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Transit

Kapitel 7

Zusammenfassung

Abschnitt I–IV
Der Ich-Erzähler trifft den Arzt vor seiner Abreise am 2. Januar zum letzten Mal in Binnets Wohnung. Hier verabschiedet sich dieser von dem nun gesunden Jungen, der vor Wut außer sich ist, dass alle ihn im Stich lassen. Noch einmal bittet er den Ich-Erzähler, für Marie so schnell wie möglich den Transit zu verschaffen und seine eigene Unschlüssigkeit zu überwinden.

Am Abend treffen sich Marie, der Arzt und der Ich-Erzähler zu einem gemeinsamen Abschiedsessen in der Pizzeria, was sehr harmonisch verläuft. Danach begleitet der Ich-Erzähler die beiden auf das Zimmer, um beim Packen behilflich zu sein. Gemeinsam warten sie nun auf den nächsten Morgen, an dem der Arzt um fünf Uhr mit einem Wagen abgeholt wird.

Nach Abfahrt des Arztes plagt den Ich-Erzähler ein schlechtes Gewissen, da er Marie gewissermaßen mit unlauteren Mitteln erobert hat und ihm das Glück mit ihr nicht recht zusteht. Er malt sich gedanklich eine wunderbare Zukunft mit ihr aus, ohne zu wissen, was sie fühlt und denkt. Zum ersten Mal in seinem Leben wünscht er sich ein Leben in trauter Zweisamkeit. Am Morgen holt ihn die Realität jedoch schnell wieder ein, denn der Arzt kommt plötzlich zurück. Das Militär hat kurzfristig die Schiffskabinen für die Offiziere beschlagnahmt, sodass die Überfahrt nach Martinique hinfällig geworden ist.

Der Ich-Erzähler geht zu den Binnets und lässt seinen Ärger über die Rückkehr des Arztes an Claudine und ihrem Kind aus. Danach sucht er nach Heinz und erfährt in seiner Herberge, dass er schon längst abgereist ist. Am Alten Hafen trifft er auf den Portugiesen, der ihm damals die Schiffspassage, die er an Heinz abgetreten hat, vermittelt hat. Dieser versichert ihm, dass sein Freund wie vereinbart über Oran nach Lissabon gebracht worden sei. Damit der Ich-Erzähler ihm auch Glauben schenkt, nimmt der Portugiese ihn mit in eine Druckerei, in der französische Seemänner illegale Plakate drucken, die das Volk zum Widerstand aufrufen. Hier findet sich die Person, die Heinz auf seiner Reise begleitet hat. Nun hat der Ich-Erzähler endlich Gewissheit, dass Heinz gut angekommen ist.

Um nicht ständig mit seinem Unglück konfrontiert zu sein, sucht der Ich-Erzähler seine Ex-Freundin Nadine auf, bei der er sich jetzt Trost holt. Sie ist guter Dinge, umsorgt ihn und vermag, ihn damit aufzuheitern. Zudem berichtet sie ihm von einer guten Freundin, die ihm in Visaangelegenheiten behilflich sein könne, da sie auf der Präfektur arbeite.

Abschnitt V–VI
Der Ich-Erzähler ist deprimiert und zieht sich zurück. Bei einem Besuch der Binnets trifft er auf den Arzt, dem er jetzt erklärt, er wäre für die Angelegenheiten Maries nicht mehr zuständig. Nun soll sie sich selbst um die Beschaffung ihres Visums bemühen.

Wenig später bekommt der Ich-Erzähler im Hotel Besuch von einem gewissen Emile Descendre. Es stellt sich heraus, dass es sich um den Seidenhändler handelt, mit dem Paul Strobel damals ins unbesetzte Frankreich gefahren ist. Descendre fordert nun Spesen vom Ich-Erzähler, da er ihn für den Schriftsteller Weidel hält. Denn schließlich hatte er einige kostspielige Unannehmlichkeiten tragen müssen, damit die Botschaft seiner Frau Marie zu ihm nach Paris übermittelt werden konnte. Der Ich-Erzähler zahlt ihm ein wenig Geld aus und verspricht ihm, sich um die Zahlung der restlichen Summe zu kümmern.

