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Das Parfum

3.Teil: Kapitel 44-50

Zusammenfassung

Grenouille bereitet den letzten Mord vor und plant einen Einbruch in das Anwesen in der Rue Droite, während Richis mit seiner Tochter die Stadt verlässt. Als er Laure jedoch im Duft der Stadt nicht mehr ausmachen kann und ihm Druot erzählt, dass die Richis nach Grenoble aufgebrochen seien, nimmt Grenouille die Verfolgung auf.

Mithilfe seiner Nase folgt er Laures Duft nach Süden und fängt sie in einem Gasthaus in La Napoule ab. In der darauffolgenden Nacht dringt er in ihr Zimmer ein, erschlägt das schlafende Mädchen und wickelt ihren Leichnam in ein mit Fett bestrichenes Leintuch. Dabei geht er professionell und ruhig vor. Er schneidet ihr Haar ab und wartet, während das Beduftungstuch seine Arbeit tut.

In dieser Zeit des Wartens ist er von Frieden erfüllt. Schließlich nimmt er das Tuch, ihr Nachthemd und ihr Haar zusammen und verlässt das Zimmer, ohne einen letzten Blick auf Laures Körper zu werfen. Am Morgen findet Antoine Richis seine Tochter »nackt und tot und kahlrasiert und blendend weiß« in ihrem Bett (281).

Damit beginnt in Grasse erneut die Suche nach dem Mädchenmörder. Da der Wirt des Gasthauses Grenouille gesehen hat, kann dieser festgenommen werden. Man findet die Kleider und Haare der Mädchen unter dem Boden seiner Kabane und Grenouille gesteht seine Taten. Sein Motiv verrät er jedoch nicht.

Am 15. April 1766 fällt das Grasser Gericht das Todesurteil, nach dem Grenouille binnen achtundvierzig Stunden auf dem Cours vor den Toren der Stadt hingerichtet werden soll. Zu dieser Hinrichtung kommen zehntausende Schaulustige, unter ihnen auch Antoine Richis. Es erscheinen sowohl Grasser Adelige als auch Menschen aus anderen Städten.

Als Grenouille schließlich in einer Kutsche vorgefahren wird und aussteigt, passiert ein Wunder: Die Menschen auf dem Platz glauben mit einem Mal, der Verurteilte könne unter keinen Umständen schuldig sein. Sie überkommt eine starke Liebe zu Grenouille, der sein Parfum rechtzeitig fertigstellen und sich vor der Hinrichtung damit beträufeln konnte.

Statt der geplanten Hinrichtung kommt es zu einem Bacchanal, einer Massenorgie, bei der die Anwesenden wahllos übereinander herfallen. Grenouille beobachtet diese Vorgänge mit einem Lächeln, hat er es doch geschafft, seine Fantasie von der eigenen Göttlichkeit wahr zu machen. Doch er verspürt Ekel vor den Menschen und Hass und kann den Moment nicht genießen.

Antoine Richis kommt aus der Menge auf ihn zu und Grenouille denkt, er würde nun seine Tochter rächen und ihn töten. Doch stattdessen umarmt er ihn, denn auch er ist dem Zauber des Parfums verfallen und unsterblich in Grenouille verliebt. Er will Grenouille als Sohn annehmen, denn er erkennt in ihm seine Tochter wieder.

Das Todesurteil wird aufgehoben und an Grenouilles Stelle wird Dominique Druot hingerichtet. Über das Fest auf dem Place du Cours legen die Menschen einen Schleier des Schweigens und des Vergessens.

Analyse

Durch den Aufbau der Hauptfigur als Monster oder Teufel könnte man davon ausgehen, dass gerade der Mord an einem Menschen ihm besonderes Vergnügen bereitet. Das ist jedoch nicht der Fall. Grenouille genießt den Akt des Tötens nicht: »Das Geräusch des Schlages war dumpf und knirschend. Er haßte es.« (275). Ihn ekelt die Lautstärke des Schlages an, er ist wie ein lästiges Geschäft, das er hinter sich bringen muss.

Vielleicht macht gerade das ihn noch unmenschlicher – dass er während des Mordes, abgesehen von Ekel, nicht das geringste Gefühl empfindet. Er ist weder berauscht noch bemitleidet er seine Opfer, sondern mordet allein, um ihre Düfte zu sammeln. Der Kriminalplot wird rasch und durch Zufall gelöst, was Gattungskonventionen bricht und zum Stil der Postmoderne passt. Hier gibt es Parallelen zu den Auflösungen in den Kriminalromanen von Friedrich Dürrenmatt (Frizen/Spancken 2008: 38f.).

Die Orgie auf dem Hinrichtungsplatz könnte man zuerst als einen Erfolg von Grenouilles Parfum sehen. Jedoch ist er über seinen Triumph nicht glücklich, denn er hat es nicht geschafft, sein Ziel, »seines Innern sich [zu] entäußern« (140) zu erreichen. Bei diesem Ziel geht es um den Ausdruck seiner wahren Natur und darum, seine inneren Gefühle und Gedanken den Menschen begreiflich zu machen. Dieses misslingt, denn er kann seinen inneren Hass, der seine treibende Kraft ist, den Menschen gegenüber nicht kommunizieren. Zwischen ihm und den Menschen besteht immer eine Barriere, deren Wurzel in Grenouilles fehlendem Eigengeruch zu sein scheint.

Damit scheitert sein Kommunikationsversuch und statt Grenouille verfallen die Menschen auf dem Platz einander (ebd.: 39). Sogar das Parfum schafft es nicht, seinen fehlenden Eigengeruch so zu ersetzen, dass die Menschen Grenouille als Person so wahrnehmen, wie er ist. Der wahre Grenouille bleibt hinter der Maske des Parfums verborgen, und ihm wird klar, dass ihn die Menschen nie verstehen werden.

Veröffentlicht am 14. Februar 2023. Zuletzt aktualisiert am 14. Februar 2023.