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Das Parfum

Figuren

Figurenkonstellation

Das Parfum – Figurenkonstellation
  • Jean-Baptiste Grenouille

    Jean-Baptiste Grenouille ist die Hauptfigur in »Das Parfum«, deren Lebensweg vom 17. Juli 1738 bis zum 29. Juni 1767 den Mittelpunkt der Romanhandlung darstellt. Alle anderen Figuren sind lediglich Nebenfiguren und drehen sich um Grenouille als Zentrum. Grenouille hat einerseits menschliche Züge, ist aber wie viele der anderen Figuren vielmehr ein Konstrukt, das den Leser zum Nachdenken anregen soll (Freudenthal 2005: 103).

    Grenouille wird durch einen »sprechenden« Namen charakterisiert: Grenouille bedeutet im Französischen »Kröte« oder »Frosch«, was auf seine »kalte Krötennatur« verweist (Frizen/Spancken 2008: 74). Sein Vorname bedeutet »Johannes der Täufer«: Dieser kündigt im Neuen Testament das Kommen Jesu Christi an. Grenouille allerdings scheint durch seine kaltblütigen Morde eher den Antichristen anzukündigen (Bernsmeier 2022: 36).

    Sein Äußeres ist abstoßend, er hat Narben, einen Buckel und einen verletzten Fuß, weshalb er hinkt. Auch dadurch tritt er weniger als Mensch und mehr als Teufel oder Dämon auf. Dieser Eindruck wird durch seinen fehlenden Eigengeruch noch verstärkt. Anderen ist er unheimlich, so ist er in der Zeit im Waisenhaus sogar Opfer von mehreren Mordanschlägen der anderen Kinder.

    Durch sein überdurchschnittliches Geruchsorgan vermag er es, sich ausschließlich mit seiner Nase durch die Welt zu bewegen. Das führt dazu, dass seine anderen Sinne und vor allem seine Sprache nur bedingt ausgebildet sind. Er will nicht schreiben lernen und hält die Sprache für sinnlos, weshalb er sie nur selten benutzt.

    Seit seiner Geburt hat Grenouille einen starken Selbsterhaltungstrieb. Er hat nie Liebe erfahren, kann selbst keine empfinden und daher auch keine weitergeben. Wie eine Zecke hält er schwierige Zeiten klaglos aus und beißt sich bei der passenden Gelegenheit an anderen fest, um diese auszusaugen.

    Die Selbstverwirklichung ist sein höchstes Ziel. Er will »seines Innern sich entäußern« (140) und ein »omnipotente[r] Gott des Duftes« (198) werden, indem er einen Duft entwirft, der die Herzen der Menschen beherrscht. Das bedeutet, dass er in seiner Person verstanden werden und seinen Charakter in der Welt zum Ausdruck bringen will. Dies gelingt ihm jedoch nicht. Je weiter seine Entwicklung fortschreitet, desto stärker wird sein Größenwahn und desto mehr erscheint er wie die »Verkörperung des Bösen« (Matzkowski 2020: 63).

  • Grenouilles Mutter

    Die Identität von Grenouilles Vater ist nicht bekannt und auch Grenouilles Mutter bleibt namenlos. Im Gegensatz zum Vater jedoch begegnet sie dem Leser zu Beginn der Geschichte kurz. Sie ist Mitte zwanzig und »noch ganz hübsch« (8), aber unverheiratet und arm. Sie arbeitet als Händlerin auf dem Pariser Fischmarkt am Cimetière des Innocents, »am allerstinkendsten Ort des gesamten Königreichs« (7). Sie leidet an Gicht, Syphilis und Schwindsucht und dient vor allem als Spiegelbild der Lebensumstände des 18. Jahrhunderts.

    Menschlichkeit, Moral oder Muttergefühle kennt sie nicht. Sie hat schon die vier Kinder zuvor, die sie vor Grenouille unter dem Schlachttisch geboren hat, mit den Fischabfällen die Seine hinabgespült. Dasselbe hat sie auch mit Grenouille vor. Sie ekelt sich vor der Geburt und die Neugeborenen haben in ihren Augen mehr Ähnlichkeit mit dem »Fischgekröse« (8) unter dem Tisch als mit Menschen. Außerdem ist ihr Geruchssinn kaum mehr vorhanden, denn die Arbeit auf dem Fischmarkt hat ihre Nase abgestumpft.

