Skip to main content

Tschick

Zitate und Textstellen

  • »Ich hatte nämlich einen extrem unguten Eindruck, wie der da neben Wagenbach auftauchte. Zwei Arschlöcher auf einem Haufen, dachte ich, obwohl ich ihn ja gar nicht kannte und nicht wusste, ob er ein Arschloch war.«
    – Maik als Erzähler, S. 42

    In diesem Zitat zeigt sich, beispielhaft für den Roman, Maiks jugendliche Ausdrucksweise. Maik urteilt sofort über Tschick, obwohl er ihn, wie er selbst feststellt, gar nicht kennt, und bezeichnet ihn direkt mit dem fäkalen Ausspruch »Arschloch«. Für ihn zählt in diesem Moment der erste Eindruck, der mit der Beschreibung »extrem« seine starke Abneigung ausdrückt.

  • »Logisch. Die größten Langweiler und Asis waren nicht eingeladen, Russen, Nazis und Idioten. Und ich musste nicht lange überlegen, was ich in Tatjanas Augen war. Weil, ich war ja weder Russe noch Nazi.«
    – Maik als Erzähler, S. 60f.

    Mit der Ellipse zum Zitatbeginn sowie der Abtrennung des Nebensatzes, eingeleitet mit »weil«, wird die konzeptionelle Mündlichkeit der Erzählweise herausgestellt. Per Ausschlussprinzip kommt Maik zu dem Schluss, ein Langweiler zu sein und fühlt sich damit in seiner geringen Selbsteinschätzung bestätigt. Des Weiteren positioniert sich Maik als Außenseiter, der nicht zur Party eingeladen wurde - eine Gemeinsamkeit, die er mit Tschick teilt.

  • »Aber irgendwann kam ich zu dem Schluss, dass sie sich gern anschrien. Dass sie gerne unglücklich waren. Das hatte ich irgendwo in einer Zeitschrift gelesen: dass es Leute gibt, die gerne unglücklich sind. Also die glücklich sind, wenn sie unglücklich sind. [...] Irgendwas daran leuchtete mir sofort ein. Aber irgendwas leuchtete mir auch nicht ein.«
    – Maik als Erzähler, S. 70f.

    Maik sucht nach einer Erklärung für das Verhalten seiner Eltern. Die Möglichkeit, dass diese gerne unglücklich seien, scheint ihm die einzige Begründung. Allerdings mangelt es ihm noch an Reife und Lebenserfahrung, um die damit verbundenen psychologischen Zusammenhänge zu begreifen, was seinen gemischten Gefühle im letzten Satz erklärt. Die Wiederholung der Theorie durch die wiederkehrenden Worte »glücklich« und »unglücklich« sowie die Aneinanderreihung von Nebensätzen stellen seinen Versuch dar, diese zu erklären und zu fassen. Maik leidet unter dem Verhalten seiner Eltern, weswegen er nicht weiter darüber nachdenken will.

  • »Er guckte sich den Riss ganz genau an und dann nochmal die Zeichnung, und dann sagte er: ›Du hast ja Gefühle.‹«
    – Maik als Erzähler, Tschick, S. 87

    Dieses Zitat ist von Mündlichkeit geprägt, insbesondere durch umgangssprachliche Formulierungen wie »guckte« und »ganz genau« sowie die mehrfache Verwendung von »und«. Auf inhaltlicher Ebene zeigt sich hier Tschicks Menschenkenntnis und Empathie, die auf Maiks Bewunderung trifft und das Fundament für ihre Freundschaft bildet.

  • »Ich hab ihm noch erklärt, dass die Kommunalkraft noch stärker ist als die Erdanziehungskraft und alles, aber hauptsächlich, weil ich nicht wollte, dass die Reise schon zu Ende war.«
    – Maik als Erzähler, S. 147

    Maik sucht nach Lösungen, um die Reise um jeden Preis fortzusetzen. Dabei zeigt sich bereits eine Entwicklung: Anfänglich hat er sich gegen die Vorstellung gesträubt, in ein gestohlenes Auto einzusteigen. Jetzt ist er bereit, erneut eins zu stehlen. Da Tschick dies ablehnt, versucht er, ihn mit physikalischen Gesetzen, deren Inhalt er nicht wirklich kennt, von seinem alternativen Plan zu überzeugen. Durch die Reise erfährt Maik Unabhängigkeit und Selbstständigkeit, er lebt im Moment und erkennt dessen Kostbarkeit. All diese Aspekte hat er in seinem Alltag in Berlin vermisst und ist nicht bereit, sie aufzugeben. Dieses Zitat spiegelt die Perspektive des Ich-Erzählers wider. Bei den Aussagen zu Kommunal- und Erdanziehungskraft handelt es sich um Spekulationen Maiks, nicht um Tatsachen.

