird er sofort in sein Büro geführt, wo er unter dem Namen Seidler sein Anliegen vorbringen möchte. Der Konsul hat jedoch keine Zeit, um sich seine Erklärungen anzuhören und rät ihm dazu, schnellstmöglich mithilfe einer Bürgschaft von Freunden klarzustellen, dass die Identität Seidlers mit dem Künstlernamen Weidel identisch ist. Denn erst dann wäre sichergestellt, dass er die notwendigen Dokumente zur Ausreise endlich erhält.

Abschnitt II–V
Das Alleinsein erträgt der Ich-Erzähler in seinem Hotelzimmer nur schwer, sodass er noch einmal Georg Binnet aufsucht, den er dieses Mal zu Hause antrifft. Er berichtet ihm von seinen bisherigen Erlebnissen und ist dankbar, dass er zum Essen eingeladen wird. Zu Claudines Jungen spürt er an diesem Abend sofort eine tiefe Zuneigung.

Wieder zurück in seinem Zimmer, fühlt er sich durch den Lärm von Fremdenlegionären im Nachbarzimmer gestört. Er gesellt sich zu ihnen, um nicht allein sein zu müssen. Schließlich bringt ihn einer der Legionäre auf sein Zimmer zurück.

Dieser Legionär ist es auch, der ihm bei einer Razzia hilft, auf dem Dach des Hotels zu verschwinden, auf dem er eine Weile ausharrt. Aus diesem Versteck heraus beobachtet er vor dem Hotel die Festnahme eines Mannes durch die Polizei. Als die Gefahr vorüber ist, begibt er sich wieder nach unten, wo inzwischen durch die verzweifelte Frau des Verhafteten ein heftiger Tumult entstanden ist.

Der Ich-Erzähler ist nun im Besitz einer Aufenthaltsgenehmigung, die ihm Yvonne geschickt hat. Damit bekommt er den notwendigen Stempel für ein vierwöchiges Aufenthaltsrecht für Marseille.

Langsam scheint er sich an das Leben eines Geflüchteten zu gewöhnen und kommt zur Ruhe. Oft vertreibt er sich nun am Hafen in den Cafés und Restaurants seine Zeit. Zudem genießt der Ich-Erzähler seine Besuche bei den Binnets, da er sich in der Familie aufgehoben fühlt und einen normalen Alltag miterleben kann. Schließlich lernt er Nadine kennen, die als Hutverkäuferin im Kaufhaus Les Dames de Paris arbeitet. Er beginnt mit ihr eine Affäre.

Mittlerweile ist seine Aufenthaltsgenehmigung abgelaufen, und nun macht er sich den Irrtum des mexikanischen Konsuls bezüglich seiner Identität nochmals zunutze. Er lässt sich von ihm eine Bescheinigung ausstellen, dass der Prozess der Bestätigung seines Künstlernamens Weidel noch einige Zeit in Anspruch nehmen wird. Mit diesem Dokument erwirkt der Ich-Erzähler eine nochmalige Verlängerung seines Aufenthaltes.

Da er gemerkt hat, dass seine Gefühle für Nadine nachgelassen haben und auch sie die Beziehung auflösen möchte, beschließen beide, wieder auseinanderzugehen.

Abschnitt VI
Immer mehr wird der Ich-Erzähler in die Geschichten der Geflüchteten hineingezogen. Es kommt zu einer weiteren Begegnung mit dem Kapellmeister, der eigentlich nach Caracas auswandern wollte. Diese Pläne sind jedoch geplatzt, da die notwendigen Dokumente plötzlich ungültig geworden sind und er wieder auf neue Papiere warten muss.

Auch Paul Strobel, den ehemaligen Mithäftling aus dem Lager in Rouen, trifft er zufällig wieder. Dieser wirkt nicht erfreut, den Ich-Erzähler zu sehen, benutzt ihn aber gern dazu, ihm seine Sorgen bezüglich seiner Ausreise mitzuteilen. Obwohl er mit seinem Status als Künstler einflussreiche Freunde hat, die seine Angelegenheiten für ihn regeln, hat er die gleichen Probleme wie alle anderen Geflüchteten.

Schnell bemerkt der Ich-Erzähler, dass er vom Tod seines Schriftstellerkollegen Weidel gar nichts weiß und es ihn auch nicht weiter interessiert, was mit ihm passiert ist. So nutzt er diese Situation für sich aus und bittet Paul, sich bei seinen Freunden für Weidel einzusetzen, damit er die notwendige Bürgschaft bekommt, die ihm bestätigt, dass Weidel sein Künstlername und Seidel sein richtiger Name ist. Paul erklärt sich damit einverstanden.