  • Die Ammen und Jeanne Bussie

    Die Ammen zeigen nun im Gegensatz zur Mutter ihren eigenen Kindern gegenüber Gefühle, sind also fähig zur Mutterliebe. Jedoch lehnen auch sie Grenouille ab, da er zu viel Milch trinke und für sie somit kein rentables Stillen mehr ermögliche. Sie denken primär ökonomisch und sind auf ihren eigenen Lebensunterhalt bedacht.

    Auch die letzte Amme Jeanne Bussie hat sich schon um zahlreiche Kinder gekümmert und zeigt ihnen gegenüber Fürsorge und Liebe, will aber Grenouille nicht behalten. Er sauge sie aus und sei immer hungrig. Sie ist die erste Figur, die Grenouilles fehlenden Eigengeruch bemerkt und sie zieht daraus den Schluss, dass das Kind vom Teufel besessen sein müsse. Sie fürchtet sich vor ihm und gibt nicht nach, bis Pater Terrier das Kind schließlich zurücknimmt.

  • Pater Terrier

    Pater Terrier ist ein belesener Mönch, ein Theologe, der sich im Zeitgeist der Aufklärung mit Philosophie und Naturwissenschaften beschäftigt. Dabei interessiert er sich zwar für die Herausbildung eines »kritischen Geistes« (18), tut dies jedoch nur in gemäßigter Form. Probleme und zu knifflige Fragestellungen sind ihm nicht geheuer. Er hält viel auf sein ruhiges, gemütliches Leben. Er hat zuerst Mitleid mit Grenouille und entwickelt Vater-Sohn-Fantasien. Als das Kind erwacht – »zuerst mit der Nase« (22) – packt ihn jedoch das Unbehagen und der Ekel und er sieht in ihm lediglich ein »feindseliges Animal«, »ein kaltes Wesen«, »eine Spinne« (24). Er entledigt sich Grenouilles, kehrt ins Kloster zurück und entschläft. Wie viele der Figuren ereilt ihn nach der Begegnung mit Grenouille ein schneller Tod.

    Pater Terrier dient wie Baldini und der Marquis der Aufklärungskritik (Ofenloch 2018: 18–24). Die Aufklärung, die sich eigentlich vom Aberglauben abwenden sollte, scheitert im Angesicht Grenouilles. Der Mensch wird – statt sich seinem Verstand zuzuwenden – zu irrationalen Gefühlen verführt und von diesen in Besitz genommen.

  • Madame Gaillard

    Madame Gaillard ist die Leiterin des Waisenhauses, in dem Grenouille untergebracht wird. Sie ist noch nicht einmal dreißig, »hatte das Leben [aber] schon hinter sich«. Äußerlich gleicht sie einer »Mumie«, innerlich ist sie schon tot (25). Aufgrund einer Verletzung durch ihren Vater als Kind hat sie ihren Geruchssinn und sämtliche Gefühlsregungen verloren. Sie ist eine kalte Frau, deren Handeln ausnahmslos zweckgerichtet ist und die einen »gnadenlosen Ordnungs- und Orientierungssinn« hat (26).

    Dadurch nimmt sie keine Rücksicht auf die individuellen Bedürfnisse der Kinder, sondern tut nur das, was notwendig ist und lässt sie in schlechten wirtschaftlichen Zeiten notfalls auch verhungern. Sie scheint kein Mensch zu sein, sondern eine Maschine, die exakt und emotionslos arbeitet.

    Sie erkennt Grenouilles Geruchlosigkeit nicht, im Gegensatz zu den anderen Waisenkindern, und erwartet von ihm keine Zuneigung, was für ihn ein »Segen« ist (27). Jedoch will auch sie ihn loswerden, nachdem er ihr verstecktes Geld aufspürt. Das Geld ist ihr das Wichtigste im Leben, denn sie spart, um im Alter einen privaten Tod zuhause sterben zu dürfen.

    Im Gegensatz zu Nebenfiguren wie Baldini oder Taillade schildert der Erzähler Madame Gaillards Ende auffällig lang. Trotz ihrer Sparsamkeit und ihrer Lebensausrichtung auf einen einzigen Zweck ereilt sie groteskerweise genau das gegenteilige Schicksal. Sie verarmt infolge der Revolution, erkrankt an Krebs und stirbt schließlich öffentlich und elendig in einem Spitalbett des Hôtel-Dieu.