Der Ich-Erzähler erfährt bei einem Cafébesuch, dass sich jemand in einem Hotel in Portbou nahe der französisch-spanischen Grenze das Leben genommen hat.
Da Marie seine Gefühle nicht in seinem Sinne erwidert hat, fühlt er sich gekränkt und fängt an, eine Art Versteckspiel mit ihr zu spielen. Er zeigt sich nie, sondern lässt sie überall nach ihm suchen.

Analyse

Der Arzt ist jetzt zur Abfahrt bereit und lässt damit Marie im Stich. Auch Claudines Sohn, der jetzt wieder gesund ist, fühlt sich von ihm verraten, denn er verlässt ihn jetzt. Der Junge bricht in Tränen aus und bekommt einen Wutanfall. Das Abschiedsgeschenk des Arztes, ein Buch, wirft er zu Boden und trampelt darauf herum (S. 187).

Mit dieser Szene gelingt es der Autorin, eines der zentralen Themen im Roman eindrücklich widerzuspiegeln. Es ist das Verlassenwerden, mit dem eines der elementarsten Bedürfnisse des Menschen grundlegend gestört wird, und zwar das Gefühl der Sicherheit und Geborgenheit. Da Kinder besonders schutzbedürftige Wesen sind und ein sicheres, geschütztes Umfeld zum Aufbau stabiler Bindungen brauchen, wird anhand der Reaktion des Jungen deutlich, wie schmerzhaft sich das Imstichlassen für den Menschen anfühlt.

So wie dieser Junge sind sämtliche Figuren in diesem Roman vom Verlassenwerden betroffen, da die Welt um sie herum durch Krieg und Vertreibung gerade auseinanderbricht und der Mensch, jeglicher Sicherheiten beraubt, ins Bodenlose fällt. Dies geht sogar so weit, dass es für viele Menschen nur noch einen Ausweg gibt, und zwar, Selbstmord zu begehen.

So wie der Schriftsteller Weidel den Tod wählt, weil er von seiner Frau Marie und seinen Freunden verlassen wird, hat sich auch der Philosoph Walter Benjamin an der spanischen Grenze in einem Hotel in Portbou das Leben genommen, weil ihn die Behörde nach Frankreich zurückschicken wollte (S. 209). Der Kommentar des Ich-Erzählers spiegelt die Meinung der Autorin über Walter Benjamins Tod wider: »Was hatte denn dieser Mann für unermessliche Hoffnungen an sein Reiseziel geknüpft, dass ihm die Rückfahrt unerträglich dünkte? Höllisch, unbewohnbar musste ihm das Land erschienen sein, in dem wir alle noch stecken, in das man ihn zwingen wollte, zurückzukehren« (S. 209).

Da die Ausreise des Arztes nicht funktioniert hat, weil man die Schiffskabinen für das Militär beschlagnahmt hat, kommt er am nächsten Morgen wieder. Die Pläne des Ich-Erzählers, den Arzt loszuwerden, sind somit obsolet geworden. Um sich zu trösten, sucht er nach seinem Freund Heinz und gerät dabei in eine Druckerei eines Seemannsvereins, in der illegale Plakate gedruckt werden (S.199).

Hier wird von der Autorin auf den französischen Widerstand hingewiesen, der auch als »Résistance« bezeichnet wird. Diese Bewegung nahm ihren Anfang nach der deutschen Besetzung Frankreichs und dem von Marschall Pétain mit Deutschland unterzeichneten Waffenstillstand am 22. Juni 1940. Zu Beginn gab es nur einige Gruppen, die sich dem Widerstand gegen die Deutschen verschrieben, im Laufe der Zeit wuchs er jedoch zu einer großen Bewegung an.

Veröffentlicht am 9. Mai 2023. Zuletzt aktualisiert am 9. Mai 2023.