Abschnitt VII–VIII
Der Ich-Erzähler versucht, bei verschiedenen Hilfsorganisationen finanzielle Unterstützung zu bekommen und merkt, dass es leichter ist, an Geld zu kommen, wenn er vorgibt, abfahrbereit zu sein. Kurzerhand erzählt er jetzt, dass er auch auf schnellstem Weg das Land verlassen möchte und bekommt daraufhin Geld. Da er nun schon den zweiten Monat in Marseille ist, benötigt er nochmals eine Genehmigung. Wieder begibt er sich zum Konsulat, das jedoch geschlossen hat.

Zufällig trifft der Ich-Erzähler auf Heinz, den Mithäftling, mit dem er aus dem Arbeitslager in Rouen geflohen ist. Sofort kommt ihm wieder die besondere Beziehung mit ihm in den Sinn, die sich zwischen ihnen im Lager entwickelt hatte. Seit damals hegt er eine Art Bewunderung für Heinz, da er Eigenschaften besitzt, wie Standhaftigkeit, Treue und Verlässlichkeit, die dem Ich-Erzähler gänzlich fehlen. In einem Café erzählen sie einander ihre Erlebnisse. Heinz möchte so schnell wie möglich nach Mexiko ausreisen, und der Ich-Erzähler bietet ihm seine Hilfe an.

Zudem übergibt ihm Heinz einen gefälschten Entlassungsschein aus dem Arbeitslager, den er noch dringend benötigt. Sie verabreden sich zu einem weiteren Treffen, zu dem der Ich-Erzähler jedoch nicht erscheint.

Analyse

Auf dem mexikanischen Konsulat erfährt der Ich-Erzähler eine Sonderbehandlung, als er den Namen Weidel als Grund für sein Gesuch nennt, und tritt, ohne zu warten, »halb belustigt, halb gelangweilt« (S. 58) in das Büro des Konsuls ein.

Der Kanzler fällt ihm durch seine »ungeheuer wachen Augen« (S. 58) auf, »die vor Witz und Scharfsinn funkelten« (S. 59). Er verwechselt ihn mit dem Toten, und dadurch wird sich der Ich-Erzähler »plötzlich einer winzigen Überlegenheit über den Kanzler bewusst« (S. 60), die er für sich zu nutzen weiß. Denn er widerspricht nicht, als ihm vorgeschlagen wird, sich von seinen Freunden bescheinigen zu lassen, dass sein Name »Seidel« mit dem Künstlernamen »Weidel« identisch sei.

Das Land Mexiko betrieb im Zweiten Weltkrieg als einziges Land eine moderate Einwanderungspolitik und verhalf Tausenden von Exilsuchenden, insbesondere aus dem politisch linksgerichteten Lager, zur Ausreise. Es ist anzunehmen, dass Anna Seghers mit der durchaus positiven Beschreibung der mexikanischen Praxis die Absicht hatte, diese Haltung nochmals zu würdigen.

Den Ich-Erzähler plagt die Einsamkeit, und er kann »das Alleinsein nicht mehr ertragen« (S. 62). Beim nochmaligen Besuch der Familie Binnet macht er jetzt eine positive Erfahrung, denn er wird zum Essen eingeladen. Sofort spürt er eine »schmerzhafte Zuneigung« (S. 63) zu dem Jungen. Das Erlebnis von Gemeinschaft beschreibt er als beruhigend und wohltuend, denn »das Leben wird abgefragt« (S. 63), sodass er ein Gefühl von Zugehörigkeit und Aufgehobensein in dieser Familie erfährt. Des Weiteren knüpft er eine Freundschaft mit dem Legionär aus seinem Nachbarzimmer im Hotel.