  • Grimal

    Der Gerber Grimal ist Grenouilles erster Lehrherr. Er hat, wie viele der Figuren, einen sprechenden Namen, der Aufschluss über seinen Charakter gibt – das französische Wort mal bedeutet »Übel«. Der Gerber ist brutal und beutet seine Angestellten erbarmungslos aus. Mit nur acht Jahren ist Grenouille bei ihm harter körperlicher Arbeit ausgesetzt, die ihn mit Milzbrand infiziert und äußerlich durch Narben entstellt.

    Grimal reduziert den Jungen lediglich auf seine Arbeitskraft und sein Streben ist nicht auf Menschlichkeit, sondern auf Nützlichkeit ausgerichtet. Als Grenouille gegen den Milzbrand immun wird, steigt der Wert seiner Arbeitskraft und Grimal behandelt ihn nun eher »wie ein nützliches Haustier« (43).

    Grimal verkauft Grenouille mit zwölf Jahren für eine hohe Summe an Baldini und stirbt, wie Pater Terrier, sobald er sich von ihm getrennt hat: Grimal betrinkt sich von dem Geld hemmungslos und stürzt in der Folge in die Seine, wo er ertrinkt.

  • Giuseppe Baldini

    Der Parfümeur Giuseppe Baldini wird vom Erzähler über fünf Kapitel hinweg ausführlich beschrieben. Baldinis Duftstoffhandlung ist früher eine renommierte Adresse in Paris gewesen, nun jedoch ist sie vom Ruin bedroht. Baldini ist in die Jahre gekommen und obwohl er über ein großes Wissen im Parfumhandwerk verfügt, ist es ihm nicht möglich, neue Parfums zu erschaffen und sein Geschäft zu retten.

    Die bekannten Düfte »Rose des Südens« und »Baldinis galantes Bouquet« hat er nicht selbst kreiert, sondern ersteren von seinem Vater geerbt und letzteren einem durchreisenden Händler abgekauft. Denn Baldini hat weder das Interesse daran noch die Fähigkeit, aus eigener Hand zu schöpfen.

    Baldini ist ein Gegner der Aufklärung. Er vertritt die Interessen des alten Zunftwesens, Traditionsbewusstsein, Fleiß, Genügsamkeit und Pedanterie. Seinen Konkurrenten Pélissier und den sich verändernden Markt kritisiert er scharf, denn ihm zufolge haben die Fortschritte der Zeit nur eine »perfide Ruhelosigkeit« (74) hervorgerufen.

    Ruhm und Geld gegenüber ist er nicht abgeneigt und so schreckt er nicht davor zurück, sich an einem Plagiat des Konkurrentendufts »Amor und Psyche« zu versuchen. Außerdem ergreift er die Gelegenheit, sein Geschäft zu retten, als er Grenouille kennenlernt, und beutet ihn für seine eigenen Zwecke aus. Die beiden sind gegensätzliche Figuren – wo Grenouille ohne Regeln und Grenzen erschafft, pocht der einfallsarme Baldini auf Ordnung und Tradition.

    Nachdem Grenouille ihn verlässt, stirbt auch Baldini wie zuvor Grimal auf bizarre Weise: Nach einem Zusammenbruch der Brücke, auf der sein Haus stand, ertrinken er und seine Frau in der Seine. Weder Hinterlassenschaften noch Leichen werden je gefunden und das Einzige, was von dem Parfumeur zurückbleibt, ist der Duftnebel über dem Fluss.

  • Chénier

    Chénier ist Baldinis auch schon betagter Geselle, der Baldini sehr gut kennt. Ihm sind Baldinis wahre Absichten und Meinungen bekannt, als sich die beiden über »Amor und Psyche« unterhalten und Baldini vorgibt, sich nicht dafür zu interessieren und seine Parfums selbst zu mischen (63f.). Chénier hat seine eigenen Ziele, denn er will Baldinis Geschäft übernehmen, sobald dieser stirbt. Baldini beschreibt ihn außerdem als »geschwätzig« (68).

  • Marquis de la Taillade-Espinasse

    Der Marquis ist ein alter Wissenschaftler, der Lehnsherr der Stadt Montpellier und Mitglied des Parlaments in Toulouse. Grenouille trifft ihn nach seiner siebenjährigen Isolation auf dem Plomb du Cantal auf der Weiterreise nach Grasse.

