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Das Parfum

Historischer Hintergrund und Epoche

Sein Debütroman »Das Parfum« folgte Patrick Süskinds Erstlingswerk, dem Theaterstück »Der Kontrabaß« (1981), und wurde im Jahr 1985 beim Diogenes Verlag veröffentlicht. Damit ist »Das Parfum« der Epoche der Postmoderne zuzuordnen, die v.a. in den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts die Literatur beeinflusste.

Die Postmoderne wandte sich gegen die experimentelle Moderne und erzählte wieder traditioneller, allerdings ohne feste Moral und vorgefertigte Antworten. Kunst und Vergnügen sollten eine Einheit bilden und Elite- und Massenliteratur nicht strikt getrennt werden (Borgmeier 2015: 13).

Ein wichtiges Merkmal der Postmoderne war die Intertextualität – das Spiel mit bekannten Stoffen. Alte literarische Formen oder Traditionen wurden wieder aufgegriffen, um den Originalitätsanspruch der Literatur abzuschwächen und neue Interpretationsrahmen zu öffnen (Borgmeier 2015: 13). So enthält auch »Das Parfum« zahlreiche intertextuelle Bezüge. Es wird nicht nur auf verschiedene Epochen wie Aufklärung oder Sturm und Drang angespielt, sondern es werden auch verschiedene Genres wie Kriminalliteratur, Entwicklungsroman oder historischer Roman vermischt.

Vor allem die Aufklärung findet häufig Erwähnung. Das hängt damit zusammen, dass die Handlung genau in ihrer Zeit ansetzt. Süskind war es besonders wichtig, die dunklen Seiten der Aufklärung und ihr daraus folgendes Scheitern aufzuzeigen (Ofenloch 2018: 79–82).

Die Liste der literarischen Werke und ihrer Autoren, auf die in »Das Parfum« angespielt wird, ist lang. Frizen/Spancken nennen beispielsweise die Schöpfungsgeschichte der Genesis, Friedrich Nietzsche, Joseph von Eichendorff, E.T.A. Hoffmann, Thomas Mann und Heinrich von Kleist (Frizen/Spancken 2008. 110f.). 

Eine ironische Anspielung auf Kleists »Michael Kohlhaas« ist zum Beispiel schon im ersten Satz des Romans zu erkennen: »Im achtzehnten Jahrhundert lebte in Frankreich ein Mann, der zu den genialsten und abscheulichsten Gestalten dieser an genialen und abscheulichen Gestalten nicht armen Epoche gehörte« (5). Zum Vergleich: »An den Ufern der Havel lebte, um die Mitte des sechzehnten Jahrhunderts, ein Roßhändler, namens Michael Kohlhaas, Sohn eines Schulmeisters, einer der rechtschaffensten zugleich und entsetzlichsten Menschen seiner Zeit« (Kleist 2003: 3).

Auch der Bogen zu Johann Wolfgang von Goethes »Faust« lässt sich zum Beispiel in Grenouilles »faustischem Streben« (Frizen/Spancken 2008: 111) nach seinem hohen Ziel schlagen. Als weiteres Beispiel kann man Novalis’ »Heinrich von Ofterdingen« nennen, dessen Suche nach der blauen Blume Grenouilles Suche nach Schönheit ähnelt. Beide Werke beschäftigen sich mit der Kunst und der Beziehung zur Muse (ebd. 111f.). Die blaue Blume, das zentrale Motiv der Romantik für Sehnsucht und Liebe, ist auch in der Blumenmetaphorik der Mädchendüfte in »Das Parfum« zu entdecken.   

Da sich das Werk im Detail mit dem Parfumhandwerk beschäftigt, stellt sich die Frage, auf welche Quellen Süskind diesbezüglich zurückgegriffen hat. Als Hauptquelle diente wahrscheinlich Alain Corbins Werk »Pesthauch und Blütenduft«, das eine Kultur- und Sozialgeschichte des Geruchs liefert. Weiterhin kann man Eugene Rimmels »Das Buch des Parfums« als Quelle annehmen (Matzkowski 2020: 19).

Außerdem studierte Süskind selbst das Parfumhandwerk in der Grasser Parfummanufaktur Fragonard. Dort war es ihm möglich, tiefere Einblicke in die praktische Herstellung von Parfum zu gewinnen (Matzkowski 2020: 19f.).

Veröffentlicht am 14. Februar 2023. Zuletzt aktualisiert am 14. Februar 2023.