Langsam findet der Ich-Erzähler sich in der »Horde abfahrtssüchtiger Teufel« (S. 68) ein. Indem er nichts mehr in seinem Leben zu tun hat, als »nur noch eine schwere Frage in diesem Leben zu lösen« (S. 68), und zwar, welchen Platz er beim Eintritt in die Pizzeria wählen solle, stellt die Autorin einen Bezug zur Anfangssituation im Roman her. Mit der direkten Ansprache seines imaginären Gastes wird die Erzählung durchbrochen. Denn so wie der Ich-Erzähler ihn bei seiner Einladung anfänglich gefragt hat, wo er denn sitzen wolle, fragte er sich dies damals eben selbst, entweder »mit dem Gesicht gegen den Hafen vor mir, oder auf den Platz, […], vor das offene Feuer?« (S. 69)

Er genießt »das gewöhnliche Leben« (S. 69) bei den Binnets und verbringt viel Zeit mit dem Jungen. Durch die Bekanntschaft Nadines, mit der er eine Liebschaft beginnt, bekommt sein Leben noch mehr den Anschein von Normalität: »Ich fühlte mich schon ganz eingemeindet. Ich hatte ein Zimmer, einen Freund, eine Geliebte.« (S. 70)

Diese Situation ist jedoch von den Behörden keineswegs gewollt, denn es werden nur Geflüchtete geduldet, die »den Beweis erbringen, dass sie die Abfahrt beabsichtigen« (S. 71). Der Ich-Erzähler durchschaut die Praktiken schnell und bedient deren Haltung, als er verstanden hat, dass »allein die Abfahrtsbereiten, die alles aufgaben« (S. 80), belohnt werden. Er stellt sich »von nun an abfahrtssüchtig« (S. 80) und bekommt Unterstützung. Hier nimmt die Autorin Bezug auf die absurden Regelungen und Verwaltungspraktiken, an denen damals viele Exilsuchende scheiterten, um noch rechtzeitig fliehen zu können.

Bei einem erneuten Treffen mit Paul Strobel, bei dem dieser sich wieder mit seinen mächtigen Freunden brüstet und sich nicht dafür interessiert, was mit seinem Schriftstellerkollegen Weidel passiert ist, wird dem Ich-Erzähler nun endgültig klar, wie dumm dieser ist: »Du bist ja dumm, Paulchen. Das ist es ja, was dir fehlt. Sonst nichts. Das ist ja dein verborgenes Gebrechen.« (S. 77)

Der Ich-Erzähler nutzt dies aus und bittet ihn, der »so viel Einfluss auf so viel Menschen« (S. 77) hat, mit einer gewissen Ironie, doch seine »Macht über einen gewissen Menschenkreis« (S. 78) zu nutzen, um für Weidel die Bürgschaft zu besorgen und ihm noch ein wenig Geld zu leihen.

Das nun von der Autorin geschilderte Wiedersehen des Ich-Erzählers mit Heinz steht in starkem Kontrast zur Beschreibung des vorherigen Treffens mit Paul. Obwohl Letzterer zur intellektuellen Avantgarde zählt und sich selbst auf die Fahnen schreibt, aktiv gegen Hitler zu kämpfen, wirkt er neben Heinz völlig glanzlos, von sich eingenommen und arrogant. Heinz dagegen ist ein charismatischer Mensch, der es vermag, allein mit seinen Augen sein Umfeld sofort in seinen Bann zu ziehen. Er zieht durch die Lande und erfährt auf seiner Flucht sofort überall Unterstützung durch seine Kameraden (S. 85). Die Charakterisierung dieser Figur wirkt stellenweise überzogen, da die Autorin damit nahezu den perfekten Menschen nach sozialistischem Vorbild zeichnet.

Die Figur Heinz verkörpert die Arbeiterklasse, die sich aktiv im antifaschistischen Kampf gegen das NS-Regime für eine neue sozialistische Gesellschaft engagiert. In ihr spiegelt sich das marxistische Menschenbild wider, das von Treue, Zuverlässigkeit und einem unbeirrbaren Glauben geprägt ist (S. 83). Im Gegensatz zu Strobel, der nur auf sein eigenes Wohl bedacht ist, steht bei Heinz die Solidarität an erster Stelle. Heinz stellt für den Ich-Erzähler eine Art Mentor dar, den er bewundert. In seiner Gegenwart fühlt er sich jedoch auch unreif und ihm nicht ebenbürtig. Denn Heinz durchschaut ihn, er ist die einzige Person, der er nichts vormachen kann. Der Ich-Erzähler gibt sogar ihm gegenüber zu, dass es ihm schlecht geht und er Hilfe braucht: »Mein Leben geht ganz daneben.« (S. 86) Zu dem Treffen, das sie schließlich vereinbaren, erscheint er jedoch nicht.

Veröffentlicht am 9. Mai 2023. Zuletzt aktualisiert am 9. Mai 2023.