  • »Als Letztes kam Tschick zu der flachen Stelle gekrault und komischerweise gab es überhaupt keine Diskussion mehr. Keiner sagte etwas, keiner fluchte, und keiner machte einen Witz. Wir wuschen uns nur und keuchten vor Kälte und benutzten alle dasselbe Handtuch.«
    – Maik als Erzähler, S. 167

    Die anfängliche Peinlichkeit und Überforderung, die Maik verspürt, als Isa sich am See beginnt auszuziehen, wird aufgelöst, als Tschick dazu kommt. Die pubertäre Unsicherheit wird überwunden. Die Situation wird zur Alltäglichkeit und Notwendigkeit und muss nicht durch Witz oder vulgäre Sprache überspielt werden. Die Jugendlichen können sich zeigen, wie sie sind. Sie müssen sich nicht verstellen. Darin liegt ein Zeichen für ihre Freundschaft, ihr Vertrauen und zunehmende Reife, sich anzunehmen, wie sie sind.

  • »Ich muss dir ein Geheimnis verraten. [...] Ich bin der größte Feigling unter der Sonne. Der größte Langweiler und der größte Feigling«
    – Maik, S. 212

    Mit der Hyperbel stellt Maik sich als einen besonders großen Feigling dar, was im letzten Teil des Zitats durch die Wiederholung und die Ergänzung »Langweiler« verstärkt wird. Maik vertraut seinem Freund dabei ein Geheimnis an und öffnet sich. Dabei zeigt sich auch sein negatives Selbstbild. Tschick hat jedoch eine andere Auffassung. Der Wert ihrer Freundschaft wird daran deutlich, dass Maik dank Tschick eine andere Einschätzung hört und die Möglichkeit bekommt, sein Selbstbild zu hinterfragen.

  • »Die Mädchen mögen dich nicht, weil sie Angst vor dir haben. Wenn du meine Meinung wissen willst. Weil du sie wie Luft behandelst und weil du nicht so weich gespült bist wie Langin. dieser Schwachkopf. Aber du bist doch kein Langweiler, du Penner.«
    – Tschick, S. 213

    Dieses Zitat beinhaltet Tschicks Antwort auf Maiks Aussage, ein Langweiler zu sein. Seine Empathie und Menschenkenntnis ermöglichen es Tschick, die Hintergründe von Maiks Einzelgängerdasein zu ergründen. Maik hört eine andere Meinung als seine eigene, was ihm die Möglichkeit gibt, seine Selbstwahrnehmung zu hinterfragen. Tschick verwendet dabei Schimpfwörter, die in Bezug auf André Langin ernst und bei Maik scherzhaft gemeint sind und es Tschick erleichtern, seine Meinung auszudrücken.

  • »Das ist alles egal. Was nicht egal ist: Bist du glücklich damit? Das. Und nur das.«
    – Maiks Mutter, S. 251

    In diesem Zitat legt Maiks Mutter eine ungewohnte Direktheit an den Tag. Sie widerspricht dabei deutlich den Ansichten ihres Mannes. Die Wiederholung des Wortes »egal« mit einer Verneinung zeigt die Gegensätzlichkeit. Seine materiellen Bestrebungen lehnt sie ab. Stattdessen stellt sie heraus, wie wichtig das persönliche Glück ist, das unabhängig von Besitz ist. Mit Ellipsen zum Zitatende verleiht sie ihren Worten Nachdruck.

  • »Ich dachte nämlich, dass sie mich jetzt wahrscheinlich wieder Psycho nennen würden. Und dass es mir egal war. Ich dachte, dass es Schlimmeres gab als eine Alkoholikerin als Mutter. [...] - und ich freute mich wahnsinnig. Weil, man kann zwar nicht ewig die Luft anhalten. Aber doch ziemlich lange.«
    – Maik als Erzähler, S. 253f.

    Dieses Zitat beinhaltet einen wichtigen Entwicklungsprozess von Maik. Am Anfang des Buches war er ein Außenseiter. Die Geschichte über seine Mutter führte in der Klasse zu Unverständnis und dem Spitznamen »Psycho«. Doch diese beleidigende Ausdrucksweise war Maik immer noch lieber, als gar keinen Spitznamen zu haben und somit uninteressant zu sein. Nach der Reise kümmern ihn derartige soziale Gefüge nicht mehr. Maik akzeptiert die Krankheit seiner Mutter. Die Meinung seiner Mitschüler*innen ist ihm egal, denn er weiß, dass er Freunde hat, auf die er sich verlassen kann. Maik hat an Selbstvertrauen gewonnen, das ihn von den Hänseleien anderer abschirmt. Er ist erfüllt von den Erlebnissen des Sommers und glücklich. Der letzte Satz erklärt mit einer Metapher, dass Maik sich zwar bewusst ist, dass dieses Glück nicht ewig anhalten wird, aber dass er den Moment auskosten kann und dass es ihm möglich sein wird, solche Momente und Freiräume zu schaffen.

Veröffentlicht am 29. Dezember 2023. Zuletzt aktualisiert am 29. Dezember 2023.