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Das Parfum

Aufbau des Werkes

Typisch für die Postmoderne bedient sich der Roman verschiedener, bekannter Gattungsstile. Diesen folgt er im Ansatz, parodiert sie aber teilweise oder bricht die gekannten Schemata auf.

Zum Beispiel erinnert das Werk an einen Entwicklungsroman und folgt in gradueller Steigerung Grenouilles Entwicklung (Frizen/Spancken 2008: 25f.). Leitpunkt ist sein Ziel, der größte Parfümeur der Welt zu werden und mithilfe von Düften Macht über die Menschen auszuüben. Vor allem im ersten und zweiten Teil dominiert die Tendenz zum Entwicklungsroman (Matzkowski 2020: 43).

Äußerlich ist »Das Parfum« in vier Teile gegliedert. Im ersten Teil (Kapitel 1–22) werden Grenouilles »Lehrjahre« (Frizen/Spancken 2008: 25) in Paris behandelt – er wächst bei Madame Gaillard auf, lernt anschließend beim Gerber Grimal und steigert sich zu Baldinis Lehrling. Dabei erhält er mit dem Duft des Mirabellenmädchens seine Handlungsmotivation. Der erste Mord führt zu einer wichtigen Persönlichkeitsentwicklung, denn nun hat Grenouille ein Ziel vor Augen. Diesem folgt er den Rest der Geschichte hindurch wie einem roten Faden. Er ist jetzt nicht mehr nur der »Zeck«, der aushalten muss, sondern fängt an, seinen eigenen Nutzen aus anderen zu ziehen.

Der zweite Teil mit den Kapiteln 24–29 liegt genau in der Mitte des Romans. Alle anderen Kapitel gruppieren sich um ihn herum. Diese »Wanderjahre« bilden sozusagen eine »Mittelachse« (Matzkowski 2020: 33). Hier steht die äußere Handlung komplett still. Auf dem Plomb au Cantal kommt es dann zum Höhe- und Wendepunkt, als Grenouille seine Geruchlosigkeit erkennt und seinen Herrschaftsplan fasst. Kapitel 30–34 folgen der weiteren Steigerung seiner Kunst und seiner Anpassung an die Menschen durch den Marquis de la Taillade-Espinasse.

Im dritten Teil (Kapitel 35–50), den »Meisterjahren«, lehnt sich der Aufbau dann mehr an die Kriminalliteratur an. Grenouille perfektioniert sein Handwerk und die Handlung eilt mithilfe des Kriminalplots auf ihr Ende zu. Die innere Spannung lässt nach, während die äußere ansteigt (Frizen/Spancken 2008: 35–39). Die Spannung löst sich während der Orgie auf dem Hinrichtungsplatz, wo Grenouille sein Ziel erreicht und doch scheitert. Damit kommt die Kriminalgeschichte zu einer überraschenden »Pointe« (ebd.: 39).

Mit dem Epilog im vierten Teil (Kapitel 51) findet die Handlung ihr Ende. Die lineare Struktur eines Bildungs- oder Entwicklungsromans wird hiermit aufgehoben – denn Anfang und Ende bilden einen »Zirkel« (ebd.: 40), einen Kreis. Grenouille kommt nach einem scheinbar sinnlosen Leben an den Ort seiner Geburt zurück, um dort zu sterben.

Die Handlung des Romans ist einsträngig und folgt der Entwicklung des Protagonisten. Der auktoriale Erzähler (vgl. dazu auch Kapitel Sprache und Stil) ermöglicht zwar einen Blick in die anderen Figuren und in die Handlungswelt, verlässt diesen allerdings zugunsten Grenouilles immer wieder. Als Beispiel sei hier das Schicksal von Madame Gaillard genannt: Dies wird auf etwas über zwei Seiten knapp umrissen, nachdem Grenouille sie verlässt, tritt aber anschließend wieder in den Hintergrund (38ff.).

Die Handlung verläuft chronologisch. Der Leser begleitet Grenouille von dem Moment seiner Geburt an bis zu dem seines Todes. Dabei weicht die erzählte Zeit von der Erzählzeit ab, denn schon im ersten Teil werden mithilfe der Zeitraffung achtzehn Jahre behandelt. Auch Zeitsprünge werden zur Behandlung der langen Zeitperiode eingesetzt, während sich in Dialogsituationen die erzählte Zeit mit der Erzählzeit meist deckt. Der zweite Teil umfasst dann sieben Jahre und der dritte drei: Es lässt sich also beobachten, dass die Erzählzeit im Vergleich zur erzählten Zeit länger wird, je weiter die Geschichte fortschreitet (Frizen/Spancken 122).

Veröffentlicht am 14. Februar 2023. Zuletzt aktualisiert am 14. Februar 2023.