    Auch der Marquis ist ein Vertreter des aufklärerischen Zeitgeistes, jedoch wird dieser in seiner Figur in Form der Satire verzerrt. Er hat sich aus dem Versailler Hof zurückgezogen und forscht in verschiedenen Bereichen wie Pädagogik, Agrarbiologie oder Geophysik. Er hat einen unstillbaren Entdeckergeist, jedoch muten seine Forschungen wie die »Euterblume« (178) oder die »Erdfluidumtheorie« (181) für den Leser seltsam und fragwürdig an.

    Zur öffentlichen Inszenierung seiner Forschungen bedient sich der Marquis außerdem des Betrugs. Er nutzt die Gelegenheit, den verwilderten Grenouille als Publikumsobjekt für seine Vorträge an der Universität einzusetzen, um seine Theorie von einem tödlichen Erdgas zu beweisen. Nachdem er dem Publikum Grenouille zuerst als unzivilisiertes Monster vorstellt, unterzieht er ihn einer »Entseuchungs- und Revitalisierungskur« (183) und lässt ihn baden, neu ankleiden und schminken. Anschließend präsentiert er das Ergebnis als Beweis seiner Forschung.

    An der ironischen Darstellung des Marquis‘ lässt sich erneut die Aufklärungskritik erkennen. Seine fehlende Selbstreflexion und Ausnutzung der Situationen für eigene Zwecke zeigen die Schattenseiten des Fortschritts. Der Marquis ist eine Parodie auf die Forschung der Zeit (Frizen/Spancken 2008: 78).

    Auch der Marquis verlässt die Welt, sobald Grenouille ihn nicht mehr benötigt. Wie Baldini löst er sich förmlich in Luft auf. Anfang des Winters zieht er sich auf den höchsten Berg der Pyrenäen zurück, wo er eine »fluidale Großtat« (206) vollbringen will. Mit dem Ziel, nach drei Wochen als junger Mann hinabzusteigen, erklimmt er den Berg allein, wirft in der Eiseskälte die Kleider von sich und wird nie wieder gesehen.

  • Madame Arnulfi

    Madame Arnulfi ist die Witwe von Honoré Arnulfi, des ehemaligen Besitzers einer Grasser Duftstoffhandlung. Sie hat schwarze Haare, ist lebhaft und etwa dreißig Jahre alt. Seit dem Tod ihres Mannes im Jahr zuvor führt sie sein Geschäft mit der Hilfe ihres Gesellen Dominique Druot weiter.

    Sie ist vermögend und hat einen »gesunden Geschäftssinn« (220). Sie kümmert sich persönlich um die Geschäftsbücher, den Handel und die Inspektion der hergestellten Duftstoffe. In ihren Diensten vertieft Grenouille sein Wissen über die Parfumherstellung.

    Nach der Witwenzeit heiratet sie Druot, mit dem sie schon zuvor ein Verhältnis hatte. Mit Grenouille pflegt sie keinen tieferen Kontakt und hat so für seine Entwicklung keine größere Bedeutung, weswegen ihr weiteres Schicksal vermutlich nicht erzählt wird.

  • Dominique Druot

    Druot, »nicht gerade fabelhaft intelligent, aber auch nicht völlig dummköpfig« (226) ist Madame Arnulfis erster Geselle, ihr Liebhaber und ein »Hüne« (220) von Mann. Er behandelt Grenouille herablassend und arrogant. Dennoch bemerkt er Grenouilles Talent und nutzt es aus, indem er Grenouille die meiste Arbeit überlässt und selbst ins Wirtshaus oder ins Bett der Madame verschwindet.

    Druots Leben nimmt ebenfalls ein überraschendes Ende. Nachdem Grenouille des Mordes an den sechsundzwanzig Mädchen freigesprochen wird, wird Druot dafür angeklagt. Nach vierzehnstündiger Folter gesteht der eigentlich Unschuldige seine Schuld und wird am folgenden Tag noch aufgeknüpft.

  • Antoine Richis

    Antoine Richis ist der zweite Konsul von Grasse, ein tüchtiger und wohlhabender Geschäftsmann mit einer wunderschönen Tochter namens Laure Richis. Er ist Witwer von »ungebrochener Vitalität« (253) und da er selbst noch nicht das 40. Lebensjahr erreicht hat, ist er einer neuen Ehe nicht abgeneigt.

    Zuvor allerdings will er die sechzehnjährige Laure mit einem Baron verheiraten, um den gesellschaftlichen Aufstieg durch den Adelstitel für sich und seine Nachkommen zu ergattern. Auch aus diesem Grund ist Laure »das Kostbarste« (254), das Richis besitzt. Als er sie schlafend beobachtet, weckt sie in ihm inzestuöse Gefühle und ihn ergreift tiefe Reue darüber, ihr Vater zu sein und nicht ihr Liebhaber.

