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Leonce und Lena

Gattung/Textsorte
Erscheinungsjahr
1836
Uraufführung
1895
Originalsprache
Deutsch
Literarische Epoche oder Strömung

Über das Werk

»Leonce und Lena« ist eine 1836 verfasste Komödie von Georg Büchner. Das Drama erzählt die Geschichte des Prinzen Leonce und der Prinzessin Lena aus den Königreichen Popo und Pipi, deren Väter beschließen, dass sie einander heiraten sollen. Auf der Flucht vor der Zwangsehe begegnen die beiden einander, verlieben sich und heiraten schließlich maskiert und ohne Wissen um die Herkunft des jeweils anderen. Erst ganz am Ende, als sie die Masken abnehmen, erkennen sie sich. 

Ursprünglich verfasste Büchner »Leonce und Lena« als Beitrag zu einem Wettbewerb im Jahre 1836, der vom Verleger Cotta gesponsert wurde und die beste deutsche Komödie küren sollte (Garland). Seine Einreichung traf allerdings zu spät ein und wurde nicht mehr in den Wettbewerb aufgenommen (ebd.). Er überarbeitete das Drama im Herbst und Winter desselben Jahres (ebd.). Nach Büchners Tod wurde es von seinem Bruder Ludwig im Jahre 1850 in dem Band »Nachgelassene Schriften« veröffentlicht und im Jahre 1895 uraufgeführt (Grosse, 86). Bis zum eigentlichen Durchbruch sollte es aber noch einige Jahrzehnte dauern. »Leonce und Lena« ist zwar heutzutage noch immer weniger bekannt als »Woyzeck« und »Dantons Tod«, wird jedoch inzwischen genau wie diese beiden Stücke als wesentlicher Teil des deutschen Theaterkanons gesehen (ebd.).

Das Drama ist in drei Akte unterteilt, die alle ungefähr gleich lang sind und einer klaren, übersichtlichen Struktur folgen. So liegt auch der Fokus des Dramas weniger auf dem Handlungsgeschehen, sondern vielmehr auf dem Gesagten: Eines der wesentlichen Charakteristika des Dramas ist seine innovative und spielerische Sprache. »Leonce und Lena« gehört der Gattung der Komödie an, und dementsprechend sind auch die Dialoge seiner Figuren gestaltet. Die Protagonisten bedienen sich zahlreicher Sprachspielereien; insbesondere Valerios und Leonces Wortwechsel sind von Wortwitz und sprachlicher Originalität geprägt. Ebenfalls bezeichnend für das Drama ist seine Dichte an literarischen und historischen Referenzen – eine für Büchners Werke sehr charakteristische Eigenschaft, die von Kritikern in der Vergangenheit sehr unterschiedlich bewertet worden ist, heutzutage aber überwiegend als positiv und bewundernswert empfunden wird (Lyon, 196).

»Leonce und Lena« gilt zwar rein formal als Lustspiel und wurde von Büchner auch ursprünglich als solches verfasst – das Drama trägt jedoch ganz eindeutig auch satirische Züge. Mit Popo und Pipi hat Büchner zwei unverkennbar absolutistische Königreiche geschaffen, wie sie bis ins 19. Jahrhundert hinein in Europa existierten. Die scheinbar oberflächliche Komödie ist ein Angriff auf die in Deutschland vorherrschende Kleinstaaterei und die Fürstenwillkür, mit der auch Büchners König herrschte. Mit seiner Kritik am Absolutismus knüpft Bücher an die Botschaften an, die er bereits in seinem politischen Pamphlet, dem »Hessischen Landboten«, zum Ausdruck gebracht hatte. 

Zwar sind die Protagonisten Leonce und Lena die Thronfolger ihrer jeweiligen Königreiche, doch sogar ihr Leben ist beschränkt und fremdbestimmt, trotz ihres königlichen Status. Diesen Mangel an Freiheit nehmen die beiden sehr deutlich wahr – und leiden. Infolgedessen empfinden sie, wie so viele Figuren in Büchners Werken, Langeweile und Melancholie. Leonce weist unermüdlich auf die gähnende Leere und Langeweile in seinem Leben hin: 

    Es krassiert ein entsetzlicher Müßiggang. – Müßiggang ist aller Laster Anfang. – Was die Leute nicht Alles aus Langeweile treiben! Sie studieren aus Langeweile, sie beten aus Langeweile, sie verlieben, verheiraten und vermehren sich aus Langeweile und sterben endlich aus Langeweile [. . .]. Alle diese Helden, diese Genies, diese Dummköpfe, diese Heiligen, diese Sünder, diese Familienväter sind im Grunde nichts als raffinierte Müßiggänger. (1.1) 

Leonce und Lena sehen ihr Leben als vorherbestimmt und sich selbst als handlungsunfähig. Alles, was ihnen im Leben bleibt, ist, bereits existierenden Karrierewegen zu folgen, und genau das erzeugt ihre Langeweile (Fortmann, 162). Selbstbestimmung und Individualität ist ihnen nicht vergönnt. Daraus ergibt sich der für Büchner so charakteristische Fatalismus seiner Figuren, der auch seine anderen Werke durchzieht. Folglich flüchten sich die Protagonisten des Dramas, insbesondere Leonce und Valerio, in Sprachwitz, Humor und Narrheit. Es ist die einzige Möglichkeit für sie, der Wirklichkeit zu entkommen. 

Veröffentlicht am 5. Mai 2012. Zuletzt aktualisiert am 3. Juli 2023.

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