    Normalerweise ist Richis ein beherrschter Mann und behält über die meiste Zeit der Mordserie hinweg einen kühlen Kopf. Als Laure jedoch älter und schöner wird, kann er sich nicht mehr gegen die blanke Angst um seine Tochter wehren.

    Richis‘ Denken ist rational und damit im Sinne der aufklärerischen Ideologie. So schafft er es, Grenouilles Plan mit Logik zu durchschauen. Jedoch denkt er nicht in olfaktorischen, also geruchlichen, sondern »optischen Kategorien« (259) und versteht Grenouilles Ziele daher nicht: Er bemerkt die äußerliche Schönheit der Mädchen und nimmt statt ihres Duftes ihr Aussehen als Gemeinsamkeit und Mordmotiv an. Ihm fehlt das Bewusstsein für die Gerüche und wie die anderen Menschen fokussiert er sich nur auf das oberflächliche Bild der Welt. Richis entwickelt einen auf dem Verstand basierten Fluchtplan, der allerdings scheitert.

    Daraufhin richtet er auf dem Bett der ermordeten Tochter eine Gedenkstätte ein und will die Hinrichtung des Mörders besuchen, um seine Abscheu ihm gegenüber zum Ausdruck zu bringen. Auch das schlägt fehl: Richis ist wie die anderen Menschen auf dem Hinrichtungsplatz aufgrund des Parfums betört von Grenouille und glaubt, ihn zu lieben. Er lässt ihn in Laures Bett schlafen und will ihn als Sohn adoptieren.

    Wie es mit Richis nach Grenouilles Abreise aus Grasse weitergeht, erfährt der Leser nicht.

  • Die Mordopfer und Laure Richis

    Die sechsundzwanzig anderen Mordopfer bleiben namenlos. Es handelt sich um unberührte, junge Mädchen, »die gerade erst begonnen hatten, Frauen zu sein« (250). Da sie Idealbilder sind, die von ihrem Mörder wie Objekte behandelt werden, bedürfen sie auch keiner Namen oder Persönlichkeit (Bernsmeier 2022: 34).

    Grenouille tötet sie mit einem Knüppelschlag auf den Hinterkopf, bevor sie es merken, damit weder Angst noch Überlebenskampf das Duftbild beeinflussen. Dann wickelt er sie in ein gefettetes Leintuch und nimmt nach einiger Zeit das Tuch, ihre Kleidung und ihr abgeschnittenes Haar mit.

    Sie sind für ihn nur aufgrund ihrer Düfte interessant und er erntet sie wie Pflanzen oder besonders schöne Blüten. Dieses Motiv zieht sich durch den Roman. Auch im Parfumeurshandwerk destilliert oder mazeriert Grenouille vor allem Blumen, wie zum Beispiel Jasmin, Ginster oder Orangenblüten.

    Das erste Opfer ist ein dreizehnjähriges rothaariges Mädchen, das in einem Pariser Hinterhof Mirabellen putzt. Ihr Duft hat eine betörende Wirkung auf Grenouille: »Ihr Schweiß duftete so frisch wie Meerwind, der Talg ihrer Haare so süß wie Nussöl, ihr Geschlecht wie ein Bouquet von Wasserlilien, die Haut wie Aprikosenblüte« (54).

    Immer sind es Menschen, »die Liebe inspirieren« (240), die also besondere Schönheit besitzen und dadurch die Gefühle anderer Menschen beeinflussen können. Während diese den meisten Menschen aber über das Aussehen zugänglich ist, liegt die Schönheit für Grenouille in ihrem Duft begründet.

    Einzig das letzte Opfer trägt einen Namen: Laure Richis. Sie ist die Krönung des Duftdiadems, mit rotem Haar und grünen Augen das schönste der Mädchen. Sie duftet für Grenouille noch besser als das Mirabellenmädchen, besser als alles, was er je gerochen hat. Als er sie zum ersten Mal riecht, ist sie eine »fast noch geschlossene Blüte, […] die […] wenn sie sich erst zu ganzer Pracht entfaltet haben würde, sie ein Parfum verströmen würde, wie es die Welt noch nicht gerochen hatte« (217).

Veröffentlicht am 14. Februar 2023. Zuletzt aktualisiert am 15. Februar 2023.